Drucksache 17/12774
I.
–2–
Grundlagen der Berichtspflicht
Durch das am 1. Januar 2002 in Kraft getretene Gesetz
zur Bekämpfung des internationalen Terrorismus (Terrorismusbekämpfungsgesetz) vom 9. Januar 2002 (BGBl. I
S. 361, ber. S. 3142), geändert durch Artikel 2 des Terrorismusbekämpfungsergänzungsgesetzes vom 5. Januar 2007
(BGBl. I S. 2) wurde dem Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV), dem Bundesnachrichtendienst (BND) und
dem Militärischen Abschirmdienst (MAD) – zunächst
zeitlich befristet bis zum 9. Januar 2012 – die Befugnis
eingeräumt, im Rahmen ihrer Zuständigkeit unter bestimmten Voraussetzungen von Luftfahrtunternehmen,
Kreditinstituten, Finanzdienstleistungsinstituten und Finanzunternehmen, Postunternehmen, Telekommunikationsunternehmen und Teledienstunternehmen kundenbzw. nutzerbezogene Auskünfte zu verlangen sowie technische Mittel zur Ermittlung des Standortes eines aktiv
geschalteten Mobilfunkendgerätes oder zur Ermittlung
der Geräte- oder Kartennummer (sogenannter IMSI-Catcher) einzusetzen.
Die Rechtsgrundlagen für diese Befugnisse finden sich in
den Stammgesetzen der Dienste. Die Ermächtigungsgrundlagen für das BfV enthalten die §§ 8a und 9 Absatz 4
des Gesetzes über die Zusammenarbeit des Bundes und
der Länder in Angelegenheiten des Verfassungsschutzes
und über das Bundesamt für Verfassungsschutz (Bundesverfassungsschutzgesetz – BVerfSchG) vom 20. Dezember 1990 (BGBl. I S. 2954, 2970), das zuletzt durch Artikel 2 des Gesetzes vom 20. August 2012 (BGBl. I
S. 1798) geändert worden ist. Für den BND ergeben sich
diese Befugnisse aus den §§ 2a und 3 des Gesetzes über
den Bundesnachrichtendienst (BND-Gesetz – BNDG)
vom 20. Dezember 1990 (BGBl. I S. 2954, 2979), das zuletzt durch Artikel 3 des Gesetzes vom 7. Dezember 2011
(BGBl. I S. 2576) geändert worden ist. Für den MAD
sind die §§ 4a und 5 des Gesetzes über den Militärischen
Abschirmdienst (MAD-Gesetz – MADG) vom 20. Dezember 1990 (BGBl. I S. 2954, 2977), das zuletzt durch
Artikel 2 des Gesetzes vom 7. Dezember 2011 (BGBl. I
S. 2576) geändert worden ist, einschlägig. Die §§ 2a und 3
BNDG sowie §§ 4a und 5 MADG verweisen auf die für
das BfV geltenden Regelungen und passen diese lediglich
an die spezifischen Aufgaben des BND und des MAD an.
Die Befugnis zur Einholung der genannten Auskünfte
wurde unter der Bedingung, dass der Landesgesetzgeber
bestimmte verfahrensmäßige Vorkehrungen trifft, auch
den Verfassungsschutzbehörden der Länder eingeräumt.
Rechtsgrundlage ist insoweit § 8a Absatz 8 BVerfSchG
alte Fassung (a. F.)1 bzw. § 8b Absatz 10 BVerfSchG neue
Fassung (n. F.) in Verbindung mit den entsprechenden
landesrechtlichen Regelungen.
Zur Gewährleistung einer angemessenen parlamentarischen Kontrolle der Nutzung dieser Befugnisse haben das
Bundeskanzleramt (für den BND) und das Bundesminis1
Soweit in dem vorliegenden Bericht die alte Fassung eines Gesetzes
genannt und mit dem Hinweis „a. F.“ kenntlich gemacht wird, handelt es sich um die im Berichtszeitraum 2011 geltende Fassung des
jeweiligen Gesetzes.
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
terium des Innern (für das BfV und den MAD) dem Parlamentarischen Kontrollgremium des Deutschen Bundestages gemäß § 8a Absatz 6 Satz 1, § 9 Absatz 4 Satz 7
BVerfSchG a. F. bzw. § 8b Absatz 3 Satz 1, § 9 Absatz 4
Satz 7 BVerfSchG n. F. und § 2a Satz 4, § 3 Satz 2 BNDG
sowie § 4a Satz 1, § 5 MADG halbjährlich über die angeordneten Maßnahmen zu berichten. Auch die Länder, die
sich dafür entschieden haben, von der in § 8a Absatz 8
BVerfSchG a. F. bzw. § 8b Absatz 10 BVerfSchG n. F.
eingeräumten Option Gebrauch zu machen, müssen nach
dieser Vorschrift in Verbindung mit den jeweiligen landesrechtlichen Regelungen dem Parlamentarischen Kontrollgremium des Bundes regelmäßig Bericht erstatten.
Das Parlamentarische Kontrollgremium erstattet seinerseits dem Deutschen Bundestag nach § 8a Absatz 6
Satz 2, § 9 Absatz 4 Satz 7 BVerfSchG a. F. bzw. § 8b
Absatz 3 Satz 2, § 9 Absatz 4 Satz 7 BVerfSchG n. F. und
§ 2a Satz 4, § 3 Satz 2 BNDG, § 4a Satz 1, § 5 MADG sowie § 8a Absatz 8 BVerfSchG a. F. bzw. § 8b Absatz 10
BVerfSchG n. F. jährlich einen Bericht über die Durchführung sowie Art, Umfang und Anordnungsgründe der
Auskunftsverlangen und IMSI-Catcher-Einsätze. Nach
§ 10 Absatz 1 des Gesetzes über die parlamentarische
Kontrolle nachrichtendienstlicher Tätigkeit des Bundes
(Kontrollgremiumgesetz – PKGrG) vom 29. Juli 2009
(BGBl. I S. 2346) sind dabei die Geheimhaltungsgrundsätze des § 10 zu beachten.
Das Parlamentarische Kontrollgremium hat auf dieser
Grundlage erstmals am 12. Mai 2003 einen Bericht für
das Jahr 2002 und zuletzt am 10. Februar 2012 einen Bericht für das Jahr 2010 (Bundestagsdrucksache 17/8638)
vorgelegt. Der vorliegende Bericht setzt die jährliche Berichterstattung fort und enthält eine Darstellung der Entwicklung im Jahre 2011. Er beruht im Wesentlichen auf
den Berichten des Bundeskanzleramts und des Bundesministeriums des Innern für das 1. und 2. Halbjahr 2011.
II.
Zusammensetzung des Parlamentarischen
Kontrollgremiums
Der Deutsche Bundestag beschloss am 17. Dezember
2009, ein aus elf Abgeordneten bestehendes Parlamentarisches Kontrollgremium einzusetzen. Das Gremium konstituierte sich am selben Tage und bestimmte den Abgeordneten Peter Altmaier (CDU/CSU) für den Rest des
Jahres 2009 und das Jahr 2010 zum Vorsitzenden sowie
den Abgeordneten Thomas Oppermann (SPD) zum stellvertretenden Vorsitzenden. Im Jahre 2011 waren der Abgeordnete Thomas Oppermann (SPD) Vorsitzender und
der Abgeordnete Hartfrid Wolff (FDP) stellvertretender
Vorsitzender. Für das Jahr 2012 wurden erneut der Abgeordnete Peter Altmaier (CDU/CSU) als Vorsitzender
und der Abgeordnete Thomas Oppermann (SPD) als stellvertretender Vorsitzender bestimmt. Nach dem Ausscheiden des amtierenden Vorsitzenden Peter Altmaier (CDU/
CSU) wurde am 14. Juni 2012 der Abgeordnete Michael
Grosse-Brömer (CDU/CSU) vom Deutschen Bundestag
zum Mitglied des Parlamentarischen Kontrollgremiums
gewählt. Dieser war für den Rest des Jahres 2012 Vorsitzender. Für das Jahr 2013 wurden der Abgeordnete