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der Terminplan der Ministerin vorzufinden sei. Dies vermochte ich auch nicht bei Zugrundelegung des zitierten
Urteils des VG Berlin (Urteil vom 10. Oktober 2007,
– VG 2 A 101.06 –) nachzuvollziehen. Nach Auffassung
des Gerichts ist Regierungstätigkeit gekennzeichnet
durch „die von der Regierung in Erfüllung ihrer politischen Funktion vorgenommenen Entscheidungen“, d. h.
„Bestimmung der Richtlinien der Politik durch die Bundeskanzlerin (Artikel 65 Satz 1 GG) sowie sonstige politische Führungsentscheidungen“. Für mich war in keiner
Weise ersichtlich, wie die Fahrtenbücher der Fahrer der
Ministerin politische Führungsentscheidungen darstellen
sollen, um dementsprechend einen Informationszugang
auf Grund von Regierungstätigkeit zu verweigern.
Auch hinsichtlich des Terminkalenders der Ministerin
bzw. der entsprechenden Daten in den Fahrtenbüchern
der Kraftfahrer ist die Amtlichkeit einer Information im
Zusammenhang mit dem IFG ausdrücklich weit zu verstehen. Lediglich private Informationen, die persönlichen
Zwecken dienen, sind vom Begriff „amtliche Information“ ausgenommen. Damit sind auch Inhalte des Fahrtenbuches des Ministerwagens als amtliche Informationen zu verstehen, sofern es sich nicht um ausdrücklich
private Termine/Angaben handelt. Schließlich handelt die
Ministerin als Amtsperson, ihre (dienstlichen) Termine
stehen also im Zusammenhang mit einer amtlichen Tätigkeit. Ob die Termine Bestandteil eines Vorganges werden,
ist unerheblich. Das IFG des Bundes (anders als einige
Landesregelungen) ermöglicht einen Zugang zu amtlichen Informationen und nicht nur zu behördlichen Vorgängen oder Akten. Ich hielt daher einen zumindest teilweisen Informationszugang gemäß § 7 Absatz 2 IFG für
möglich und geboten.
Auch der Schutz personenbezogener Daten (§ 5 Absatz 1
Satz 1 IFG) hätte nach meinem Verständnis keine vollumfängliche Ablehnung des Antrages gerechtfertigt. Das
BMFSFJ wies darauf hin, dass in den angefragten Unterlagen eine Vielzahl personenbezogener Daten enthalten
sei. Der Begriff der personenbezogenen Daten i. S. d. § 5
Absatz 1 IFG entspricht der Legaldefinition des § 3 Absatz 1 BDSG. Diese Gesetzesbestimmung begrenzt den
Schutzbereich auf natürliche Personen.
Zwar überwiegt das Geheimhaltungsinteresse des Dritten
in der Regel das Informationsinteresse des Antragstellers,
dies kann von der anspruchsverpflichteten Behörde aber
nicht – wie in diesem Fall geschehen – von vornherein
angenommen werden. Auch wenn es sich bei der Drittbetroffenen um die Ministerin handelt, hätte sie gemäß § 5
Absatz 1 IFG i. V. m. § 8 Absatz 1 IFG entsprechend beteiligt werden müssen, es sei denn der Antragsteller wäre
mit einer Schwärzung dieser Daten einverstanden gewesen.
Sogar die Annahme, die Ministerin als Drittbetroffene
würde ihr Einverständnis in jedem Fall verweigern und
die Abwägung nach § 5 Absatz 1 Satz 1 IFG deswegen zu
keinem anderen Ergebnis führen, greift nicht für die Termine, die die Ministerin in amtlicher Funktion wahrgenommen hat. Daher bestand meiner Ansicht nach auch
2. Tätigkeitsbericht zur Informationsfreiheit
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
unter diesem Aspekt ein zumindest teilweiser Anspruch
auf Zugang zu den Fahrtenbüchern/Terminplänen.
Darüber hinaus wäre ein Drittbeteiligungsverfahren gemäß § 5 Absatz 1 IFG i. V. m. § 8 Absatz 1 IFG durch
das Ministerium auch bei den Personen durchzuführen
gewesen, die im Rahmen der Termine namentlich in den
Fahrtenbüchern genannt sind. Deren personenbezogene
Daten wären ebenfalls gemäß § 5 Absatz 1 IFG schutzwürdig. Entbehrlich wäre ein solches Verfahren nur gewesen, wenn sich der Antragsteller mit der Schwärzung
dieser Angaben einverstanden erklärt hätte.
Das Ministerium hielt jedoch an seiner Rechtsauffassung
fest und entsprach dem Informationswunsch weiterhin
nicht.
4.14
Bundesministerium für Gesundheit
4.14.1 Reinschauen erlaubt, weitersagen
verboten
Das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) lehnt einen Informationsantrag zunächst ab, will dann doch Unterlagen herausgeben und gleichzeitig an seiner rechtlich
ablehnenden Haltung festhalten.
Ein Bürger beantragte beim BMG Einsicht in die Akten
zur Einführung der Nr. 3 der Gebührenordnung für Ärzte
(GOÄ) von 1996 und der entsprechenden Vorgängerbestimmung Nr. 1b GOÄ von 1983.
Das Ministerium bezweifelte die Anwendbarkeit des IFG,
da es bei der Einführung der GOÄ keine öffentlich-rechtlichen Verwaltungsaufgaben wahrgenommen habe. Der
Behördenbegriff des § 1 Absatz 1 IFG sei nicht erfüllt
und damit das IFG nicht anwendbar.
Dem kann nicht gefolgt werden: § 1 Absatz 1 IFG stellt
auf Behörden des Bundes ab. Dabei entspricht der Begriff
der Behörde dem des § 1 Absatz 4 VwVfG, wonach jede
Stelle, die Aufgaben der öffentlichen Verwaltung wahrnimmt, eine Behörde ist (vgl. näher zum Behördenbegriff
Nr. 2.1.2). Die Rechtsfolge ist dann der Zugang zu amtlichen Informationen im Sinne des § 2 Nummer 1 IFG, wonach jede amtlichen Zwecken dienende Aufzeichnung,
unabhängig von der Art ihrer Speicherung, eine amtliche
Information ist. Erfasst werden alle Formen von vorhandenen Aufzeichnungen. Gegenüber dem BMG habe ich
daher deutlich gemacht, dass es weder auf die Art der
Verwaltungsaufgabe noch auf die Handlungsform der
Verwaltung (hoheitlich, schlicht-hoheitlich oder fiskalisch) ankomme und das IFG in diesem Fall eindeutig sei.
Auch die Begründung zum IFG stellt noch einmal klar,
dass die Vorbereitung von Gesetzen und Verordnungen
als ein wesentlicher Teil der Verwaltungstätigkeit der
Bundesministerien in den Anwendungsbereich des IFG
fällt (Begründung, Bundestagsdrucksache 15/4493, S. 7).
Bei den Regelungen zu Nr. 3 GOÄ von 1996 und entsprechend zu Nr. 1b GOÄ von 1983 handelte es sich zudem
um bereits abgeschlossene Verfahren, so dass auch der
ungeschriebene Ausnahmegrund der exekutiven Eigen-