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nen, dessen Erfolgsaussichten geringer würden, wenn der
betroffene Bürger alle vorhandenen Informationen erhielte
(vgl. Nr. 4.5.3; 4.12.8). Meine Auffassung ist inzwischen
durch ein Urteil des Verwaltungsgerichts Berlin bestätigt
worden, das allerdings noch nicht rechtskräftig ist.
K a s t e n zu Nr. 2.2.4
Aus dem Urteil des VG Berlin vom 27. Juni 2007
– VG 2 136.06 –
„… Unmittelbar geschützt werden sollen daher nicht die
Prozessparteien vor außerhalb des Gerichtsverfahrens
liegenden Ereignissen, die zur Erledigung des Verfahrens führen können, sondern das Gerichtsverfahren als
Teil der Rechtspflege (vgl. Roth, in: Berger/Roth/
Scheel, a. a. O, § 3 Rn. 71; vgl. auch OVG Münster, Beschluss vom 19. Juni 2002 – 21 B 589/02 – NVwZRR 2003, 800 ff. und BVerwGE 110, 17 <24> zu § 7
Abs. 1 Nr. 2 UIG a. F.). Es soll sichergestellt werden,
dass die Gerichte das laufende Gerichtsverfahren unter
Einhaltung der jeweils einschlägigen Prozessordnung
und unter Wahrung der verfassungsmäßigen Verfahrensrechte der Parteien führen können.
Zu beachten ist ferner, dass sich die Unterrichtung der
Öffentlichkeit in den von § 3 Nr. 1 lit. g IFG geschützten Gerichtsverfahren nach Regeln und Formen vollzieht, die der Art des Gerichtsverfahrens besonders angepasst sind. § 3 Nr. 1 lit. g IFG sichert deshalb nicht
zuletzt den sachlichen Vorrang dieser Regeln und Formen und überlässt die Entscheidung über die Weitergabe von Informationen, soweit diese Entscheidung
nicht rechtlich vorgegeben ist, den die möglichen Folgen am ehesten überblickenden Rechtspflegeorganen
selbst (vgl. BVerwGE 110, 17 <24> zu § 7 Abs. 1 Nr. 2
UIG a. F.).“
2.2.5

Geheimhaltung und Vertraulichkeit – ein
schwieriges Problem

Vom IFG sind nicht alle Informationen ausgeschlossen,
die die Beteiligten gerne vertraulich behandeln würden.
Das IFG macht das berechtigte staatliche Interesse an der
Geheimhaltung bestimmter Informationen und Unterlagen und den Schutz der gebotenen Vertraulichkeit gleich
an zwei Stellen zum ausdrücklichen Gegenstand von
Ausnahmeregelungen. Nach § 3 Nr. 4 IFG besteht kein
Anspruch auf Informationszugang, wenn die Information
einer durch Rechtsvorschrift oder durch die allgemeine
Verwaltungsvorschrift zum materiellen und organisatorischen Schutz von Verschlusssachen geregelten Geheimhaltungs- oder Vertraulichkeitspflicht oder einem Berufsoder besonderen Amtsgeheimnis unterliegt. Das Gleiche
gilt nach § 3 Nr. 7 IFG bei vertraulich erhobener oder
übermittelter Information, soweit das Interesse des Dritten an einer vertraulichen Behandlung im Zeitpunkt des
Antrags auf Informationszugang noch fortbesteht (vgl.
Nr. 4.2.1; 4.14.1).
Die Regelungen haben bereits in den ersten beiden Jahren
meiner Tätigkeit zu einer Fülle von Wertungswidersprüchen und Anwendungsschwierigkeiten geführt.
1. Tätigkeitsbericht zur Informationsfreiheit

In einer Reihe von Fällen (vgl. Nr. 4.4.2; 4.12.4) begehrten Petenten Zugang zu Informationen, die nach der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum materiellen und
organisatorischen Schutz von Verschlusssachen (VSA)
als „VS – Nur für den Dienstgebrauch“ eingestuft waren.
Entsprechend der Ausnahmeregelung des § 3 Nr. 4 IFG
wurden ihre Anträge abgelehnt, obwohl die Einstufungen
bereits vor Jahren vorgenommen worden waren und nicht
erkennbar war, aus welchen Gründen zum Zeitpunkt der
Antragstellung noch ein Geheimhaltungsbedürfnis fortbestehen sollte. Die Ablehnung der Anträge steht zwar nicht
im Widerspruch zu dem reinen Wortlaut des Gesetzes, ich
habe mich aber dafür eingesetzt, dass bei längere Zeit zurückliegenden Einstufungen ein Informationsantrag nach
dem IFG Anlass sein sollte, die fortbestehende Berechtigung der Einstufung noch einmal zu überprüfen. In diesem Zusammenhang stellt sich auch die Frage, wer die
Richtigkeit einer Einstufung nach der VSA kontrollieren
kann, um zu verhindern, dass Unterlagen nur im Hinblick
auf künftige IFG-Anträge als „VS-NfD“ eingestuft werden, möglicherweise sogar erst nach Antragstellung. Ich
selbst sehe mich zu einer solchen inhaltlichen Überprüfung aus tatsächlichen Gründen nicht in der Lage. Allerdings hat das VG Berlin es in einem Urteil ausdrücklich
offen gelassen, ob in einem Verwaltungsrechtsstreit über
das Vorliegen dieses Ausnahmegrundes inzidenter auch
die Berechtigung der Einstufung überprüft werden kann
(vgl. Kasten a). Solange die allgemeine Amtsverschwiegenheit uneingeschränkt galt, war die Einstufung von
Dokumenten nach der VSA eine rein innerdienstliche Sicherheitsmaßnahme ohne unmittelbaren Außenbezug.
Dies hat sich durch das IFG geändert. Jede Einstufung hat
unmittelbare Auswirkung auf die gesetzlichen Ansprüche
der Bürgerinnen und Bürger. Ich halte deswegen grundsätzlich die Möglichkeit einer gerichtlichen Kontrolle in
diesen Fällen für erforderlich.
K a s t e n a zu Nr. 2.2.5
Aus dem Urteil des VG Berlin vom 31. Mai 2007
– VG 2 A 93.06 –
„Ob im Rahmen des § 3 Nr. 4 IFG die formale Einstufung
als Verschlusssache ausreichend ist oder ob es – wie der
Kläger meint – einer Prüfung der materiellen Gründe für
die Einstufung bedarf, muss hier nicht entschieden werden. Denn die Einstufung als VS – Nur für den Dienstgebrauch ist zu Recht erfolgt. Nach § 4 Abs. 2 SÜG/
§ 7 VSA ist eine Verschlusssache VS – Nur für den
Dienstgebrauch, wenn die Kenntnisnahme durch Unbefugte für die Interessen der Bundesrepublik Deutschland
oder eines ihrer Länder nachteilig sein kann.“
Weitere Probleme haben sich daraus ergeben, dass das Informationsfreiheitsgesetz zwar das allgemeine Amtsgeheimnis durchbricht, nach § 3 Nr. 4 IFG Berufs- oder
besondere Amtsgeheimnisse sowie gesetzliche Geheimhaltungspflichten aber einen Informationsanspruch ausschließen. In der Praxis hat sich die Abgrenzung
zwischen Regelungen, die lediglich die allgemeine Amtsverschwiegenheit konkretisieren und deswegen einem

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