Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode
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Einführung
Gut zwei Jahre sind vergangen, seit das Informationsfreiheitsgesetz des Bundes (IFG) am 1. Januar 2006 in Kraft
getreten ist. Galt bis dahin in der Bundesverwaltung der
Grundsatz der Amtsverschwiegenheit, sollen jetzt Transparenz und Offenheit das Verwaltungshandeln bestimmen.
Das Informationsfreiheitsgesetz will die demokratische
Meinungs- und Willensbildung fördern. Die verbeserte
öffentliche Partizipation kann und wird dazu beitragen,
die Akzeptanz staatlichen Handelns zu stärken. Dass
diese Umstellung ein längerer Prozess ist und sich nicht
sofort, quasi über Nacht, vollzieht, sondern Zeit braucht,
war von Anfang an klar.
Mit dem Inkrafttreten des IFG hat Deutschland bei der Informationsfreiheit endlich Anschluss an das europäische
und internationale Feld demokratischer Staaten gefunden,
die entsprechende Regelungen bereits seit vielen Jahren
haben und mit zunehmendem Erfolg praktizieren.
Mein erster Tätigkeitsbericht, den ich nach § 12 Abs. 3
IFG i. V. m. § 26 Abs. 1 Satz 1 BDSG dem Deutschen
Bundestag vorlege, zeugt von diesen Schwierigkeiten.
Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Bürgerinnen und
Bürger ganz überwiegend solche Fälle an mich herangetragen haben, in denen Anträge auf Informationszugang
nicht zum Ziel geführt haben. Selbst wenn hier also vor
allem über Problemfälle berichtet wird, darf dabei nicht
übersehen werden, dass den meisten Informationsbegehren der Bürgerinnen und Bürger stattgegeben wurde. Die
veröffentlichten Zahlen der Bundesregierung belegen
dies. Viele Behörden bemühen sich augenscheinlich, der
neuen Rechtslage gerecht zu werden und für mehr Transparenz zu sorgen. Leider gibt es aber auch Bereiche, in
denen die Botschaft des IFG noch nicht ausreichend angekommen ist. Bisweilen drängt sich sogar der Eindruck
auf, dass die gesetzlichen Informationszugangsansprüche
eher als Störfaktor denn als Chance für verbesserte und
transparentere Verwaltungsabläufe angesehen werden.
Ich sehe es als meine Aufgabe an, auch weiterhin Über-
zeugungsarbeit zu leisten, damit auch in diesen Bereichen
das Ziel des IFG, für mehr öffentlichen Ein- und Durchblick zu sorgen, erreicht wird.
Ich bin sicher, dass viele Zweifelsfragen und Unsicherheiten der Anfangszeit in den nächsten Jahren geklärt und
die Ziele des IFG erreicht werden können. Mit meiner Arbeit als Informationsfreiheitsbeauftragter und nicht zuletzt auch mit diesem Tätigkeitsbericht möchte ich dazu
beitragen. In den folgenden Kapiteln werden zunächst die
Entwicklung der Informationsfreiheit in Deutschland, die
bei der Anwendung des IFG aufgetretenen rechtlichen
Schwierigkeiten und die Organisation der Informationsfreiheit dargestellt, bevor ich, nach Geschäftsbereichen
geordnet, auf die einzelnen Beschwerden von Bürgerinnen und Bürgern eingehe. Wegen der Vielzahl der Fälle
habe ich eine Auswahl treffen müssen, bei der mich zum
einen der Wunsch geleitet hat, einen Überblick über die
Vielgestalt der Probleme und Fragestellungen zu geben,
mit denen ich mich auseinanderzusetzen hatte, und zum
anderen das Bestreben, alle wichtigen Rechtsfragen anzusprechen und so Orientierung für die Bearbeitung künftiger Anträge zu geben. Im letzten Kapitel gebe ich aus der
Erfahrung als Informationsfreiheitsbeauftragter eine erste
zusammenfassende Bewertung des IFG und seiner Umsetzung.
Auch wenn dieser Tätigkeitsbericht in der „Ich-Form“ gehalten ist, wurde die Arbeit nicht nur von mir allein
geleistet. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Projektgruppe Informationsfreiheit haben unter zum Teil erheblichen Belastungen großes Engagement gezeigt, wofür ich ihnen auch an dieser Stelle danken möchte. Mein
Dank gilt auch den Abgeordneten aller Fraktionen des
Deutschen Bundestages, die sich nachhaltig für das Informationsfreiheitsgesetz und seine Umsetzung interessiert
und engagiert haben, sowie allen übrigen Stellen und Personen, denen Informationsfreiheit wichtig ist.
Peter Schaar
1. Tätigkeitsbericht zur Informationsfreiheit