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Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 23. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 20. März 2014
Dr. Eva Högl
(A)
Mein Dank gilt ganz besonders all denjenigen, die
dazu beigetragen haben, dass es gelungen ist, diesen gemeinsamen Antrag zu formulieren. Das ist ein wirklich
gutes Zeichen. Wir als SPD haben nie einen Hehl daraus
gemacht, dass wir ein gemeinsames Vorgehen bei diesem so wichtigen Thema NSA für das einzig richtige
halten, und zwar deshalb, weil wir der Ansicht sind, dass
wir nicht nur gegenüber der Bundesregierung, sondern
auch gegenüber den Nachrichtendiensten ganz klar und
deutlich machen müssen, dass hier im Bundestag keine
Partikularinteressen verfolgt werden, sondern dass wir
hier unser gemeinsames Kontrollinteresse, das genuine
Kontrollinteresse des Deutschen Bundestages, des gesamten Parlamentes, wahrnehmen. Das ist ein ganz starkes Signal in Richtung der Bundesregierung und in
Richtung der Nachrichtendienste.
Das zeigt auch, dass wir als Parlamentarierinnen und
Parlamentarier dazugelernt haben; denn wir haben mit
dem guten Beispiel des NSU-Untersuchungsausschusses
deutlich gemacht, dass wir als Untersuchungsausschuss
stärker sind, wenn wir das gemeinsam beschließen und
gemeinsam arbeiten. Wir zeigen auch beim Thema NSA,
dass es um die Wahrung der Grund- und Menschenrechte geht. Das ist keine Kleinigkeit. Die liegt uns hier
gemeinsam am Herzen. Deswegen dieser starke Untersuchungsauftrag.
Ich freue mich auch darüber, dass wir die verfassungsrechtlichen Probleme – die hatte ich das letzte Mal
dargestellt –, die wir mit dem ursprünglichen Antrag der
Opposition hatten, jetzt gemeinsam beseitigt haben und
(B) einen rundum verfassungskonformen und, wie wir
denken, wasserdichten Untersuchungsauftrag formuliert
haben.
Liebe Frau Renner und liebe Kolleginnen und Kollegen von den Grünen, ich kann gut verstehen, dass Sie
jetzt die besonders hartnäckige Oppositionsarbeit
hervorheben. Frau Renner, da muss ich aber eine kleine
Bemerkung machen. Ich will die Einigkeit hier nicht
trüben, aber wir müssen bei der Wahrheit bleiben; das
gehört dazu. Sie haben in einer Presseerklärung den Eindruck erweckt, dass die Koalitionsfraktionen nicht von
Anfang an die mögliche Beteiligung deutscher Nachrichtendienste oder der Bundesregierung an den Aktivitäten der NSA in den Blick nehmen wollten. Das stimmt
nicht. Das entbehrt jeder Grundlage.
(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)
Um das festzustellen, können sie noch einmal in unseren
ursprünglichen Antrag hineinschauen; da haben wir das
Thema „mögliche Beteiligung deutscher Nachrichtendienste“ hineingeschrieben. Das wollten wir von Anfang
an. Das ist ein zentrales Thema, und deswegen wollten
wir das immer. Es geht in diesem Untersuchungsausschuss darum, die Verantwortlichkeiten und die mögliche Verstrickung der staatlichen Stellen in Deutschland
zu beleuchten. Deswegen haben wir diesen Punkt von
Anfang an in den Antrag hineingeschrieben.
Uns ist sehr wichtig, dass wir diese Untersuchung
sachgerecht und objektiv durchführen. Deswegen ist der
Untersuchungsauftrag entsprechend formuliert. Wir wol-
len in dem Auftrag dabei keine diffuse, keine pauschale (C)
Abneigung gegenüber der Arbeit von Nachrichtendiensten erzeugen. Darum geht es gerade nicht.
Ich sage ganz klar: Ja, an einer Stelle haben wir uns
sehr dafür eingesetzt, dass wir etwas nicht in den Untersuchungsauftrag aufnehmen, nämlich die Untersuchung
einer großen Anzahl von Mitgliedstaaten der Europäischen Union. Wir wollten diese Staaten, deren Bürger
selbst Opfer der überbordenden Massenspeicherung geworden sind, nicht mit untersuchen; das hätte von der
Konzentration auf die Aktivitäten der „Five Eyes States“
abgelenkt. Deswegen war es richtig, unseren Untersuchungsauftrag einzuschränken.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der
CDU/CSU)
Außerdem hätte es an einer Stelle unseren Untersuchungsauftrag gefährdet. Es ist ganz wichtig, dass wir
hier gemeinsam deutlich machen, dass wir in Europa uns
gegen die massenhafte Erfassung und Speicherung von
Kommunikationsdaten unbescholtener Bürger stellen
und dass wir uns dagegen zur Wehr setzen. Deswegen
müssen wir diesen Akzent ganz klar hervorheben. Es
geht darum, dass wir nicht pauschal verurteilen, sondern
darum, dass wir sehr sachgerecht und sehr konzentriert
die Arbeit der Nachrichtendienste untersuchen, dass wir
unterscheiden zwischen dem, was der eigentliche Skandal ist – nämlich die massenhafte Erfassung und Speicherung von Kommunikationsdaten auf Vorrat –, und
dem, was die Nachrichtendienste leisten müssen, nämlich die Übermittlung, den Austausch und auch die
Sammlung von Daten in Einzelfällen, bei einer konkre- (D)
ten Gefährdung; das ist ihre Aufgabe. Das ist wichtig. Es
war richtig, in der Formulierung des Untersuchungsauftrages diese Unterscheidung zu treffen.
Ich bin froh, dass wir in diesem Sinne übereingekommen sind und dass wir noch einmal deutlich gemacht
haben, dass es um Folgendes geht – was ja Snowden
herausgearbeitet hat und was der Kern dieses öffentlich
gemachten Skandals ist –: um die systematische und
pauschale Erfassung von uns allen, also nicht nur von
Regierungen, Parlamentariern und Wirtschaftsunternehmen, sondern auch von allen unschuldigen Bürgerinnen
und Bürgern. Genau darin liegt der Skandal, und darin
liegt die Grund- und Menschenrechtsverletzung. Dass
dies ohne jeden Verdacht und ohne jeden Anlass geschah, das wollen wir in dem Untersuchungsausschuss
untersuchen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, ich wünsche allen, die in dem
Untersuchungsausschuss arbeiten, jede Menge Kraft und
Hartnäckigkeit; denn die gehört dazu, wenn es darum
geht, wirklich etwas herauszufinden. Um nachhaltig aufzuklären, muss man an der einen oder anderen Stelle
– das weiß ich aus eigener Erfahrung aus dem NSUUntersuchungsausschuss – wirklich hart dranbleiben.
Das werden Sie machen, liebe Kolleginnen und Kollegen.
Wichtig ist, ebenfalls den Teil in den Blick zu nehmen, den Herr Sensburg hervorgehoben hat, also nicht