Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 23. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 20. März 2014

1869

Bernd Westphal

(A) tealten Tradition der Ursprung für viele soziale Errungenschaften, die heute auch in anderen Bereichen als
selbstverständlich gelten. Ich erinnere in diesem Zusammenhang an die Weiterentwicklung des Arbeitsschutzes,
aber auch an die Mitbestimmung, die tarifliche Entlohnung sowie die Mitbestimmung in Aufsichtsräten.
Beim Bundesberggesetz handelt es sich in erster Linie
um ein Wirtschaftsgesetz. Es beinhaltet alle bergrechtlichen Fragen vom Aufsuchen über das Gewinnen und
Fördern eines Rohstoffs bis zur Schließung des Bergbaus oder des Tagebaus. Das deutsche Bergrecht ist ein
altes Gesetz, dessen Ursprünge bis ins Mittelalter zurückgehen. Das ist im Übrigen nichts Ungewöhnliches:
Denken wir an unser zivilrechtliches Bürgerliches Gesetzbuch. Es stammt aus dem Jahr 1900 und muss deswegen nicht schlecht sein.
Gesetze, auch das Bundesberggesetz, werden natürlich ständig an die sich ändernden Ansprüche und Bedürfnisse angepasst. Die letzte Reform – darauf ist schon
hingewiesen worden – wurde in den 80er-Jahren durchgeführt. Ich will darauf hinweisen, dass hier viele europäische Initiativen gerade aus dem Bereich Umweltschutzstandards eingeflossen sind. Das Bergrecht hat in
seiner Geschichte in vielen Punkten eine Vorreiterrolle
übernommen. So werden zum Beispiel soziale und ökologische Aspekte schon seit langem berücksichtigt, weshalb es im europäischen Ausland als sehr vorbildlich angesehen wird.
In der Technologie zum Abbau von Rohstoffen liegt
heute gewaltiges Innovationspotenzial. Bergbau und
Rohstoffgewinnung sind Hightech. Viel Hightech würde
(B)
in Deutschland nicht funktionieren, wenn wir nicht die
Bergleute hätten, die für Nachschub an Rohstoffen sorgen.
(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)
Deshalb besteht auf den globalen Märkten eine große
Nachfrage nach deutscher Bergbautechnologie.
Es lässt sich nicht vermeiden, dass der Abbau von Bodenschätzen meist mit Auswirkungen auf die Umwelt
verbunden ist. Im Bergbau in Deutschland gibt es die
weltweit höchsten Sicherheits- und Umweltstandards;
die Belastungen für die Arbeitnehmer und die Umwelt
sind so gering wie möglich. Aufgabe des Gesetzgebers
ist es, das Bergrecht an die Entwicklungen anzupassen,
sodass die jeweils gültige Fassung immer zeitgemäß und
rechtskonform ist. So muss das Bergrecht unter Einbeziehung umweltrechtlicher Vorschriften immer neu justiert werden. Zum Beispiel soll eine obligatorische UVP
als Bestandteil des Genehmigungsverfahrens für die Gewinnung bestimmter Rohstoffe eingeführt werden. Das
gilt auch für die seit 50 Jahren in Niedersachsen – und
ich komme aus Niedersachsen – praktizierte Erdgasförderung durch das Fracking-Verfahren.
Des Weiteren muss das Bergrecht in Zukunft den gestiegenen Bedürfnissen der Bevölkerung nach Öffentlichkeitsbeteiligung und Transparenz im Verfahren noch
stärker gerecht werden. Dies kann schon im Vorfeld einer Entscheidung zu einer Entspannung zwischen den
Interessen der Investoren und der betroffenen Menschen
beitragen. Wir wollen den Rechtsrahmen für den Roh-

stoffabbau neu justieren, aber den Bergbau damit nicht (C)
verhindern.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten
der CDU/CSU)
Bei der Anpassung muss aber auch den berechtigten
Interessen der Unternehmen auf Investitionssicherheit
Rechnung getragen werden. Wir müssen daran denken,
dass bergbauliche Vorhaben unter und über Tage mit erheblichen Vorlaufinvestitionen verbunden sind. Diese
benötigen Rechtssicherheit, die über einen sehr langen
Zeitraum Gültigkeit haben muss. Deshalb darf ich Sie,
Kollegin Baerbock, darauf hinweisen, dass das Bundesverfassungsgericht in seinem Urteil, gerade was Garzweiler II angeht, die Verfassungsmäßigkeit festgestellt
hat.
(Annalena Baerbock [BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN]: Wir reden ja über neue Tagebaue!)
Für die deutsche Industrie hat die Versorgung mit
Rohstoffen und Materialien eine große Bedeutung. In
seiner Urteilsbegründung hat das Bundesverfassungsgericht deshalb auch die Versorgung des Marktes mit Rohstoffen als ein Gemeinwohlziel im Sinne des Grundgesetzes bezeichnet und über das private Eigentum gestellt.
Das muss auch so bleiben. Sonst wären große Infrastrukturmaßnahmen gar nicht mehr möglich.
Die Gewinnung von Rohstoffen in Deutschland und
die Nutzung eigener Ressourcen macht Deutschland unabhängiger von Rohstoffimporten. Außerdem können
wir bei einem Abbau in Deutschland garantieren, dass (D)
die in Deutschland geltenden hohen sozialen Standards
– ich denke hier vor allen Dingen an die Arbeitsschutzstandards – und die hohen ökologischen Standards eingehalten werden. Das ist bei Rohstoffen, die wir aus dem
Ausland beziehen, oft nicht möglich.
Das Urteil, auf das schon hingewiesen worden ist, ist
aber kein Ruhekissen. Es muss für uns Politiker Ansporn
sein, das Bundesberggesetz an aktuelle Bedürfnisse anzupassen. Sonst hätten wir Stillstand. Wir stehen als SPD
aber für Fortschritt,
(Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wie denn?)
und das mit einem nachhaltigen Bergbau.
Herzlichen Dank. Glück auf!
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten
der CDU/CSU)
Vizepräsidentin Petra Pau:

Der Kollege Andreas Lämmel hat nun für die CDU/
CSU-Fraktion das Wort.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Andreas G. Lämmel (CDU/CSU):

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und
Herren! Die Grünen haben uns hier ein schönes Ei ins
Nest gelegt. Es ist zwar noch nicht Ostern, aber wir sind
ja nicht mehr weit davon entfernt. Endlich lassen Sie die

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