Nach dem E-Government-Gesetz sollen Bundesbehörden ihre Akten elektronisch führen. Zur Unterstützung der
Ressorts bei der Umsetzung dieser Verpflichtung sieht die Digitale Verwaltung 2020 einen „Aktionsplan
E-Akte“ vor, der die organisatorischen und fachlichen Aspekte und die technischen Angebote bündeln soll.
Auch sollen technische Grundlagen erarbeitet werden. Auf die datenschutzrechtlichen Risiken und die insofern
notwendigen Schutzmaßnahmen habe ich bereits im letzten Tätigkeitbericht (24. TB Nr. 3.2.1) hingewiesen.
Ab 1. Januar 2015 müssen alle elektronischen Register, die neu aufgebaut oder überarbeitet werden und einen
Bezug zu inländischen Grundstücken aufweisen, mit einer bundesweit einheitlichen Geokoordinate für jedes
Flurstück versehen werden. Um diese aus dem E-Government-Gesetz folgende Verpflichtung praktisch umzusetzen, entwickelt das Bundesamt für Kartographie und Geodäsie einen Geokodierungsdienst, der klassischen
Adressangaben solche standardisierten Geokoordinaten zuweisen kann (vgl. hierzu Nr. 5.5).
5.2
Antiterrordateigesetz - ein (erneuter?) Fall für das Bundesverfassungsgericht
Paukenschlag aus Karlsruhe - auch wenn es manche nicht wahrhaben wollen: Der Datenaustausch zwischen
Polizeien und Nachrichtendiensten ist grundsätzlich unzulässig. Die Datenschutzkontrolle ist hierbei von herausragender Bedeutung.
Wieder einmal musste das Bundesverfassungsgericht (Urteil vom 24.04.2013, Az. 1 BvR 1215/07) den Gesetzgeber korrigieren und klare Vorgaben aufstellen - mit weit reichenden Folgen für die Zusammenarbeit der Sicherheitsbehörden. Mit dieser Entscheidung setzt das Bundesverfassungsgericht beharrlich den Schutz der
Grundrechte fort.
Nun steht zweifelsfrei fest: Aus dem Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung folgt ein informationelles Trennungsprinzip. D. h.: Daten zwischen den Nachrichtendiensten und Polizeibehörden dürfen grundsätzlich
nicht ausgetauscht werden. Warum ist dies so und was bedeutet es? Um es bildlich zu fassen: Rugby und Fußball sind zwar beides Ballsportarten, jedoch mit gänzlich unterschiedlichen Regeln und Spielfeldern. So sind
Polizeien und Nachrichtendienste zwar beides staatliche Sicherheitsbehörden; sie haben jedoch gänzlich unterschiedliche Aufgaben und Befugnisse. Durch einen Datenaustausch würden diese Unterschiede gleichsam unterlaufen und damit bedeutungslos. Dem gilt es Rechnung zu tragen. Das Bundesverfassungsgericht hat dies getan. Es hat den Datenaustausch nur in Ausnahmefällen, d. h. zum Schutz herausragender öffentlicher Interessen,
für zulässig erklärt. Diese Vorgabe gilt nicht nur für das Antiterrordateigesetz (ATDG), sondern generell.
Zur Begründung des informationellen Trennungsprinzips hat das Bundesverfassungsgericht unmissverständlich
auf die unterschiedlichen Rollen und Funktionen von Polizeien und Nachrichtendiensten hingewiesen: Nachrichtendienste sind k e i n e Gefahrenabwehrbehörden. Dies hat das Gericht ausdrücklich betont. Danach ist
das Ziel der Nachrichtendienste „nicht die operative Gefahrenabwehr, sondern die politische Information“
(1 BvR 1215/07 vom 24.04.2013, Rdn. 118). Es besteht lediglich ein „auf die politische Vorfeldaufklärung beschränkter Auftrag der Nachrichtendienste“ (a. a. O., Rdn. 119). Dies spiegele sich auch in der Beschränkung
ihrer Befugnisse wieder. Vom Aufgaben- und Befugnisprofil der Nachrichtendienste unterscheidet „sich das der
Polizei- und Sicherheitsbehörden grundlegend“ (a. a. O., Rdn. 120). Nur der Polizei „obliegt die Verhütung,
Verhinderung und Verfolgung von Straftaten sowie die Abwehr von sonstigen Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung“ (a. a. O.).
Das Bundesverfassungsgericht hat den Gesetzgeber ausdrücklich aufgefordert, nicht nur die Regelungen des
ATDG, sondern auch das geltende Recht insgesamt (insbesondere die Datenübermittlungsvorschriften für Polizeien und Nachrichtendienste) seinen Vorgaben gemäß zu überprüfen und anzupassen. Dies steht noch aus. So
bedarf es auch einer Überprüfung der neuen Sicherheitsarchitektur der Bundesregierung (vgl. 22. TB Nr. 4.2),
insbesondere in Bezug auf die Teilnahme der Nachrichtendienste an den gemeinsamen Kooperationsplattformen
der Sicherheitsbehörden (GTAZ, GASIM, GIZ, GETZ etc.).
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BfDI 25. Tätigkeitsbericht 2013-2014