trollen unterbreitet. Wie in früheren Tätigkeitsberichten ausgeführt (vgl. 24. TB Nr. 7.7.1 ff.), bestehen gravierende Defizite im Hinblick auf die Kontrolle der Nachrichtendienste und die gesetzliche Ausgestaltung der Kontrollstruktur.
Zwischenzeitlich hat das Bundesministerium des Innern zugestanden, dass ich zur Erfüllung meiner gesetzlichen Aufgaben auch personenbezogene Daten einsehen und verwenden darf, die nach dem Artikel-10-Gesetz
gewonnen worden sind. Dies ist ein wichtiger, aber keineswegs ausreichender Schritt zur Behebung dieser Defizite. Notwendig sind gesetzliche Regelungen bzw. Klarstellungen. Diese stehen immer noch aus. Ich bedauere
sehr, dass der Gesetzgeber entsprechende Novellierungen, z. B. in dem aktuellen Gesetz, durch das meine Behörde ab dem 1. Januar 2016 eine oberste Bundesbehörde werden wird, nicht aufgenommen hat.
Ich empfehle dem Gesetzgeber, dieses Defizit schnellstmöglich zu beseitigen. Dieser Apell gilt auch und insbe sondere für die Zuweisung ausreichender Personal- und Sachmittel zur Durchführung adäquater Kontrollen.
Hierauf habe ich u. a. bereits in meinem Bericht an den Deutschen Bundestag zu den „Abhöraktivitäten
US-amerikanischer Nachrichtendienste in Deutschland“ (Bundestagsdrucksache 18/59 vom 15.11.2013) hingewiesen.
Mein Bericht an den Deutschen Bundestag enthält auch umfängliche Bewertungen zur rechtlichen Situation auf
nationaler und internationaler Ebene, eine Darstellung bestehender Problemlagen sowie meine Schlussfolgerungen und Handlungsempfehlungen. Auf diesen öffentlichen Bericht habe ich auch in Ausschusssitzungen, Interviews, Vorträgen und Publikationen hingewiesen.
Ich möchte aber auch an dieser Stelle noch einmal betonen, dass das System der „Checks and Balances“ im Be reich der Nachrichtendienste in eine massive Schieflage geraten ist. So sind, insbesondere seit dem Jahr 2001,
die Aufgaben und Befugnisse der Sicherheitsbehörden sowie deren Personal- und Sachmittel erheblich ausgebaut, die verbundübergreifende Zusammenarbeit von Polizeien und Nachrichtendiensten national und international intensiviert, zentrale Großdatenbanken errichtet und eine neue Sicherheitsstruktur geschaffen worden. Die
neu errichteten nationalen Kooperationszentren der Sicherheitsbehörden des Bundes und der Länder (z. B. das
Gemeinsame Extremismus- und Terrorismusabwehrzentrum (GETZ)) verdeutlichen exemplarisch diese Entwicklung.
Auf Seiten der Kontrollorgane ist keine entsprechende Entwicklung erfolgt, d. h. auch insoweit bestehen gravierende gesetzgeberische Defizite, die im Interesse der Bürgerinnen und Bürger schnellstmöglich beseitigt werden
müssen. In Folge dieser Entwicklung ist es mir angesichts der mir zur Verfügung stehenden geringfügigen Personal- und Sachmittel nicht mehr möglich, meine gesetzlich zugewiesenen Beratungs- und Kontrollaufgaben angemessen zu erfüllen. Damit ist es mir auch nicht mehr möglich, die vom Bundesverfassungsgericht in seinem
Urteil zum Antiterrordateigesetz betonte Kompensationsfunktion meiner Kontrollen für die betroffenen Bürgerinnen und Bürger sachgerecht zu gewährleisten, d. h. an Stelle der Betroffenen zu überprüfen, ob ihre Rechte
bei heimlichen Eingriffen der Sicherheitsbehörden gewahrt worden sind. Nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts sind diese Prüfungen von herausragender Bedeutung, da die Betroffenen in aller Regel keine
Kenntnis von diesen heimlichen Eingriffen haben bzw. erlangen können. Ich appelliere dringend an den Gesetzgeber, seiner Verantwortung gerecht zu werden und ein ausgewogenes Verhältnis von Sicherheit und Kontrolle
herzustellen.
Für den Schutz der Grundrechte und das Vertrauen der Bevölkerung in effiziente, unabhängige Kontrollorgane
– und damit für Wesenselemente des demokratischen Rechtsstaates – ist dies unerlässlich.
Ich empfehle dem Gesetzgeber, bei den notwendigen Maßnahmen auch die Entschließungen der Konferenz der
Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länder vom 5. September 2013 und 9. Oktober 2014 zur Unzuläs-
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BfDI 25. Tätigkeitsbericht 2013-2014