Ich begrüße sehr, dass die TMF auch bei der Neufassung seiner generischen Datenschutzkonzepte und des
„Leitfadens zum Datenschutz in medizinischen Forschungsprojekten“ das Gespräch mit den Arbeitskreisen
Technik, Wissenschaft sowie Gesundheit und Soziales der Konferenz der Datenschutzbeauftragten des Bundes
und der Länder gesucht hat. Im Rahmen ihrer Frühjahrstagung 2014 hat die Konferenz der Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länder beschlossen, die neuen generischen Datenschutzkonzepte der TMF zustimmend zur Kenntnis zu nehmen und den medizinischen Forschungseinrichtungen und -verbünden als Basis für
die konkrete Ausgestaltung von Datenschutzkonzepten zu empfehlen.
13.5 Der „Nationale Kohorte e. V.“ nimmt seine Arbeit auf
Epidemiologische Langzeitstudien wie die Nationale Kohorte bieten neuartige datenschutzrechtliche und technische Herausforderungen und erfordern eine kontinuierliche datenschutzrechtliche Begleitung.
Über die Nationale Kohorte habe ich bereits in meinem 24. Tätigkeitsbericht (Nr. 11.5.4) berichtet. Es handelt
sich um eine epidemiologische Langzeitstudie von Wissenschaftlern der Helmholtz-Gemeinschaft, der Leibniz-Gemeinschaft sowie von Universitäten und anderen Forschungseinrichtungen in Deutschland. Koordiniert
wird diese Studie durch den Nationale Kohorte e. V., der sich im Jahr 2012 gegründet hat. Ziel ist die Entwicklung von Volkskrankheiten, wie Herz-, Kreislauf- und Gefäßerkrankungen, Krebs und Atemwegserkrankungen
sowie deren Vorbeugung, Früherkennung und die Identifizierung von Risiken zu untersuchen. Dafür werden
200.000 Studienteilnehmer zwischen 20 und 69 Jahren ausgewählt und in 18 deutschlandweit verteilten Studienzentren umfassend zu ihren allgemeinen Lebensgewohnheiten befragt sowie medizinisch untersucht. Es werden auch Bioproben entnommen. Nach fünf Jahren werden alle Teilnehmer erneut zu einer Untersuchung und
zweiten Befragung in die Studienzentren eingeladen. Die Nachbeobachtung soll zunächst über 10-20 Jahre laufen. Geplant ist die Zusammenführung der in den Studienzentren gewonnenen Befragungs- und Gesundheitsdaten mit regelmäßig aktualisierten Sekundärdaten, z. B. von den gesetzlichen und privaten Krankenversicherungen, der Deutschen Rentenversicherung Bund, von den epidemiologischen und klinischen Krebsregistern sowie
Behandlungsdaten von behandelnden Ärzten. Die Anschrift der Teilnehmer soll über Abfragen bei den Meldeämtern aktualisiert werden. Weiter soll bei verschiedenen Registern regelmäßig abgefragt werden, ob die Teil nehmer noch leben. Im Todesfalle soll die Todesursache recherchiert und die Todesbescheinigung vom Gesundheitsamt angefordert und gespeichert werden.
Einzigartig ist dabei nicht nur die Größe der Kohorte und die Dauer der Datenspeicherung, die bis über den Tod
der Studienteilnehmer hinausgehen soll, sondern auch der Umfang und die Detailtiefe der gesammelten Daten.
So soll der teilnehmerspezifisch zusammengeführte Studiendatensatz neben den in den Studienzentren erhobenen medizinischen Daten, zu denen auch genetische Informationen gehören, und der lebenslangen Krankengeschichte auch Diagnose- und Abrechnungsdaten von den Krankenversicherungen, Informationen zu den verschriebenen Medikamenten, die kombinierten Informationen aus den epidemiologischen und klinischen Krebsregistern, den beruflichen Lebenslauf sowie Geolokalisierungsdaten zu den jeweiligen Wohnorten enthalten.
Aus den gesammelten Daten und aufgetretenen Krankheiten sollen Rückschlüsse auf genetische Faktoren, Umweltbedingungen, soziales Umfeld und Lebensstil als Ursachen für die jeweiligen Erkrankungen ermöglicht
werden.
Sowohl für die Erhebung der Studiendaten unmittelbar beim Studienteilnehmer als auch für die Erhebung der
Daten bei den Sozialleistungsträgern und den weiteren Sekundärquellen ist wesentliche Rechtsgrundlage die
Einwilligung der Studienteilnehmer, die grundsätzlich fünf Jahre gilt und dann erneut eingeholt werden muss.
Die Einwilligung kann jederzeit widerrufen werden. Im Falle des vollständigen Widerrufs werden die Daten aus
der Studiendatenbank gelöscht. Sowohl die unmittelbar bei den Probanden erhobenen Daten als auch solche aus
Sekundärquellen stehen den Wissenschaftlern nur pseudonymisiert zur Auswertung zur Verfügung. Das Pseudonym wird bei einer Vertrauensstelle gebildet und lässt einerseits zu, die Daten einer bestimmten Person immer
demselben Falldatensatz zuzuordnen. Andererseits wird das Pseudonym so gestaltet, dass eine Identifizierung
des Einzelnen durch einen an der wissenschaftlichen Forschung Beteiligten nicht wahrscheinlich ist. Datenschutzrechtlich verantwortlich ist die „Nationale Kohorte e. V.“, die, obwohl als privater Verein organisiert,
BfDI 25. Tätigkeitsbericht 2013-2014
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