Vor 30 Jahren, erinnern wir uns, wehrten sich Bundesbürger noch leidenschaftlich gegen die Volkszählung und
setzten am Ende das Recht auf informationelle Selbstbestimmung durch. Dafür hat das Bundesverfassungsgericht gesorgt. Und heute? Heute tragen Menschen freiwillig und gedankenlos bei jedem Klick ins Netz Persönli ches zu Markte. Viele der Jüngeren vertrauen sozialen Netzwerken sogar ihr ganzes Leben an. Ausgeliefertsein
und Selbstauslieferung sind kaum voneinander zu trennen ... Historisch betrachtet sind Entwicklungssprünge
nichts Neues. Im ersten Moment erleben wir sie allerdings ratlos, vielleicht auch ohnmächtig. Naturgemäß hin ken dann Gesetze, Konventionen und gesellschaftliche Verabredungen der technischen Entwicklung hinterher.
Wie noch bei jeder Innovation gilt es auch jetzt, die Ängste nicht übermächtig werden zu lassen, sondern als
aufgeklärte und ermächtigte Bürger zu handeln. So sollte der Datenschutz für den Erhalt der Privatsphäre so
wichtig werden wie der Umweltschutz für den Erhalt der Lebensgrundlagen. Wir wollen und sollen die Vorteile
der digitalen Welt nutzen, uns gegen ihre Nachteile aber bestmöglich schützen.“
In diesem Sinne haben der so treffend dargestellte Befund und die sich daraus ergebenden Fragestellungen die
Arbeit meines Hauses im Bereich der Beratung und Kontrolle im Berichtszeitraum geprägt. Mehr als unbefriedigend sind bisher die Antworten der Politik auf den existenziell gefährdeten Datenschutz, die durch die Enthüllungen Snowdens aber auch durch die ökonomische Datennutzung im Zeitalter von Big Data mehr als dringlich
geboten sind. Auch wenn die „Digitale Agenda“ der Bundesregierung durchaus vielversprechende Aussagen
enthält, sie bedürfen der umfassenden und konsequenten Umsetzung. Vorsichtig optimistisch stimmt mich zudem, dass die Arbeiten an der so dringend nötigen Harmonisierung des europäischen Datenschutzrechts im Jahr
2014 wieder Fahrt aufgenommen haben.
Sind Daten global, muss auch der Schutz international sein. Dabei gilt es, ein hohes Datenschutzniveau nicht
kommerziellen Interessen zu opfern oder zu schleifen. Wenn es heißt, Daten seien der Rohstoff des 21. Jahrhunderts, dann halte ich dagegen, dass personenbezogene Daten grundrechtlich geschützt sind. Sie sind Ausdruck
unseres Persönlichkeitsrechts, das für unser gesellschaftliches Zusammenleben existenziell ist und nach meinem
Verständnis unser Menschenbild prägt. Dieses Verständnis sollte Grundlage politisches Handelns in allen Fra gen eines modernen Datenschutzes sein.
Der in diesem Tätigkeitsbericht erfasste Zeitraum beinhaltet auch das Jahr 2013 und damit noch einen Zeitraum,
der in die Verantwortung meines Amtsvorgängers, Peter Schaar, fällt. Ihm darf ich an dieser Stelle für seine hervorragende Arbeit danken. Am 19. Dezember 2013 hat mich der Deutsche Bundestag zur Bundesbeauftragten
für den Datenschutz und die Informationsfreiheit gewählt und am 6. Januar 2014 habe ich das Amt übernom men.
Neu an der Aufstellung des Berichts ist die Zuordnung der Themenfelder teilweise entsprechend der Arbeitsaufteilung der Ausschüsse des Deutschen Bundestages. Diese Darstellung unterstreicht die Bedeutung des Daten schutzes als Querschnittsaufgabe. Fragestellungen des Datenschutzes insbesondere in der digitalen Welt berühren eine Vielzahl von Gesetzgebungsvorhaben sehr nachhaltig und intensiv.
Insbesondere auch aus diesem Grunde ist es u. a. notwendig und wäre wünschenswert, ähnlich wie die Stellungnahme des Normenkontrollrates künftig auch die Ressortstellungnahmen der BfDI zum Bestandteil eines jeden
Gesetzentwurfes zu machen, der parlamentarisch beraten wird.
Mit der Vorlage dieses Berichts darf ich mich sehr herzlich bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Hau ses bedanken, die überwiegend die im Bericht dargestellten Tätigkeiten und Kontrollen ausgeführt haben. Ihr
hoher Einsatz und ihr nahezu unermüdliches Engagement im Interesse des Datenschutzes sind insbesondere in
Anbetracht der defizitären Personalausstattung in besonderer Weise erwähnenswert.
Den Bürgerinnen und Bürger, die mit ihren Eingaben aus der „gelebten“ Datenschutzpraxis immer wieder auf
Missstände hinweisen, darf ich ebenfalls sehr herzlich für ihren Einsatz für den Datenschutz danken.
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BfDI 25. Tätigkeitsbericht 2013-2014