Drucksache 18/12585
b)
– 16 –
Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
Strafrechtliche Behandlung
Während seines gesamten Aufenthaltes in Deutschland wurde gegen AMRI ermittelt. Insgesamt wurden ihm die
Begehung von 13 Straftaten zugeschrieben. Zu einer umfassenden Zusammenführung aller Verfahren gegen
AMRI kam es nicht.
Strafrechtlich trat AMRI in den rund 18 Monaten in Deutschland in verschiedenen Deliktsfeldern in Erscheinung.
Zu unterscheiden ist zwischen den Verfahren in Staatsschutzangelegenheiten und solchen der allgemeinen bzw.
der Alltagskriminalität. Nicht in allen geführten Verfahren wurde AMRI als Beschuldigter oder mutmaßlicher
bzw. möglicher Täter geführt und behandelt. Zusammenfassend ergibt sich folgendes Bild:
Aufgrund von Hinweisen eines Mitbewohners in der Unterkunft in Emmerich (Bilder von Kämpfern mit Waffen
und schwarzen Flaggen etc. auf AMRIs Handy) legte der Staatsschutz im Polizeipräsidium Kleve einen „Prüffall
Islamismus“ nach dem Polizeigesetz des Landes Nordrhein-Westfalen an. Zu strafrechtlichen Ermittlungen und
zu einer Vorlage an die Staatsanwaltschaft kam es nicht.
AMRI trat – nicht als Beschuldigter – in zwei Ermittlungsverfahren des GBA in Erscheinung. Zum einen wurde
AMRI in einem Verfahren des GBA bekannt, welches vom LKA Nordrhein-Westfalen geführt wurde und sich
gegen mehrere Beschuldigte im Umfeld des DIK Hildesheim richtete. Im November 2015 erhielt das LKA Nordrhein-Westfalen erste Hinweise auf einen „Anis, der in Deutschland etwas machen wolle“. Schließlich ordnete
der Ermittlungsrichter des BGH die Kommunikationsüberwachung des „Anis aus Dortmund“ ab Dezember 2015
an. Zum anderen trat AMRI in einem weiteren Ermittlungsverfahren des GBA in Erscheinung. Dieses betraf einen
islamistisch-terroristischen Sachverhalt im Großraum Berlin, der vom BKA ermittelt wurde. Mit Zustimmung des
GBA wurden Informationen aus dem zweiten Verfahren der Generalstaatsanwaltschaft Berlin und zu präventiven
Zwecken dem LKA Berlin zugeleitet. Die Generalstaatsanwaltschaft Berlin führte bereits ein Ermittlungsverfahren wegen Verdachts einer schweren staatsgefährdenden Straftat, sah hinsichtlich AMRI aber keinen Anfangsverdacht für eine diesbezügliche Straftat.
Der GBA lehnte die Aufnahme eines eigenen Ermittlungsverfahrens gegen AMRI ab, legte jedoch einen Prüfvorgang zu AMRI an. Mit Hinzukommen weiterer Informationen hielt der GBA ein Überschreiten der strafprozessualen Verdachtsschwelle für möglich. Nachdem der GBA weitere Informationen aus dem erstgenannten Verfahren erhielt, legte dieser einen weiteren Prüfvorgang zu AMRI an, verband diesen mit dem vorherigen und gab die
Akte an die Generalstaatsanwaltschaft Berlin ab.
Diese lehnte erneut den Anfangsverdacht einer schweren staatsgefährdenden Straftat ab, bejahte aber einen Anfangsverdacht hinsichtlich einer Straftat der Verabredung zum Mord. Grundlage boten die vorliegenden Hinweise,
nach denen AMRI zusammen mit weiteren Personen einen Einbruchsdiebstahl plante. Der Einbruchserlös sollte
der Beschaffung von Kalaschnikows zum Zwecke eines terroristischen Anschlags dienen. In diesem Ermittlungsverfahren erwirkte die Generalstaatsanwaltschaft Berlin beim Amtsgericht Tiergarten Beschlüsse zur Telekommunikationsüberwachung gem. § 100a StPO, zur längerfristigen Observation und zur Beobachtung bei polizeilichen Kontrollen. Diese Maßnahmen wurden bis zum 21. September 2016 durchgeführt. Das LKA Berlin setzte
ab dem 15. Juni 2016 die längerfristige Observation aus und beschränkte sich auf die Telekommunikationsüberwachung und die Beobachtung bei polizeilichen Kontrollen. Die durchgeführten Maßnahmen konnten den Anfangsverdacht für eine terroristisch motivierte Straftat nicht bestätigen. Bekannt wurden nur Delikte im Bereich
der allgemeinen Kriminalität. Deshalb wurden auch die übrigen Maßnahmen nach dem 21. September 2016 nicht
mehr fortgeführt. Das förmlich nicht eingestellte Verfahren war somit zum Zeitpunkt des Anschlages am 19. Dezember 2016 noch bei der Generalstaatsanwaltschaft Berlin anhängig.
Im Bereich der allgemeinen Kriminalität sind die folgenden Vorgänge zu benennen. Erklärend sei darauf hingewiesen, dass die Staatsanwaltschaft ein Verfahren nach § 170 Absatz 2 StPO einstellt, wenn kein hinreichender
Tatverdacht vorliegt. Der hinreichende Tatverdacht kann aus verschiedenen Gründen fehlen, z. B. aus Mangel an
Beweisen oder wenn der Täter nicht ermittelt werden kann.
Die Staatsanwaltschaft Freiburg führte gegen AMRI ein Verfahren wegen illegaler Einreise und Aufenthalts.
Anlass war die Vorsprache AMRIs beim Polizeirevier Freiburg-Nord. Nachdem das Verfahren zunächst wegen unbekannten Aufenthaltes und Ausschreibung vorläufig eingestellt worden war, erfolgte schließlich im
Herbst 2016 eine Einstellung nach § 170 Absatz 2 Strafprozessordnung (StPO) mit Blick auf Art. 31 der
Genfer Flüchtlingskonvention.
In Karlsruhe wurde AMRI ohne Fahrkarte in einer Straßenbahn angetroffen. Ein Strafantrag wurde nicht
gestellt. Daher verfügte die Staatsanwaltschaft Karlsruhe die Einstellung gem. § 170 Absatz 2 StPO.