EU).
Nichts Anderes gilt auch insoweit, als die Vorschriften teilweise in den Anwendungsbereich der Verordnung (EU) 2016/679 des Europäischen Parlaments und des Rates
vom 27. April 2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Richtlinie 95/46/
EG (Datenschutz-Grundverordnung, ABl EU, L 119 vom 4. Mai 2016, S. 1, im Folgenden: DSGVO) fallen mögen. Die Datenschutzgrundverordnung erstrebt zwar
grundsätzlich eine unionsrechtliche Vereinheitlichung des Datenschutzes. Dies besagt aber nicht, dass alle Einzelregelungen unionsweit vereinheitlicht sind. So belassen für die hier in Frage stehenden Regelungen insbesondere Art. 6 Abs. 2
und 3 DSGVO den Mitgliedstaaten erhebliche Gestaltungsspielräume (vgl. Kühling/
Martini u.a., Die Datenschutz-Grundverordnung und das nationale Recht, 2016,
S. 28; anders hingegen für die dortige Rechtslage BVerfG, Beschluss des Ersten Senats vom 6. November 2019 - 1 BvR 276/17 -, Rn. 33 ff.).
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Handelt es sich also – wie vorliegend – nicht um vollständig unionsrechtlich determiniertes Recht, sondern um innerstaatliche Normen im nicht voll vereinheitlichten
Bereich, prüft das Bundesverfassungsgericht die angegriffenen Normen am Maßstab
der Grundrechte des Grundgesetzes. Das gilt im Grundsatz unabhängig davon, ob
und wieweit die angegriffenen Vorschriften nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union zugleich als Durchführung des Unionsrechts im Sinne
des Art. 51 Abs. 1 Satz 1 GRCh angesehen werden können (vgl. zur RL 2002/58/EG
EuGH, Urteil vom 21. Dezember 2016, Tele2 Sverige und Watson u.a., C-203/15
u.a., EU:C:2016:970, Rn. 78 ff.; Urteil vom 2. Oktober 2018, Ministerio Fiscal, C-207/
16, EU:C:2018:788, Rn. 29 ff.) und deshalb daneben auch die Unionsgrundrechte
Geltung beanspruchen können (vgl. dazu BVerfG, Beschluss des Ersten Senats vom
6. November 2019 - 1 BvR 16/13 -, Rn. 39 – Recht auf Vergessen I; näher unter Rn.
261).
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3. Unberührt bleibt hiervon die Frage, ob sich weitere rechtliche Anforderungen unmittelbar aus dem Sekundärrecht der Europäischen Union ergeben, insbesondere
aus Art. 15 Abs. 1 RL 2002/58/EG hinsichtlich der Reichweite der den Diensteanbietern auferlegten Pflichten. Die Auslegung und Anwendung des Fachrechts der Europäischen Union ist nicht Sache des Bundesverfassungsgerichts, sondern obliegt den
Fachgerichten im Verbund mit dem Europäischen Gerichtshof (BVerfG, Urteil des
Ersten Senats vom 19. Mai 2020 - 1 BvR 2835/17 -, Rn. 85 m.w.N. – BND – AuslandAusland-Aufklärung).
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C.
Die Verfassungsbeschwerden sind überwiegend begründet. Die angegriffenen Vorschriften genügen in weiten Teilen nicht den Anforderungen an die Verhältnismäßigkeit.
41/92
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