Leitsätze

zum Beschluss des Ersten Senats vom 27. Mai 2020
- 1 BvR 1873/13 - 1 BvR 2618/13 (Bestandsdatenauskunft II)
1. Der Gesetzgeber muss bei der Einrichtung eines Auskunftsverfahrens
auf Grundlage jeweils eigener Kompetenzen für sich genommen verhältnismäßige Rechtsgrundlagen sowohl für die Übermittlung als auch
für den Abruf der Daten schaffen.
Übermittlungs- und Abrufregelungen für Bestandsdaten von Telekommunikationsdiensteanbietern müssen die Verwendungszwecke der
Daten hinreichend begrenzen, mithin die Datenverwendung an bestimmte Zwecke, tatbestandliche Eingriffsschwellen und einen hinreichend gewichtigen Rechtsgüterschutz binden.
2. Schon dem Gesetzgeber der Übermittlungsregelung obliegt die normenklare Begrenzung der Zwecke der möglichen Datenverwendung.
Eine Begrenzung der Verwendungszwecke erst zusammen mit der Abrufregelung kommt nur in Betracht, wenn die Übermittlungsregelung
Materien betrifft, die allein im Kompetenzbereich des Bundes liegen
und die Regelungen eine in ihrem Zusammenwirken normenklare und
abschließende Zweckbestimmung der Datenverwendung enthalten.
3. Die Befugnis zum Datenabruf muss nicht nur für sich genommen verhältnismäßig sein, sondern ist – auch aus Gründen der Normenklarheit – zudem an die in der Übermittlungsregelung begrenzten Verwendungszwecke gebunden. Dabei steht es dem Gesetzgeber der
Abrufregelung frei, den Abruf der Daten an weitergehende Anforderungen zu binden.
4. Trotz ihres gemäßigten Eingriffsgewichts bedürfen die allgemeinen
Befugnisse zur Übermittlung und zum Abruf von Bestandsdaten für
die Gefahrenabwehr und die Tätigkeit der Nachrichtendienste grundsätzlich einer im Einzelfall vorliegenden konkreten Gefahr und für die
Strafverfolgung eines Anfangsverdachts.

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