Drucksache 17/13000
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das Land angesehen. Diese Vorgehensweise hatte ich kritisiert (21. TB Nr. 5.2.4.1). Das mittlerweile geänderte
Verfahren (22. TB Nr. 16.21) habe ich im Berichtszeitraum kontrolliert.
Anders als bisher speichert das Bundeskriminalamt die
von den Ländern gelöschten Daten nur noch dann, wenn
es über eigene Erkenntnisse verfügt. Praktisch funktioniert dies so: Geben die Länder den Besitz an ihren erkennungsdienstlichen Daten auf, wird dies in einer Liste der
vom BKA zu bearbeitenden Datensätze aufgenommen.
Anschließend prüft das BKA anhand der in INPOL und
in den Papierkriminalakten vorhandenen Erkenntnisse in
zwei Schritten, ob es die Daten zu der betreffenden Person weiter speichert oder löscht. Zunächst wird kontrolliert, ob
– eine nationale oder internationale Fahndung,
– eine Haftnotierung oder
– ein Prüfvermerk des BKA
zur jeweiligen Person vorliegen. In den verbliebenen Fällen prüft das BKA Erkenntnisse
– aus eigenen Ermittlungen sowie
– aus seiner Kontaktsstellenfunktion zu ausländischen
Polizeibehörden.
Liegen keine Gründe für die weitere Speicherung vor,
löscht das BKA die gesamte Kriminalakte einschließlich
der erkennungsdienstlichen Daten. Andernfalls verlängert
es das Aussonderungsprüfdatum. Etwa 80 Prozent der
aufgelaufenen Daten hat das BKA nach Umstellung auf
das neue Verfahren gelöscht.
Diese Vorgehensweise halte ich für datenschutzrechtlich
zulässig, solange das BKA die von den Ländern gelöschten erkennungsdienstlichen Daten nur weiter speichert,
wenn ihm eigene Erkenntnisse vorliegen, die darauf
schließen lassen, dass der Betroffene künftig Straftaten
begehen wird (sog. Negativprognose, § 8 Absatz 6
BKAG). Es gilt der Grundsatz: Die Stelle, die vorhandene
erkennungsdienstliche Daten übernimmt, muss in jedem
Einzelfall eine tragfähige rechtliche Entscheidung dafür
getroffen haben.
Es bleiben noch Details zu klären. So sind in INPOL die
verschiedenen Datengruppen auf unterschiedliche Weise
miteinander verknüpft. Es kann passieren, dass erkennungsdienstliche Daten weiter gespeichert werden, weil
ein Verbundteilnehmer noch andere Daten zu der Person
gespeichert hat. Denn die erkennungsdienstlichen Daten
sind technisch gesehen in die allgemeinen Prüffristen einbezogen. Hier wird darauf hinzuwirken sein, dass die
Gruppe der erkennungsdienstlichen Daten ein gesondertes Aussonderungsprüfdatum erhält, also stärker „abgekoppelt“ wird. Dazu hat das BKA bereits ein Verfahren
entwickelt, das sich derzeit in der Abstimmung befindet.
Zudem existiert die Idee, ein besonderes Datenfeld einzuführen, mit dem die Polizeibehörden ihren Mitbesitz an
den erkennungsdienstlichen Daten markieren können.
Diese müssten dann den Einzelfall rechtlich prüfen und
entscheiden. Ich werde das Verfahren weiter beobachten.
BfDI 24. Tätigkeitsbericht 2011-2012
7.4.4
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
Die Zentraldatei „Politisch motivierte
Kriminalität -links“ – noch viel zu tun!
Wie eine Kontrolle der Zentraldatei „Politisch motivierte
Kriminalität -links“ („PMK-links-Z“) ans Licht brachte,
sind viele personenbezogenen Speicherungen ohne hinreichende Rechtsgrundlage erfolgt. Einen Teil der Daten
hat das Bundeskriminalamt (BKA) unmittelbar nach der
Prüfung gelöscht.
Im Ergebnis hat der Beratungs- und Kontrollbesuch gezeigt, dass teilweise zu weitgehende Speicherungen in der
Zentraldatei „PMK-links-Z“ erfolgt sind. Dies betraf oft
Personen, die im Zusammenhang mit Versammlungen
aufgefallen waren. In vielen Fällen war nicht ausreichend
substantiiert dokumentiert, welche konkreten Handlungen ihnen vorgeworfen wurden und aus welchen Gründen
die Speicherung erforderlich war. Für Zwecke der Gefahrenvorsorge darf das BKA gem. § 8 Absatz 2 BKAG eine
Person nur speichern, wenn die die Prognose ergibt, dass
sie auch zukünftig Straftaten begehen wird. Hierfür bedarf es einer ausreichenden Tatsachengrundlage.
Die Zentraldatei „PMK-links-Z“ dient dem BKA dazu,
seine Aufgaben als Zentralstelle bei der Bekämpfung der
politisch motivierten Kriminalität aus dem Phänomenbereich Links wahrzunehmen. Hierfür werden in der Datei
Ereignisse auf einer grafischen Oberfläche mit Personen,
Institutionen, Objekten und Sachen verknüpft. Daraus
sollen Rückschlüsse auf Verflechtungen und Zusammenhänge gezogen werden. Personen werden entsprechend
§ 7 und § 8 BKAG in verschiedene Personenrollen unterteilt, dies sind u. a.:
– Beschuldigte,
– Verdächtige,
– sonstige Personen,
– Prüffälle.
In der Zentraldatei speichert das BKA sowohl eigene als
auch Ländererkenntnisse, wobei ein wesentlicher Teil der
Erkenntnisse von den Ländern stammt.
Bei meiner Kontrolle fiel mir auf, dass bei vielen als Beschuldigte bzw. Verdächtige gespeicherten Personen
zweifelhaft ist, ob diese überhaupt an einer strafbaren
Handlung beteiligt waren. Dies betrifft oft Fälle, in denen
die Betroffenen Teil einer größeren Menschenmenge waren und nicht näher einer bestimmten Tätergruppe zugeordnet werden konnten. In solchen Fällen müssen jedoch
tatsächliche Anhaltspunkte vorliegen, aus denen sich ergibt, weshalb eine festgestellte Person zum Täterkreis gehört bzw. ein entsprechender Verdacht hinsichtlich einer
konkreten Straftat begründet werden kann. Grund für den
unzureichenden Personenbezug war häufig auch die Form
der Sachverhaltsdarstellung durch die Landespolizeien.
Im Zusammenhang mit der Speicherung von Veranstaltungsteilnehmern ist besonders auf die Verhältnismäßigkeit
achten, wie das Bundesverfassungsgericht in einer aktuellen Entscheidung festgestellt hat (– 1 BvR 388/05 –), genießen auch Sitzblockaden grundsätzlich den Schutz der
durch Artikel 8 des GG garantierte Versammlungsfreiheit. Bei der Anwendung des Nötigungsparagraphen ist