Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

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Aufbewahrungsort von solchen Erklärungen aufnehmen
können; Letzteres gilt auch für Vorsorgevollmachten oder
Patientenverfügungen. Da die Aufnahme der vollen Erklärung mit den derzeit ausgegebenen Karten technisch
nicht möglich ist, dürfte dies frühestens im Jahre 2016 in
Betracht kommen. Mit entsprechenden Testen könnte bereits im Jahre 2014 begonnen werden; vorher dürfte
schon der Test zur Aufnahme von Hinweisen starten. Im
Rahmen der parlamentarischen Beratungen ist auch diskutiert worden, ob den Krankenkassen ein einmaliges
Schreibrecht auf der eGK eingeräumt werden soll, um dadurch die Hinweise der Versicherten auf der eGK zu dokumentieren. Dies könnte deshalb sinnvoll sein, da alle
Krankenkassen ihre Versicherten anschreiben und über
die Organspende informieren müssen. Ein solches einmaliges Schreibrecht könnte ich aus datenschutzpolitischer
Sicht akzeptieren, um eine Beschleunigung und Erhöhung der Bereitschaft der Bevölkerung zur Abgabe der
Organspendeerklärung zu erreichen. Dabei muss aber sichergestellt sein, dass die Datenschutz- und Datensicherheitsstandards der eGK gewahrt bleiben und insbesondere
technisch abgesichert wird, dass die Krankenkassen keine
anderen Zugriffsrechte auf medizinische Daten erhalten.
Die ebenfalls zeitweise diskutierte Einrichtung eines zentralen Registers aller entsprechenden Erklärungen lehne
ich ab. Der Gesetzgeber hat die gematik mit der Erstellung eines Berichtes beauftragt, der die Verfahren zur Unterstützung der Versicherten bei der Verwaltung ihrer Daten zur Organ- und Gewebespende beschreiben soll.
Dieser Bericht muss dem Deutschen Bundestag bis zum
30. Juni 2013 vorgelegt werden. Mit Interesse sehe ich
den dort vorgeschlagenen Verfahren entgegen. Auch in
Zukunft werde ich ein kritischer, aber auch konstruktiver
Akteur bei der Einführung der eGK bleiben.
4.2

Elektronische Einkommensnachweise –
Neue Lösungen für alte Probleme?

Auch in den vergangenen zwei Jahren hatte ich mich intensiv mit Projekten zu beschäftigen, die den Umgang mit
Einkommensnachweisen erleichtern sollen. Das über
mehr als zehn Jahre entwickelte Projekt ELENA, das immer wieder Gegenstand erbitterter öffentlicher Debatten
war, wurde 2011 endgültig beerdigt. Das „Erbe“ sollen
zwei neue Projekte (Bea und OMS) antreten. Es ist zu
hoffen, dass die Projektverantwortlichen für diese Nachfolgeverfahren nicht wie bei ELENA dabei stehen bleiben, das immer schwieriger zu handhabende System elektronischer Einkommensnachweise mit mehr als hundert
unterschiedlichen Einkommensbegriffen und vielfältigen,
teilweise zweifelhaften Übermittlungspraktiken elektronisch abzubilden. Vielmehr muss untersucht werden, wie
sich dieses komplexe System vereinfachen lässt. Ein
positiver Nebeneffekt könnten dabei Lösungen sein, die
mit weniger Daten und reduzierten Datenübermittlungen
auskommen.
4.2.1

Das Ende des ELENA-Verfahrens –
unsanft entschlafen

Das ELENA-Verfahren, wurde im Jahr 2011 beendet. Allerdings gilt auch hier vielleicht das Sprichwort: „Wo

Drucksache 17/13000

sich eine Tür schließt, geht eine andere Tür (hier: zwei
Türen) wieder auf“.
Über das Verfahren „Elektronischer Entgeltnachweis
(ELENA-Verfahren)“, das ursprünglich einmal „JobCardVerfahren“ hieß, habe ich seit meinem 20. TB regelmäßig
berichtet (20. TB Nr. 4.1.1.1, zuletzt 23. TB Nr. 11.1.3.).
Seit dem 1. Januar 2010 wurde eine große Anzahl von
Entgeltbescheinigungsdaten aller Beschäftigten in
Deutschland in einer riesigen Datenbank gespeichert. Im
Jahr 2011 wurde das Verfahren – für manchen unerwartet –
schließlich von den zuständigen Ministerien beendet und
das entsprechende Gesetz durch den Bundestag aufgehoben.
Das Verfahren stand stets – auch aus datenschutzrechtlichen Gründen – in der Kritik. Das Bundesverfassungsgericht nahm 2010 mehrere Verfassungsbeschwerden von
Arbeitgebern an, zu denen ich eine gutachterliche Stellungnahme abgegeben habe. Bevor es aber eine Entscheidung über die Verfassungsmäßigkeit des ELENA-Verfahrens treffen konnte, beschloss die Bundesregierung 2011,
das ELENA-Verfahren möglichst schnell zu beenden. Begründet wurde dies damit, dass sich die aus Datenschutzgründen erforderlichen Signaturkarten nicht schnell
genug verbreiten würden. Die Verfassungsbeschwerdeverfahren wurden mittlerweile eingestellt. Ich bedauere
es, dass damit die Frage der Verfassungsmäßigkeit des
ELENA-Verfahrens, die ein Jahrzehnt lang die Diskussion begleitet hat, nicht höchstrichterlich beantwortet
wurde.
Der Gesetzgeber hob die ELENA betreffenden gesetzlichen Regelungen durch Gesetz vom 23. November 2011
(BGBl. I S. 2298) auf, das am 3. Dezember 2011 in Kraft
trat. Bereits drei Tage später habe ich den Datenbankhauptschlüssel vernichtet. Nur mit diesem digitalen
Schlüssel war der Zugriff auf die in der ersten Phase des
Projekts bereits seit 2010 verschlüsselt gespeicherten Entgeltdaten von mehr als 35 Millionen Arbeitnehmern möglich. Sowohl die Datenstelle der Träger der Rentenversicherung (DSRV) als Betreiberin der ELENA-Datenbank
als auch die Fa. ITSG als ehemalige „Registratur Fachverfahren“ haben aufgrund der hohen technischen Sicherheitsstandards beim ELENA-Verfahren sowie wegen der
Sensibilität der Daten und nicht zuletzt, weil das Verfahren im kritischen Blick der Öffentlichkeit stand, Löschverfahren entwickelt, die den Sicherheitsstandards für die
Löschung staatlicher Geheimnisse entsprechen. Die Löschung der Daten ist sowohl bei der DSRV als auch bei
der Fa. ITSG unter meiner sowie unter Kontrolle des
Bundesamtes für die Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) erfolgreich durchgeführt worden. Die Daten
sind nun auch physikalisch nicht mehr vorhanden.
Bereits mit der Verkündung der Entscheidung, das
ELENA-Verfahren einstellen zu wollen, haben das
BMWi und das BMAS in einer gemeinsamen Erklärung
die Erarbeitung eines Konzeptes zu einem elektronischen
Meldeverfahren angekündigt, bei dem die von der Wirtschaft für das ELENA-Verfahren gemachten Investitionen berücksichtigt würden. Mittlerweile hat die Bundesregierung entsprechende Nachfolgeverfahren aufgesetzt.

BfDI 24. Tätigkeitsbericht 2011-2012

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