Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
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personenbezogener Daten an die zentrale Stelle oder das
rabattverpflichtete Unternehmen. Allerdings erlaubt das
Gesetz über Rabatte für Arzneimittel dem rabattverpflichteten pharmazeutischen Unternehmer, „in begründeten
Fällen sowie in Stichproben“ die Prüfung der Rabattabrechnung durch einen Treuhänder. Gegen diese Praxis
und das einzuführende Treuhänderverfahren in der Beihilfe hatte ich gegenüber dem BMI datenschutzrechtliche
Bedenken geäußert, die insbesondere die Vereinbarkeit
mit den Regelungen des § 108 Absatz 1 Satz 5 und § 113
Absatz 2 Satz 3 BBG betrafen.
Die fehlenden beamtenrechtlichen Vorgaben wurden zwischenzeitlich ergänzt. Durch den entsprechenden Zusatz
in § 113 Absatz 2 BBG sind Verfahren, mit denen Rabatte
oder Erstattungen geltend gemacht werden, nunmehr berücksichtigt.
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Verteidigung und Bundesfreiwilligendienst
14.1
Feldpost aus Afghanistan
Ein böser Verdacht hat sich nicht bestätigt.
Im Januar 2011 schreckten mich Presseberichte auf, Postsendungen deutscher Soldaten aus Afghanistan an ihre
Angehörigen in Deutschland seien geöffnet und zum Teil
ohne Inhalt angekommen. Die Vermutungen beruhten auf
Beschwerden an den Wehrbeauftragten des Deutschen
Bundestags. Ich bat das Bundesministerium der Verteidigung (BMVg) um Auskunft, woraufhin der Beauftragte
für den Datenschutz in der Bundeswehr (BfDBw) umgehend die ihm vorliegenden Informationen übersandte und
mitteilte, dass er bereits mit der datenschutzrechtlichen
Prüfung der Vorfälle begonnen habe. Daneben hätten
auch das Einsatzführungskommando der Bundeswehr
sowie das Streitkräfteunterstützungskommando Ermittlungen aufgenommen. Auch die zuständige Staatsanwaltschaft hatte im Februar 2011 ein Ermittlungsverfahren
gegen Unbekannt eingeleitet. Es bestand der Verdacht,
die Postsendungen seien in Deutschland unerlaubt geöffnet worden. Schließlich führte auch die Deutsche
Post AG in ihrem Zuständigkeitsbereich Untersuchungen
durch.
Alle Stellen fanden nach Abschluss ihrer Ermittlungen
keine Anhaltspunkte dafür, dass Postsendungen systematisch geöffnet und Gegenstände entwendet worden waren.
Verletzungen des Postgeheimnisses (Artikel 10 GG)
konnten nicht festgestellt werden. Auffällig viele Verdachtsfälle betrafen Speichermedien, wie beispielsweise
Micro-SD-Karten, die in DIN-A5-Briefumschlägen verschickt worden waren. Die Briefe wiesen alle an der gleichen Stelle eine Öffnung vor. Wie die staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen ergaben, waren die Beschädigungen
aller Wahrscheinlichkeit nach durch eine Sortiermaschine
verursacht worden. Erkennen die Postmitarbeiter nicht,
dass sich im Umschlag ein Gegenstand befindet, wird der
Brief in eine Sortiermaschine eingelegt. Die Speichermedien werden dann durch die Maschine herausgedrückt.
Wird dies anschließend erkannt, werden die Briefe verschlossen und der Adressat wird durch ein mitgesendetes
Anschreiben auf den Grund der Beschädigung hingewie-
Drucksache 17/13000
sen. Die herausgedrückten Gegenstände werden täglich
eingesammelt, können bei ca. 40 000 Briefen aber nicht
mehr zugeordnet werden. Die gesammelten Gegenstände
werden für ein Jahr aufbewahrt, Speichermedien anschließend vernichtet.
In zahlreichen Verdachtsfällen konnte somit eine wahrscheinliche Ursache für die Beschädigungen und den Verlust der Speichermedien identifiziert werden. Weitere
Fälle konnten durch die Staatsanwaltschaft aufgeklärt
werden (Paket wurde verspätet zugestellt oder rechtmäßig
durch den Zoll geöffnet, zusätzlich angebrachte Verklebungen zum Schutz vor Witterungseinflüssen). Lediglich
in einem Fall bestand der Verdacht eines Diebstahls, der
aber nicht mehr aufgeklärt werden konnte.
Das BMVg und der BfDBw haben mir in dieser Angelegenheit alle erforderlichen Informationen zeitnah zur Verfügung gestellt und damit ein Beispiel für gute Zusammenarbeit gegeben.
14.2
Wehrrechtsänderungsgesetz 2011 –
das Ende der Wehrpflicht?
Die Aussetzung der Wehrpflicht hat zahlreiche Auswirkungen – auch für den Datenschutz.
Der Gesetzgeber hat mit dem Gesetz zur Änderung wehrrechtlicher Vorschriften vom 28. April 2011 (Wehrrechtsänderungsgesetz 2011 – WehrRÄndG) die Aussetzung
des allgemeinen Grundwehrdienstes zum 1. Juli 2011 beschlossen.
Was geschieht mit den personenbezogenen Daten der ausscheidenden Soldaten und Mitarbeiter? Wie lange dürfen
Akten mit Personaldaten aufbewahrt werden und welche
Rechtsgrundlagen gelten hierfür? Werden die neuen
Dienste (freiwilliger Wehrdienst und Bundesfreiwilligendienst) datenschutzkonform durchgeführt? Diesen Fragen
war im Rahmen von Beratungs- und Kontrollbesuchen
sowie den inhaltlich damit im Zusammenhang stehenden
Bürgereingaben nachzugehen.
14.2.1 Aussetzung des Zivildienstes
Als Folge der Aussetzung des Wehrdienstes wurde auch
der Zivildienst für anerkannte Kriegsdienstverweigerer
zum 1. Juli 2011 ausgesetzt.
Die Änderung des Zivildienstgesetzes (ZDG) erfolgte in
Artikel 3 des Gesetzes zur Einführung eines Bundesfreiwilligendienstes vom 28. April 2011. Nach § 1a ZDG
wird der Zivildienst nur noch im Spannungs- oder Verteidigungsfall abgeleistet werden. Infolge der Aussetzung
haben sich die Aufgaben im Bundesamt für Familie und
zivilgesellschaftliche Aufgaben (BAFzA, ehemals Bundesamt für Zivildienst) erheblich verändert. Eine Vielzahl
der bisherigen Aufgaben ist entfallen.
Ob die Verfahren bei der Abwicklung des Zivildienstes
den datenschutzrechtlichen Grundsätzen entsprechen,
habe ich bei einem Beratungs- und Kontrollbesuch im
BAFzA überprüft. Bei der Kontrolle habe ich insoweit
keine datenschutzrechtlichen Mängel festgestellt und
konnte mich von einem kompetenten und datenschutzgerechten Umgang der Mitarbeiter mit den Akten und Daten
BfDI 24. Tätigkeitsbericht 2011-2012