Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

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rechtigten Stellen um die zugelassenen kommunalen Träger nach § 6a SGB II vor.
In technischer Hinsicht ist der Zugang nicht nur von der
Eingabe einer autorisierten Nutzername/Passwort-Kombination abhängig, zugleich werden clientseitige SSL-Zertifikate zur Authentisierung verwendet. Meine Forderung
nach einer verbesserten Protokollierung der Anfragen
wurde umgesetzt. Hierdurch sind das Datum, die Uhrzeit,
der jeweilige Nutzer und seine Transaktion ohne Schwierigkeiten nachvollziehbar. Ebenso ist die DRV Bund
meinem Wunsch nach Dokumentierung der Zertifikatsvergabe an abfragende Sozialleistungsträger nachgekommen. Nach meiner datenschutzrechtlichen Bewertung hat
das Bundesministerium für Arbeit und Soziales im November 2010 den Dauerbetrieb genehmigt.
Ich habe die Zusage, bei zukünftigen Änderungen und
Fortentwicklungen – insbesondere im Hinblick auf spätere zusätzliche Dienste des Portals – weiterhin beteiligt
zu werden.
11.3

Pflegeversicherung – Neue Wege im
Pflege-Neuausrichtungs-Gesetz

Das Pflege-Neuausrichtungs-Gesetz enthält deutliche
Verbesserungen bei den Leistungen für Demenzerkrankte
und den Rechten Angehöriger. Erstmals wird der Kreis
der Gutachter für die Feststellung der Pflegebedürftigkeit
über den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung
hinaus auf andere unabhängige Gutachter erweitert. Das
Gesetz normiert Wahlrechte der Betroffenen und nimmt
wichtige datenschutzrechtlich relevante Änderungen vor.
Das Gesetz zur Neuausrichtung der Pflegeversicherung
(Pflege-Neuausrichtungs-Gesetz (PNG) vom 23. Oktober 2012, BGBl. I S. 2246) ist in seinen wesentlichen
Teilen am 30. Oktober 2012 in Kraft getreten. Mit dem
Gesetz werden auch verschiedene datenschutzrechtlich
relevante Änderungen in die gesetzliche Pflegeversicherung eingeführt. So werden etwa bei der Beurteilung der
Pflegequalität die Pflegedokumentationen, die Inaugenscheinnahme der Pflegebedürftigen und Befragungen der
Beschäftigten der Pflegeeinrichtungen sowie der Pflegebedürftigen, ihrer Angehörigen und der vertretungsberechtigten Personen berücksichtigt. Wenn diese Ergebnisse für die Erstellung eines Prüfberichts herangezogen
werden sollen, ist die Einwilligung der betroffenen Pflegebedürftigen erforderlich.
Um die Leistungen der gesetzlichen Pflegeversicherung
zu beschleunigen, muss nicht mehr ausschließlich der
Medizinische Dienst der Krankenversicherung (MDK)
mit der Beauftragung eines Gutachtens zur Feststellung
der Pflegebedürftigkeit beauftragt werden. Erstmalig ist
auch die Vergabe von Gutachten an einen von der Pflegekasse beauftragten Gutachter außerhalb des MDK möglich. Auf meine Initiative hin sind dabei einem Versicherten, der einen Antrag auf Anerkennung einer Pflegestufe
stellt, mindestens drei unabhängige Gutachter zur Auswahl zu benennen. Hat sich der Antragsteller für einen
benannten Gutachter entschieden, ist seinem Wunsch
Rechnung zu tragen. Positiv bewerte ich zudem, dass ein

Drucksache 17/13000

Antragsteller grundsätzlich das Recht darauf hat, das erstattete Gutachten ausgehändigt zu bekommen. Für die
Beauftragung von anderen unabhängigen Gutachtern
durch die Pflegekassen im Verfahren zur Feststellung der
Pflegebedürftigkeit soll der Spitzenverband Bund der
Pflegekasse bis zum 31. März 2013 Richtlinien für die
Zusammenarbeit erlassen, die für die Pflegekassen verbindlich sind. Im Rahmen des Genehmigungsverfahrens
durch das BMG soll auch ich beteiligt werden und erneut
auf die Einhaltung datenschutzrechtlicher Grundsätze und
auf datenschutzfreundliche Lösungen hinwirken.
11.4

Unfallversicherung

11.4.1

Erfahrungen bei Gutachten in der Unfallversicherung – eine „never ending
story“

Die Probleme bei der Umsetzung der Gutachterregelung
in der gesetzlichen Unfallversicherung sind immer noch
nicht gelöst. Die beabsichtigte Transparenz der Verfahren
und Stärkung der Mitwirkungsrechte der Versicherten
wurden nicht erreicht.
Schwerpunkt der Kontrollen bei der Berufsgenossenschaft der Bauwirtschaft (BG Bau) und der Berufsgenossenschaft Handel und Warendistribution (BGHW) war
die Handhabung der seit ihrem Inkrafttreten zum 1. Juli
1997 umstrittenen Gutachterregelung des § 200 Absatz 2
SGB VII. Die Kontrollen haben – wie auch eine Vielzahl
von Eingaben zu dieser Thematik – gezeigt, dass weiterhin dringender Handlungsbedarf zur Klarstellung dieser
Regelung besteht. Bereits in meinem 22. Tätigkeitsbericht hatte ich über die schwerwiegenden Probleme bei
der Abgrenzung eines Gutachtenauftrags nach § 200 Absatz 2 SGB VII und der Einholung einer bloßen beratungsärztlichen Stellungnahme berichtet, die auch durch
die grundsätzlichen Urteile des Bundessozialgerichts vom
5. Februar 2008 – B 2 U 8/07 R und B 2 U 10/07 R –
nicht gelöst wurden (vgl. 22. TB Nr. 10.3.1). Mit der
Deklarierung als „beratungsärztliche Stellungnahme“
verkürzen die Berufsgenossenschaften die Rechte der
Versicherten, denen bei einer Beauftragung eines Sachverständigen mit der Erstellung eines Gutachtens nach
§ 200 Absatz 2 SGB VII ein Auswahlrecht hinsichtlich
des Gutachters sowie das Widerspruchsrecht nach § 76
Absatz 2 SGB VII zugestanden hätte.
In dem von der BGHW entwickelten „Leitfaden für die
Sachbearbeitung zur Gutachterauswahl nach § 200 Absatz 2 SGB VII“ wird die Entscheidung, ob ein Gutachtenauftrag erteilt oder eine Stellungnahme eines beratenden Arztes eingeholt wird, praktisch in das Belieben des
Unfallversicherungsträgers gestellt. Nach dem „Leitfaden“ wird unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des
Bundessozialgerichts neben den inhaltlichen Abgrenzungskriterien großes Gewicht auf formale Kriterien gelegt. Anhaltspunkte für ein Gutachten sind danach, ob
dieses bei der Anforderung als solches bezeichnet oder
als solches erstellt oder abgerechnet wird. Diese Kriterien
sind völlig ungeeignet. Die Begriffe „Gutachten“ und
„beratungsärztliche Stellungnahme“ sind fast synonym
gebräuchlich und beliebig austauschbar.

BfDI 24. Tätigkeitsbericht 2011-2012

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