Drucksache 17/13000
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deutigen Identifizierung der Steuerpflichtigen im Besteuerungsverfahren. Vor dem Hintergrund der stetig zunehmenden elektronischen Übermittlung von steuerlichen
Daten an die Finanzverwaltung soll sie die unverwechselbare Zuordnung dieser Daten zu einer bestimmten Person
ermöglichen (z. B. bei Rentenbezugsmitteilungen oder
Kontrollmitteilungsverfahren). Ziel ist die Gewährleistung einer gleichmäßigen Besteuerung und die Verhinderung etwaigen Missbrauchs.
In diesem Zusammenhang hat der Bundesfinanzhof die
Steuer-ID als verfassungsgemäß eingestuft, da das Interesse der Allgemeinheit an einer gleichmäßigen Besteuerung den Eingriff in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung rechtfertige (BFH, Urteil vom 18. Januar
2012, II R 49/10), wobei aber der strikte Grundsatz der
Zweckbindung und die Erforderlichkeit beachtet werden
müssten. Dem Gesetzgeber steht es daher nicht frei, den
Einsatz der Steuer-ID beliebig zu erweitern, da sich aus
den datenschutzrechtlichen Anforderungen, die auch in
§ 139b Absatz 2 bis 5 Abgabenordnung bereichsspezifisch verankert wurden, strikte Grenzen ergeben.
Doch schon jetzt können andere Stellen wie Arbeitgeber,
Rentenversicherungsträger, Träger der Sozialleistungen,
Krankenkassen, Kreditinstitute und Kindergeldkassen die
Steuer-ID in – allerdings eng umgrenzten – Fällen verwenden. Ich werde mich auch weiterhin gegen die weitere Ausdehnung des Verwendungsbereichs der Steuer-ID
einsetzen. Immerhin habe ich unlängst gemeinsam mit
dem Bundesministerium der Justiz erreichen können,
dass in einen Referentenentwurf des Bundesministeriums
der Finanzen für eine Verordnung zum Erlass und zur Änderung steuerlicher Verordnungen die Verwendung der
Steuer-ID mangels Erforderlichkeit doch nicht aufgenommen wurde.
Neuvergabe der Steuer-ID bei Adoptionen und
Zeugenschutzprogrammen
Nach der bisherigen Gesetzeslage soll die Steuer-ID für
jede natürliche Person nur einmal vergeben werden, um
so eine hinreichende Beständigkeit und Eindeutigkeit der
Zuordnung zu gewährleisten. Dieser Grundsatz ist zwar
durchaus sinnvoll, er kann in bestimmten Fällen aber
auch erhebliche Risiken bergen, sofern in Ausnahmekonstellationen nicht von ihm abgewichen werden kann. Gerade bei Adoptionen oder Transsexuellen oder Personen,
die dem Zeugenschutz unterfallen wäre eine Rückverfolgbarkeit zur alten Identität aufgrund der weiter bestehenden Steuer-ID grundsätzlich möglich. Dies widerspricht aber dem besonderen Schutz dieser sensiblen
Daten, wie er etwa im BDSG, im Zeugenschutz-Harmonisierungsgesetz, im Transsexuellengesetz und auch durch
das Adoptionsgeheimnis gewährleistet wird.
Das Recht auf informationelle Selbstbestimmung aus Artikel 2 Absatz 1 i. V. m. Artikel 1 Absatz 1 Grundgesetz
(GG) enthält auch das Recht des selbst gesteuerten Identitätsmanagements. Bei Sachverhalten, die durch eine
besondere Schutzbedürftigkeit der jeweiligen personenbezogenen Daten gekennzeichnet sind, können weitere
BfDI 24. Tätigkeitsbericht 2011-2012
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
Verfassungswerte (Adoption – Artikel 6 GG; Zeugenschutz – Artikel 2 Absatz 2 GG) den Schutzanspruch erhöhen, sodass angemessene gesetzgeberische Maßnahmen zu treffen sind. Die lebenslange Beibehaltung der
gleichen Steuer-ID kann in den vorstehend geschilderten
Sachverhalten zu empfindlichen Schutzeinbußen führen,
vor allem da eine weitreichende Streuung und Nutzung
der Steuer-ID alles andere als ausgeschlossen ist. Gerade
eine solche Rekonstruktion soll aber in Fällen der berechtigten Änderung von Identitätsmerkmalen nicht möglich
sein, wie sich eindeutig aus den gesetzlichen Wertungen
ergibt. Dementsprechend erachte ich es in den vorgenannten Fällen (Adoption, Transsexuelle, Zeugenschutz) für
geboten, eine mögliche Neuvergabe der Steuer-ID gesetzlich zu verankern.
Steuer-ID: Keine Löschung unter dieser Nummer?
Die Löschung einer irrtümlich vergebenen Steuer-ID erweist sich momentan noch als unnötig schwierig. Ein Petent, der seit 1997 ausschließlich die französische Staatsangehörigkeit besitzt, bat mich, für ihn die Löschung der
Steuer-ID beim Bundeszentralamt für Steuern (BZSt)
durchzusetzen. Dem Petenten war auf Hinweis seiner
Krankenversicherung vom BZSt irrtümlich eine SteuerID zugeteilt worden, obwohl er nicht mehr in Deutschland steuerlich geführt wurde und eine Steuer-ID dementsprechend auch nicht hätte vergeben werden dürfen.
Ich habe daher das BZSt darum gebeten, eine Löschung
dieser Steuer-ID vorzunehmen und den Petenten hierüber
zu informieren. Zwar hat das BZSt dies zugesagt, aber
gleichzeitig darauf verwiesen, eine Löschung sei momentan noch nicht möglich, da sich ein entsprechendes Verfahren erst in der Vorbereitung befinde. Wie § 20 Absatz 2 Nummer 1 BDSG unmissverständlich vorgibt, sind
personenbezogene Daten zu löschen, wenn ihre Speicherung unzulässig ist. Um eine Umsetzung dieser Verpflichtung zu gewährleisten, ist die jeweilige verantwortliche
Stelle gehalten, entsprechende Verfahren vorzuhalten.
Diese technischen und organisatorischen Maßnahmen
sind erforderlich, um eine gesetzeskonforme Durchsetzung des Datenschutzes zu gewährleisten. Eine endgültige Antwort des BZSt zur Löschung der Steuer-ID steht
noch aus. Ich werde das Verfahren weiterhin kritisch begleiten.
9.3
Jahressteuergesetz 2013 – Kirchensteuerabzug nicht datenschutzkonform
Das automatisierte Verfahren für den Kirchensteuerabzug
auf Kapitalerträge ist auch in seiner derzeitigen Ausgestaltung datenschutzrechtlich problematisch.
In meinem 23. TB (Nr. 9.5) habe ich Mängel des automatisierten Verfahrens für den Kirchensteuerabzug auf
Kapitalerträge eingehend dargestellt. Da es sich bei der
Religionszugehörigkeit um ein besonders sensibles persönliches Merkmal handelt (vgl. § 3 Absatz 9 BDSG),
sind auch entsprechend hohe datenschutzrechtliche Anforderungen an den Umgang damit zu stellen.