Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode
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Zusammenfassende Bewertung
Die Bekämpfung des internationalen Terrorismus stellt
als globale Herausforderung nach wie vor die zentrale
Aufgabe der deutschen Sicherheitsbehörden dar. Die Anschläge des 11. September 2001 in den Vereinigten Staaten mit über 3 000 Toten und die zahlreichen Anschläge
danach mit einer Vielzahl von Toten und Verletzten überall in der Welt verstärken die Furcht vieler, unvermittelt
und unvorbereitet Opfer von Terrorakten zu werden. Die
gesamte zivilisierte Welt ist dadurch in ihrem Sicherheitsempfinden nachhaltig erschüttert worden. Die unmenschlichen terroristischen Akte der letzten Jahre haben auch
deutlich gemacht, wie verletzlich offene Gesellschaften
gegen derartige Angriffe sein können und wie wichtig es
ist, gerade als freiheitlich demokratische Gesellschaft abwehrbereit zu sein.
Im Zielspektrum islamistischer Terroristen stehen zwar
vor allem die Vereinigten Staaten, Großbritannien und
Israel sowie deren Einrichtungen im Ausland, das militärische Engagement Deutschlands bei der Bekämpfung
des internationalen Terrorismus hat die abstrakte Anschlagsgefahr aber auch in Deutschland erhöht. Darüber
hinaus sind auch immer wieder deutsche Staatsbürger als
Touristen oder als Soldaten im Einsatz für internationale
Friedenstruppen Opfer dieser barbarischen Anschläge geworden.
Eine wichtige Aufgabe der Sicherheitsbehörden wie auch
der sie kontrollierenden Gremien muss demnach auch in
Zukunft darin bestehen, unter Einsatz aller rechtsstaatlichen Mittel einerseits ein größtmögliches Maß an
Sicherheit für die Bürgerinnen und Bürger in unserem
Land zu garantieren, dabei andererseits aber die Bedürfnisse jedes Einzelnen auf Schutz seiner Privatsphäre und
seiner grundgesetzlich geschützten Positionen im Rahmen der freiheitlichen Ordnung möglichst weitgehend zu
wahren.
Neben der Bekämpfung des internationalen Terrorismus
bergen auch die Proliferation von Massenvernichtungswaffen, die Geldwäsche und der internationale Drogenhandel große Gefahren für das Gemeinwesen. Daher
bleibt eine frühzeitige und umfassende Information der
Bundesregierung durch einen leistungsfähigen Auslandsnachrichtendienst zur Abwehr von Gefahren vor allem in
diesen Bereichen dringend geboten.
Auch die drohenden Gefahren im Inland auf den Gebieten
des Rechts-, Links- und Ausländerextremismus sowie die
Spionageabwehr erfordern gut funktionierende und motivierte Inlandsnachrichtendienste.
Die deutschen Nachrichtendienste haben in den letzten
Jahren – nicht zuletzt auch durch eine verstärkte Öffentlichkeitsarbeit – gezeigt, dass sie ein wichtiger Bestandteil unserer wehrhaften Demokratie sind. Bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben sind sie wie alle staatliche
Gewalt an Recht und Gesetz gebunden. Sie unterliegen in
vielfältiger Weise – teilweise stärker als andere Bereiche
staatlichen Handelns – einer besonders strengen Kontrolle. Diese beginnt bei der Fach- und Rechtsaufsicht
durch das jeweils zuständige Ministerium bzw. das Bun-
Drucksache 15/4437
deskanzleramt, setzt sich fort über die Kontrolle durch
einzelne Abgeordnete, das Plenum des Deutschen Bundestages, Fachausschüsse, den Bundesbeauftragten für
den Datenschutz und den Bundesrechnungshof bis hin zur
besonders ausgestalteten Kontrolle durch das Parlamentarische Kontrollgremium, das Vertrauensgremium des
Haushaltsausschusses sowie die G10-Kommission. Darüber hinaus wird ihre Tätigkeit begleitet durch eine besonders kritische Öffentlichkeit in Presse und Medien.
Für das Parlamentarische Kontrollgremium hat sich auch
im vorliegenden Berichtszeitraum erneut der Eindruck
bestätigt, dass die Bundesregierung das Gremium in aller
Regel angemessen unterrichtet hat. Dies gilt auch für die
Informationen durch die Nachrichtendienste. Lediglich in
zwei Fällen hätte sich das Gremium eine etwas frühzeitigere Unterrichtung gewünscht. Dabei erfolgte die Unterrichtung in einem Fall erst auf Vorhalt durch das Gremium. Die diesbezügliche Kritik des Gremiums ist aber
von der Bundesregierung aufgenommen worden. Es
wurde zugesagt, in Zukunft eine möglichst zeitnahe Unterrichtung vorzusehen.
Das Gremium stellt für den ersten Berichtszeitraum dieser 15. Wahlperiode fest, dass die Nachrichtendienste
ihrem gesetzlichen Auftrag entsprechend und mit nicht
nachlassendem Engagement gearbeitet haben. Die
Dienste haben insbesondere auch hinsichtlich der Durchführung von Beschränkungsmaßnahmen im Bereich
grundgesetzlich geschützter Bürgerrechte sehr verantwortlich gehandelt und ihre Tätigkeit äußerst gewissenhaft ausgeübt, um die innere und äußere Sicherheit der
Bundesrepublik Deutschland zu bewahren.
I.
Grundlagen der Berichtspflicht
Nach § 6 des Gesetzes über die parlamentarische Kontrolle nachrichtendienstlicher Tätigkeit des Bundes (Kontrollgremiumgesetz – PKGrG) vom 11. April 1978
(BGBl. I S. 453), zuletzt geändert durch Artikel 3 des Gesetzes vom 26. Juni 2001 (BGBl. I S. 1254,1260), erstattet das Parlamentarische Kontrollgremium in der Mitte
und am Ende jeder Wahlperiode dem Deutschen Bundestag einen Bericht über seine Kontrolltätigkeit. Dabei ist
das Gremium gehalten, der Verpflichtung zur Geheimhaltung nach § 5 Abs. 1 PKGrG Rechnung zu tragen.
Das Parlamentarische Kontrollgremium hat seinen letzten
Bericht am 4. Juli 2002 (Bundestagsdrucksache 14/9719),
zum Ende der 14. Wahlperiode, vorgelegt. Der Bericht
behandelte den Zeitraum von Juli 2000 bis Juli 2002. Der
nunmehr vorgelegte Bericht setzt die Berichterstattung
für die 15. Wahlperiode fort und umfasst den Berichtszeitraum von August 2002 bis Oktober 2004.
Ältere Berichte des Gremiums sind für den Zeitraum von
Juli 1998 bis Juni 2000 in Bundestagsdrucksache 14/3552
sowie für den Zeitraum von Juli 1996 bis Juni 1998 damals noch unter dem Namen Parlamentarische Kontrollkommission in Bundestagsdrucksache 13/11233, für den
Zeitraum von Juli 1994 bis Juni 1996 in Bundestagsdrucksache 13/5157 und für den Zeitraum von Juli 1993 bis Juni 1994 in Bundestagsdrucksache 12/8102 veröffentlicht.