Drucksache 18/7423
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Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
den fehlenden gerichtlichen Rechtsschutz diene. Ihre Kontrollfunktion erstreckt sich in erster Linie auf die
angeordneten, aber noch nicht vollzogenen Beschränkungsmaßnahmen, die sie zu genehmigen oder abzulehnen hat. Sie hat weiter die Genehmigung zu erteilen, wenn einem Betroffenen die Beschränkungsmaßnahme
nicht mitgeteilt werden soll (§ 12 Absatz 1 Satz 5 G 10) und von Amts wegen sowie insbesondere auf Beschwerden eines Bürgers tätig zu werden, wenn er sein Grundrecht aus Artikel 10 GG verletzt glaubt (BVerfG,
a.a.O., Rn. 4).
Im Rahmen der monatlichen Sitzungen der G 10-Kommission wurden alle im Berichtszeitraum zur Entscheidung anstehenden Beschränkungsmaßnahmen nach Einsichtnahme in die betreffenden Originalakten sowie
nach ausführlicher Unterrichtung durch die in der Sitzung anwesenden Mitarbeiter der beantragenden Nachrichtendienste, der betroffenen Ministerien und des Bundeskanzleramtes im Detail erörtert und bei Vorliegen
der gesetzlichen Voraussetzungen genehmigt, ergänzt bzw. verlängert. Zu besonderen Vorkommnissen und
aktuellen Entwicklungen in ihrem Zuständigkeitsbereich erbat die Kommission im Bedarfsfall ausführliche
Berichte und ließ sich von den Mitarbeitern der Dienste eingehend die näheren Hintergründe erläutern. Darüber
hinaus informierten sich die Mitglieder der Kommission und die Mitarbeiter des Sekretariats im Rahmen von
Informations- und Kontrollbesuchen bei den Diensten über die konkrete Durchführung der betreffenden Maßnahmen und die Einhaltung der gesetzlichen Bestimmungen. In diesem Rahmen wurde die Kommission auch
über technische Neuerungen und aktuelle Entwicklungen unterrichtet. Im Rahmen ihres gesetzlichen Auftrags
entschied die Kommission auf Grund von Beschwerden von Bürgerinnen und Bürgern über die Zulässigkeit
und Notwendigkeit von Beschränkungsmaßnahmen und setzte die Beschwerdeführer über das Ergebnis ihrer
Entscheidung in Kenntnis.
III. Beschränkungen in Einzelfällen nach § 3 G 10
1.
Allgemeine Voraussetzungen
Gemäß § 3 Absatz 1 G 10 in der Fassung vom 31. Juli 2009 durften Beschränkungen des Brief-, Post- und
Fernmeldegeheimnisses nach § 1 Absatz 1 Nummer 1 G 10 in Einzelfällen (sogenannte Individualmaßnahmen) im Berichtszeitraum unter den dort bezeichneten Voraussetzungen angeordnet werden, wenn tatsächliche
Anhaltspunkte für den Verdacht bestehen, dass jemand
1.
Straftaten des Friedensverrats oder des Hochverrats (§§ 80 bis 83 des Strafgesetzbuches),
2.
Straftaten der Gefährdung des demokratischen Rechtsstaates (§§ 84 bis 86, 87 bis 89a des Strafgesetzbuches, § 20 Absatz 1 Nummer 1 bis 4 des Vereinsgesetzes),
3.
Straftaten des Landesverrats und der Gefährdung der äußeren Sicherheit (§§ 94 bis 96, 97a bis 100a des
Strafgesetzbuches),
4.
Straftaten gegen die Landesverteidigung (§§ 109e bis 109g des Strafgesetzbuches),
5.
Straftaten gegen die Sicherheit der in der Bundesrepublik Deutschland stationierten Truppen der nichtdeutschen Vertragsstaaten des Nordatlantikvertrages (§§ 87, 89, 94 bis 96, 98 bis 100, 109e bis 109g
des Strafgesetzbuches in Verbindung mit § 1 des NATO-Truppen-Schutzgesetzes),
6.
Straftaten nach
a) den §§ 129a bis 130 des Strafgesetzbuches sowie
b) den §§ 211, 212, 239a, 239b, 306 bis 306c, 308 Absatz 1 bis 3, § 315 Absatz 3, § 316b Absatz 3 und
316c Absatz 1 und 3 des Strafgesetzbuches, soweit diese sich gegen die freiheitliche Grundordnung,
den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes richten, oder
7.
Straftaten nach § 95 Absatz 1 Nummer 8 des Aufenthaltsgesetzes
plant, begeht oder begangen hat. Gleiches gilt, wenn tatsächliche Anhaltspunkte für den Verdacht bestehen,
dass jemand Mitglied einer Vereinigung ist, deren Zwecke oder deren Tätigkeit darauf gerichtet sind, Straftaten
zu begehen, die gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung, den Bestand oder die Sicherheit des
Bundes oder eines Landes gerichtet sind.
Gemäß § 3 Absatz 2 G 10 ist die Anordnung einer Beschränkungsmaßnahme nur zulässig, wenn die Erforschung des Sachverhalts auf andere Weise aussichtslos oder wesentlich erschwert wäre. Sie darf sich nur gegen
den Verdächtigen (sogenannter Hauptbetroffener) oder gegen Personen richten, von denen auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, dass sie für den Verdächtigen bestimmte oder von ihm herrührende Mitteilungen