Drucksache 19/163
I.

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Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode

Grundlagen der Berichtspflicht

Gemäß Artikel 10 Absatz 1 des Grundgesetzes (GG) sind das Briefgeheimnis sowie das Post- und Fernmeldegeheimnis unverletzlich. Das Grundrecht gewährleistet die freie Entfaltung der Persönlichkeit durch einen privaten, vor der Öffentlichkeit verborgenen Austausch von Kommunikation und schützt damit zugleich die
Würde des Menschen. Es begründet ein Abwehrrecht gegen die Öffnung von Briefen und die Einsichtnahme
in sie sowie gegen das Abhören, die Kenntnisnahme und das Aufzeichnen des Inhalts der Telekommunikation,
aber auch gegen die Erfassung ihrer Umstände, die Auswertung des Inhalts und die Nutzung gewonnener Daten.
Die Kenntnisnahme des Inhalts von Briefen und das Abhören von Telefongesprächen sind ein intensiver Grundrechtseingriff, der umso schwerer wiegt, wenn der Betroffene wegen der gebotenen Heimlichkeit nicht an dem
betreffenden Anordnungsverfahren beteiligt ist.
Beschränkungen des Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnisses dürfen gemäß Artikel 10 Absatz 2 GG nur auf
Grund eines Gesetzes angeordnet werden. Der Anlass, der Zweck und die Grenzen des Eingriffs müssen in der
Ermächtigung nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts bereichsspezifisch, präzise und normenklar festgelegt werden (Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 3. März 2004, 1 BvF 3/92 Rn. 100
bis 102). Dient die Beschränkung dem Schutze der freiheitlichen demokratischen Grundordnung oder des Bestandes oder der Sicherung des Bundes oder eines Landes, so kann das Gesetz bestimmen, dass sie dem Betroffenen nicht mitgeteilt wird und dass an die Stelle des Rechtsweges die Nachprüfung durch von der Volksvertretung bestellte Organe und Hilfsorgane tritt. Eine solche Beschränkung enthält das Gesetz zur Beschränkung des Brief-, Post und Fernmeldegeheimnisses (Artikel 10-Gesetz – G 10).
Gemäß § 1 Absatz 1 Nummer 1 G 10 sind die Verfassungsschutzbehörden des Bundes und der Länder, der
Militärische Abschirmdienst (MAD) und der Bundesnachrichtendienst (BND) berechtigt, zur Abwehr von drohenden Gefahren für die freiheitliche demokratische Grundordnung oder den Bestand oder die Sicherheit des
Bundes oder eines Landes einschließlich der Sicherheit der in der Bundesrepublik Deutschland stationierten
Truppen der nichtdeutschen Vertragsstaaten des Nordatlantikvertrages die Telekommunikation zu überwachen
und aufzuzeichnen sowie die dem Brief- oder Postgeheimnis unterliegenden Sendungen zu öffnen und einzusehen. Nummer 2 der Vorschrift regelt weitere spezifische Befugnisse des BND.
Die weiteren Voraussetzungen richten sich danach, ob Beschränkungen in Einzelfällen gemäß § 3 G 10 (sogenannte Individualmaßnahmen) oder strategische Beschränkungen nach § 5 oder § 8 G 10 für internationale Telekommunikationsbeziehungen vorgenommen werden sollen. Unter den Voraussetzungen des § 7a G 10 darf
der BND durch Beschränkungen nach § 5 Absatz 1 Satz 3 Nummer 2, 3, 7 und 8 G 10 erhobene personenbezogene Daten an mit nachrichtendienstlichen Aufgaben betraute ausländische öffentliche Stellen übermitteln.
Das Parlamentarische Kontrollgremium erstattet dem Deutschen Bundestag gemäß § 14 Absatz 1 Satz 2 G 10
jährlich einen Bericht über Durchführung sowie Art und Umfang der Maßnahmen nach den vorgenannten Vorschriften. Dabei sind die Geheimhaltungsgrundsätze nach § 10 Absatz 1 des Gesetzes über die parlamentarische
Kontrolle nachrichtendienstlicher Tätigkeit des Bundes (Kontrollgremiumgesetz – PKGrG) zu beachten.
Seinen letzten Bericht hat das Gremium am 16. Februar 2017 (Bundestagsdrucksache 18/11227) vorgelegt. Er
erstreckte sich auf den Zeitraum vom 1. Januar bis zum 31. Dezember 2015. Der vorliegende Bericht setzt diese
Berichterstattung fort und umfasst den Zeitraum vom 1. Januar bis zum 31. Dezember 2016.
II.

Kontrolle der Beschränkungsmaßnahmen nach dem G 10

Gemäß § 1 Absatz 2 G 10 unterliegen Beschränkungsmaßnahmen, die von Behörden des Bundes durchgeführt
werden, der Kontrolle durch das Parlamentarische Kontrollgremium und durch eine besondere Kommission
(G 10-Kommission). Werden solche Maßnahmen von Behörden der Länder durchgeführt, obliegt die Kontrolle
entsprechenden Gremien auf Länderebene. Angesichts der Bedeutung des Grundrechts aus Artikel 10 und der
Schwere des jeweiligen Eingriffs tragen die Nachrichtendienste, die beteiligten Ministerien und die sie kontrollierenden Gremien im gesamten Prozess der Beantragung, Genehmigung, Durchführung, Beendigung und Mitteilung einer Beschränkungsmaßnahme und der betreffenden Erhebung, Verarbeitung, Nutzung und Übermittlung personenbezogener Daten sowie der Entscheidung über die Mitteilung an Betroffene eine hohe Verantwortung.

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