Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

Das BMJ hat die aus dem Jahre 1985 stammenden
Verwaltungsvorschriften zum BZRG neu gefasst und aktualisiert. So ist nun im Regelfall die Anlieferung von Informationen auf elektronischem Wege in einem automatisierten Mitteilungs- und Auskunftsverfahren (AuMiAu)
vorgesehen. Gegenüber dem BMJ hatte ich Vorbehalte
hinsichtlich der im Entwurf der neuen Verwaltungsvorschrift enthaltenen Übermittlungsvariante geäußert, dringende Anfragen auch telefonisch oder per Telefax an das
Bundesamt für Justiz richten zu können. Bei dieser Verfahrensweise kann das BMJ die Identität und Berechtigung der Antrag stellenden Person nicht angemessen
prüfen, so dass sensible Daten aus dem Bundeszentralregister in falsche Hände gelangen könnten. Daher begrüße
ich es, dass die am 1. Januar 2009 in Kraft getretene Verwaltungsvorschrift zum BZRG meine Bedenken berücksichtigt.
4.7

Nachrichtendienste

4.7.1

Bundesamt für Verfassungsschutz

Drucksache 16/12600

– 61 –

Bei der Erteilung von Auskünften an die Betroffenen legt
das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) einen zu
strengen Maßstab an und missachtet damit einen bereits
im Jahre 1993 gefassten Beschluss des Deutschen Bundestages.
Im Berichtszeitraum haben mich mehrere Eingaben betroffener Bürger erreicht, die sich darüber beklagten, dass
das BfV nur unzureichend Auskunft über dort gespeicherte Daten erteilt hat. Nach § 15 Absatz 1 BVerfSchG
erteilt das BfV dem Betroffenen über die zu seiner Person
gespeicherten Daten auf Antrag unentgeltlich Auskunft,
soweit er hierzu auf einen konkreten Sachverhalt hinweist
und ein besonderes Interesse an einer Auskunft darlegt.
Die Auskunft des BfV beschränkte sich in vielen Fällen
auf den vorgetragenen Sachverhalt. In den meisten dieser
Fälle lagen zu den vorgetragenen Sachverhalten keine
Datenspeicherungen vor. Eine weitergehende Auskunft
zu sonstigen, von dem Betroffenen nicht angesprochenen
Sachverhalten kommt aus Sicht des BfV auch nicht im
Wege des Ermessens in Betracht, da ihr die Ausforschungsgefahr entgegenstehe.
Angesichts der herausragenden Bedeutung des Auskunftsrechts für die Wahrung des Grundrechts auf informationelle Selbstbestimmung halte ich diese Praxis für
nicht hinnehmbar. Sie beruht aus meiner Sicht auf einer
Fehlinterpretation des § 15 BVerfSchG und steht auch im
Widerspruch zu dem Beschluss des Deutschen Bundestages vom 5. Februar 1993 (vgl. Bundestagsdrucksache 12/4094), in dem der Bundesregierung empfohlen
wird, den Umfang der Auskunft nicht zwingend auf Speicherungen zu dem vorgetragenen Sachverhalt zu beschränken. Jedenfalls rechtfertigt die vom BfV herangezogene pauschale Begründung einer latent vorhandenen
abstrakten Ausforschungsgefahr sein Auskunftsverhalten
nicht.

Ich habe daher das BfV aufgefordert, seine Auskunftspraxis verfassungskonform auszugestalten. Eine Antwort
hierzu lag bei Redaktionsschluss nicht vor.
4.7.2

Militärischer Abschirmdienst

Im Rahmen meiner Anhörung zu einer Dateianordnung
hat das BMVg sich geweigert, mir eine zwischen dem
MAD und dem BND getroffene Vereinbarung über die Zusammenarbeit bei besonderen Auslandsverwendungen
der Bundeswehr zu überlassen. Dies habe ich als schwerwiegenden Verstoß gegen die in § 24 Absatz 4 BDSG normierte Mitwirkungspflicht förmlich beanstandet. Eine andere Regelung in dieser Dateianordnung ist mit dem
Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung nicht
vereinbar.
Nach § 8 MADG hat der MAD für jede automatisierte Datei mit personenbezogenen Daten eine Dateianordnung
nach § 14 BVerfSchG zu erstellen, die der Zustimmung des
BMVg bedarf und vor deren Erlass ich anzuhören bin. So
hat mir das BMVg den Entwurf einer Anordnung für eine
Datei zur Anhörung zugeleitet, die als Auswerte- und Organisationsmittel zur Aufgabenerfüllung des MAD während einer besonderen Auslandsverwendung der Bundeswehr gemäß § 14 Absatz 1 MADG genutzt wird. Bei den
Auslandsverwendungen der Bundeswehr arbeiten MAD
und BND eng zusammen. Die Einzelheiten dieser Zusammenarbeit sind für jeden Einsatz in einer Vereinbarung
zwischen dem MAD und dem BND zu regeln, die der Zustimmung des Chefs des Bundeskanzleramtes und des
BMVg bedarf und über die das Parlamentarische Kontrollgremium zu unterrichten ist (§ 14 Absatz 6 Satz 4 MADG).
Im Rahmen des Anhörungsverfahrens habe ich das BMVg
um Übersendung der für diesen Auslandseinsatz geschlossenen Vereinbarung gebeten. Dies hat das BMVg mit der
Begründung abgelehnt, ein Zusammenhang mit meiner
„informatorischen Beteiligung“ am ministeriellen Genehmigungsverfahren der Dateianordnung und der für die
Auslandseinsätze der Bundeswehr mit dem BND abgeschlossenen Vereinbarung sei nicht erkennbar. Im Übrigen
enthalte die Vereinbarung keine Regelung zum Umgang
mit personenbezogenen Daten.
K a s t e n zu Nr. 4.7.2
§ 6 Absatz 2 MADG
(2) In Dateien oder zu ihrer Person geführten Akten
gespeicherte Daten über Minderjährige sind nach zwei
Jahren auf die Erforderlichkeit der Speicherung zu überprüfen und spätestens nach fünf Jahren zu löschen, es
sei denn, dass nach Eintritt der Volljährigkeit weitere
Erkenntnisse nach § 1 Absatz 1 oder § 2 angefallen
sind. Dies gilt nicht, wenn der Betroffene nach § 1 Absatz 3 überprüft wird. Die Speicherung personenbezogener Daten über Minderjährige vor Vollendung des
16. Le-bensjahres in zu ihrer Person geführten Akten
und Dateien ist unzulässig.

BfDI 22. Tätigkeitsbericht 2007-2008

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