Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode
Drucksache 16/12600
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den einzelnen Arzt oder Rechtsanwalt. Dieser darf die
vom Berufsgeheimnis geschützten Informationen grundsätzlich nur dann gegenüber Dritten offenbaren, wenn der
Betroffene eingewilligt (d. h. von der Schweigepflicht
entbunden) hat oder eine gesetzliche Offenbarungsbefugnis existiert. § 11 BDSG ermöglicht zwar eine Verarbeitung personenbezogener Daten durch Dritte, enthält aber
keine Offenbarungsbefugnis für die vom Berufsgeheimnis geschützten Informationen.
Diese Situation ist unbefriedigend. Bedenkt man, dass
– wie eingangs angedeutet – die meisten medizinischen
Großgeräte eine Vielzahl sensitiver Patientendaten verarbeiten oder dass IT-gestützte Abrechnungssysteme hoch
komplex sind, liegt es auf der Hand, dass den Berufsgeheimnisträgern häufig sowohl die Fachkompetenz wie
auch die wirtschaftlichen Mittel fehlen, diese Systeme
selbst zu betreuen. Deshalb lassen sich die Berufsgeheimnisträger im besten Falle regelmäßig von allen Kunden/
Patienten/Mandanten usw. von der Schweigepflicht entbinden; im schlechteren Falle findet die Einbindung externer IT-Dienstleister in einer rechtlichen Grauzone mit
dem Risiko einer Strafbarkeit nach § 203 StGB statt.
Die Unterarbeitsgruppe „Auftragsdatenverarbeitung/
Outsourcing“ des Arbeitskreises „Grundsatzfragen der
Verwaltungsmodernisierung“ der Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länder hat deshalb Lösungsmöglichkeiten diskutiert. Sie hat sich dabei fachlich auch mit
dem BMJ beraten, dem seinerseits eine Studie vorliegt,
die eine rein strafrechtliche Lösung vorschlägt. Diese
würde aber nicht ausreichen, um das rechtliche Problem
insgesamt zufrieden stellend zu regeln. Im Ergebnis der
Diskussion hat sich gezeigt, dass die Mehrheit der Datenschutzbeauftragten eine Lösung favorisiert, bei der im
BDSG eine möglichst eng umrissene Offenbarungsbefugnis geschaffen wird. Damit sollen die Berufsgeheimnisträger in die Lage versetzt werden, externe Anbieter mit
der Durchführung und Wartung von IT-Dienstleistungen
zu beauftragen. Diese Lösung ist aus meiner Sicht Regelungen in den einzelnen Berufsordnungen vorzuziehen.
Bei solchen berufsspezifischen Regelungen besteht die
Gefahr, dass angesichts der starken Zersplitterung des
Berufsrechts kaum noch festzustellen wäre, welches Verhalten strafbar wäre. Voraussichtlich würde es zu einer
Fülle sehr unterschiedlicher Regelungen kommen und
möglicherweise sogar zu einem Wettstreit zwischen den
Berufsgruppen um die großzügigste Befugnis zum
Outsourcing.
Sofern diese Voraussetzungen für eine Regelung im
BDSG geschaffen würden, müsste sichergestellt werden,
dass sich die Berufsgeheimnisträger bei einer Auslagerung in dem zugelassenen Umfang nicht strafbar machen.
Insofern halte ich die für sich genommen nicht ausreichende flankierende Änderung im Strafrecht für durchaus
sinnvoll. Darüber hinaus müssten die strafprozessualen
Rechte der Berufsgeheimnisträger – Zeugnisverweigerungsrechte und Beschlagnahmeschutz – auch für die
Auftragnehmer gelten.
K a s t e n zu Nr. 2.6
§ 203 Strafgesetzbuch
Verletzung von Privatgeheimnissen
(1) Wer unbefugt ein fremdes Geheimnis, namentlich
ein zum persönlichen Lebensbereich gehörendes Geheimnis oder ein Betriebs- oder Geschäftsgeheimnis, offenbart, das ihm als
1. Arzt, Zahnarzt, Tierarzt, Apotheker oder Angehörigen eines anderen Heilberufs, der für die Berufsausübung oder die Führung der Berufsbezeichnung eine
staatlich geregelte Ausbildung erfordert,
2. Berufspsychologen mit staatlich anerkannter wissenschaftlicher Abschlussprüfung,
3. Rechtsanwalt, Patentanwalt, Notar, Verteidiger in
einem gesetzlich geordneten Verfahren, Wirtschaftsprüfer, vereidigtem Buchprüfer, Steuerberater, Steuerbevollmächtigten oder Organ oder Mitglied eines
Organs einer Rechtsanwalts-, Patentanwalts-, Wirtschaftsprüfungs-, Buchprüfungs- oder Steuerberatungsgesellschaft,
4. Ehe-, Familien-, Erziehungs- oder Jugendberater sowie Berater für Suchtfragen in einer Beratungsstelle,
die von einer Behörde oder Körperschaft, Anstalt
oder Stiftung des öffentlichen Rechts anerkannt ist,
4a.Mitglied oder Beauftragten einer anerkannten Beratungsstelle nach den §§ 3 und 8 des Schwangerschaftskonfliktgesetzes,
5. staatlich anerkanntem Sozialarbeiter oder staatlich
anerkanntem Sozialpädagogen oder
6. Angehörigen eines Unternehmens der privaten Kranken-, Unfall- oder Lebensversicherung oder einer
privatärztlichen, steuerberaterlichen oder anwaltlichen Verrechnungsstelle
anvertraut worden oder sonst bekannt geworden ist,
wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit
Geldstrafe bestraft.
(2)…
2.7
Projekt D115 – Einheitliche Behördenrufnummer
Bei der geplanten Einführung einer bundesweiten Behördenrufnummer sind schwierige datenschutzrechtliche
Fragen zu lösen. Insbesondere muss gewährleistet werden, dass die von verschiedenen Behörden zu unterschiedlichen Zwecken geführten personenbezogenen Daten nicht zusammengeführt werden.
Auch in Deutschland soll eine bundesweit einheitliche
Rufnummer – die „115“ – eingeführt werden, die sowohl
BfDI 22. Tätigkeitsbericht 2007-2008