Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode
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Wichtiges aus zurückliegenden
Tätigkeitsberichten
1. 21. TB Nr. 7.1.1 zum Gesetz zur Umsetzung aufenthalts- und asylrechtlicher Richtlinien der
Europäischen Union
Das Gesetz ist nach intensiven Diskussionen am
28. August 2007 in weiten Teilen in Kraft getreten.
Durch das Gesetz wird neben der Umsetzung von elf
EU-Richtlinien in nationales Recht die Reform des
Ausländerrechts weitergeführt. Meine Bedenken gegenüber den durch § 15 AZRG gewährten stufenlosen automatisierten Zugriffsmöglichkeiten von Polizeivollzugsbehörden und Staatsanwaltschaften auf
das Ausländerzentralregister (AZR) wurden leider
nicht berücksichtigt. Gleiches gilt für meine Kritik an
der Speicherung von Lichtbildern Drittstaatsangehöriger und Staatsangehöriger der EU im allgemeinen
Datenbestand des AZR gemäß § 3 Nr. 5°AZRG.
Die bereits in meinem 20. TB (Nr. 6.1.4) dargelegten
Zweifel an der Europarechtskonformität einer generellen Speicherung der Daten von Unionsbürgern im
AZR wurden jedoch zwischenzeitlich vom EuGH bestätigt. Nach der Entscheidung vom 16. Dezember 2008 im Vorabentscheidungsverfahren (C-524/06)
kann ein Register zur Unterstützung der mit der Anwendung aufenthaltsrechtlicher Vorschriften betrauten Stellen zwar durchaus erforderlich sein, die Speicherung und Verarbeitung der personenbezogenen
Daten von Unionsbürgern, die sich in Deutschland
aufhalten, rechtfertigen aber weder statistische Zwecke noch die Kriminalitätsbekämpfung. Ich habe das
BMI dringend gebeten, die Daten der EU-Bürger für
unzulässige Verwendungen wie die Bekanntgabe an
Polizei und Justiz zu sperren und zu prüfen, ob sie
gespeichert bleiben dürfen. Der Gesetzgeber ist aufgerufen, das AZRG entsprechend den Vorgaben des
EuGH zu ändern.
2. 20. TB Nr. 6.2.3; 21. TB Nr. 7.1.4 zum europäischen
Visa-Informationssystem (VIS):
Im europäischen Visa-Informationssystem (VIS) sollen alphanumerische und biometrische Daten (Lichtbild, Fingerabdrücke) über Visa-Antragsteller gespeichert werden. Nunmehr stehen mit der formalen
Verabschiedung der Verordnung (EG) Nr. 767/2008
vom 9. Juli 2008 (VIS-Verordnung) und dem Beschluss 2008/633/JI des Rates vom 23. Juni 2008
über den Zugang der benannten Behörden der Mitgliedstaaten und von Europol zum VIS (VIS-Zugangsbeschluss) die rechtlichen Rahmenbedingungen
fest. Zu begrüßen ist, dass die VIS-Daten gemäß
Artikel 23 VIS-Verordnung nicht – wie von der Bundesregierung gewünscht – zehn, sondern lediglich
fünf Jahre lang gespeichert werden sollen. Ergebnis
eines Kompromisses zwischen Rat und Europäischem Parlament ist weiter, dass die nationalen Sicherheitsbehörden keinen Online-Zugriff auf das VIS
erhalten, sondern ausschließlich über die nationalen
Schnittstellen zugreifen dürfen (vgl. dazu Nr. 13.3.5).
Drucksache 16/12600
Da die Regelungen der VIS-Verordnung im Hinblick
auf die sog. „Warndatei“ nach Auffassung des BMI
nicht weit genug reichen, wird derzeit auf nationaler
Ebene an einer zusätzlichen „Einlader- und Warndatei“ gearbeitet (vgl. Nr. 5.6). Das europäische VIS
wird voraussichtlich im Jahr 2009 den Betrieb aufnehmen.
3. 21. TB Nr. 7.1.3 zur Datenerhebung zu Forschungszwecken ohne Rechtsgrundlage:
Mittlerweile liegt der von mir angemahnte Entwurf
des Gesetzes zur Verbesserung der Bekämpfung von
Visumsmissbrauch und Schleusungskriminalität vor,
in dessen Rahmen in § 24a AZRG-E die Verwendung
personenbezogener Daten für wissenschaftliche Zwecke geregelt werden soll.
Datenschutzrechtliche Bedenken bestehen hiergegen
nicht. Daher hielt ich im Vorgriff auf diese Forschungsklausel es für vertretbar, das Projekt durchzuführen.
4. 16. TB Nr. 5.8 zum Suchdienstedatenschutzgesetz
(SDDSG):
Nachdem ich in der Vergangenheit mehrfach das
Fehlen einer bereichsspezifischen Rechtsgrundlage
für die Datenverarbeitung der nationalen Suchdienste
bemängelt hatte, begrüße ich den sich nunmehr im
Gesetzgebungsverfahren befindlichen Entwurf eines
Suchdienstedatenschutzgesetzes (SDDSG), der die
aufgezeigte Lücke schließt. Kritisch sehe ich jedoch
den vorgesehenen Ausschluss des datenschutzrechtlichen Grundsatzes der Datenvermeidung und Datensparsamkeit (§ 3a BDSG) im Hinblick auf seinen
möglichen Präzedenzcharakter. Zwar sind die Suchdienste wegen der häufigen Namensgleichheiten zur
Identitätsfindung auf eine Vielzahl von Daten angewiesen, einen Ausschluss der Anwendbarkeit des
§ 3a BDSG macht dies aber nicht zwingend notwendig. Das Gesetz war bei Redaktionsschluss noch
nicht verabschiedet.
5. 21. TB Nr. 8.3 zum Entwurf des Zweiten Gesetzes
zur Änderung des Vierten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze, wie z. B. des Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetzes (SchwarzArbG):
Wie angekündigt, habe ich die Arbeit der Finanzkontrolle Schwarzarbeit (FKS) aufmerksam begleitet. So
habe ich zum Entwurf des Zweiten Gesetzes zur Änderung des Vierten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze, wie z. B. des Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetzes (SchwarzArbG) Stellung genommen.
Datenschutzrechtliche Bedenken gegen die in § 17
Absatz 1 Nummer 1 SchwarzArbG-E vorgesehene
Erweiterung des Zugriffs der Polizeivollzugsbehörden des Bundes auf die zentrale Datenbank werden
von mir nach ergänzenden Ausführungen in der Begründung zur Erforderlichkeit dieser Zugriffe nicht
mehr geteilt. Dort wird u. a. ausgeführt, dass § 17
Absatz 1 Nr. 3 SchwarzArbG den Polizeibehörden
BfDI 22. Tätigkeitsbericht 2007-2008