Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode
– 125 –
Fahrerlaubnisregister (ZFER), in dem seit dem
1. Januar 1999 die Daten der in Deutschland erteilten allgemeinen Fahrerlaubnisse („Kartenführerscheine“) gespeichert werden. Auch bei den ca. 650 Fahrerlaubnisbehörden (FEB) der Kreise und kreisfreien Städte werden
örtliche Fahrerlaubnisregister geführt. Der Datenbestand
dieser Register, die sich auf „Kartenführerscheine“ beziehen, muss von den FEB in das ZFER überführt werden;
die örtlichen Register sind insofern aufzulösen. Solange
nicht alle Führerscheininhaber ihre Fahrerlaubnisse in einen „Kartenführerschein“ umgetauscht haben, bestehen
aber die örtlichen Fahrerlaubnisregister mit diesen „alten“
Führerscheindaten fort. Da ein Zwangsumtausch nicht
vorgesehen ist, wird dieser Zustand noch lange Zeit andauern. Von den rund 53 Millionen Führerscheininhabern
in Deutschland besitzen erst etwa die Hälfte einen „Kartenführerschein“ und sind somit im Bestand des ZFER erfasst.
Nach § 51 StVG haben die FEB dem KBA unverzüglich
die zu speichernden oder zu einer Änderung oder Löschung einer Eintragung führenden Daten mitzuteilen.
Dabei wird offen gelassen, in welcher Weise diese Mitteilungen zu erfolgen haben. Eine „Mitteilung“ nach
§ 51 StVG hat zur Folge, dass das KBA diese Informationen selbst zu verarbeiten hat, somit auch für die Richtigkeit der im ZFER eingestellten Daten in vollem Umfang
selbst verantwortlich ist. Tatsächlich ist es, wie ich anhand eines Besuches beim KBA festgestellt habe, aber so,
dass die FEB im Wege des File Transfers (rd. 88 Prozent
der Zugriffe) oder Online-Dialog-Verfahrens (rd. 12 Prozent der Zugriffe) direkt auf den Datenbestand des ZFER
zugreifen, wobei das KBA jeden Zugriff protokolliert.
Weder für den direkten Zugriff der FEB auf den Datenbestand des ZFER noch für die vom KBA durchgeführten
Protokollierung bestehen entsprechende Rechtsgrundlagen. Mit Blick auf die Bedeutung der im ZFER gespeicherten Daten und die Wichtigkeit der Protokollierung
bei der Klärung von Verantwortlichkeiten kann ich nachvollziehen, dass entweder die ZFER-Historie oder die Zugriffsprotokolle langfristig gespeichert werden. Ich habe
das BMVBS aufgefordert, endlich ein entsprechendes
Gesetzgebungsverfahren einzuleiten. Da die Verantwortung gemeinsam bei Bund und Ländern liegt, sollten die
jeweiligen Verantwortlichkeiten gemeinsam definiert und
auf normenklare Rechtsgrundlagen gestellt werden.
Drucksache 16/12600
schiedet. Bundestag und Bundesrat haben auch den Lissabon-Vertrag mit jeweils großer Mehrheit gebilligt, jedoch
steht die Unterzeichnung durch den Bundespräsidenten
mit Blick auf die anhängigen Klagen beim Bundesverfassungsgericht noch aus.
Sollten auch die Tschechische Republik und Irland zu einem positiven Votum gelangen, könnte auch die Charta
der Grundrechte Rechtsverbindlichkeit erlangen, die in
den Artikeln I-51 und II-68 ausdrücklich das Grundrecht
auf den Schutz personenbezogener Daten garantiert (vgl.
im einzelnen 21. TB Nr. 3.1). Die Grundrechtecharta
würde über den Umweg eines rechtsverbindlichen Verweises in Artikel 6 Absatz 1 des Unionsvertrages in den
Rang vollgültigen Primärrechts erhoben.
Zudem sieht der Lissabon-Vertrag in Artikel 6 Absatz 2
den Beitritt der Union zur Europäischen Menschenrechtskonvention vor, wodurch die bisherige Geltung der Gemeinschaftsgrundrechte als allgemeine Rechtsgrundsätze
bestätigt würde.
Die Europaratskonvention 108 und ihre Zusatzprotokolle,
insbesondere dasjenige betreffend Kontrollstellen und
grenzüberschreitenden Datenverkehr von 2001, bilden
auch die Grundlage für eine Initiative der 30. Internationalen Datenschutzkonferenz (s. u. Nr. 13.9) mit dem Ziel
eines globalen Datenschutzes und der Festschreibung des
Datenschutzes als universelles Menschenrecht. In ihrer
von mir unterstützten Entschließung über die Dringlichkeit des Schutzes der Privatsphäre in einer Welt ohne
Grenzen fordert die Internationale Konferenz auch die
Nicht-Mitgliedstaaten des Europarates auf, der Konvention 108 und dem oben genanten Zusatzprotokoll beizutreten. Die Konferenz sieht im Europaratsübereinkommen zu Recht die geeignete Plattform für das weitere
Vorgehen mit dem Ziel eines angemessenen Datenschutzes auf allen Kontinenten. Eine weltweite Einigung auf
ihre Grundprinzipien als „Kleinster gemeinsamer Nenner“ würde einen nicht zu unterschätzenden Fortschritt
und einen stabilen Ausgangspunkt für künftige Strategien
bedeuten.
13.2
Die Datenschutzgruppe nach Artikel 29
der EG-Datenschutzrichtlinie
Die Datenschutzgruppe hat weitere wegweisende Papiere
zum Datenschutz verabschiedet.
Die Verzögerung des europäischen Verfassungsprozesses
behindert die grundrechtliche Absicherung des Datenschutzes im Europarecht. Ein weiterer Schritt wurde dagegen auf dem Weg zu einem globalen Datenschutz gesetzt.
Die Artikel-29-Gruppe hat im Berichtszeitraum
28 Papiere verabschiedet, die sich erneut mit einer breiten
Palette von Themen auseinander setzen (abrufbar auf der
Internet-Seite der Europäischen Kommission unter
www.ec.europa.eu; vgl. Kasten zu Nr. 13.2). So wurde
eine Stellungnahme zum Datenschutz bei Kindern
(WP 147) verabschiedet (s. auch o. Nr. 2.9). Ein wegweisendes Arbeitspapier (WP 136) setzt sich mit dem Begriff
der personenbezogenen Daten auseinander (s. Nr. 13.2.4).
Nach dem vorläufigen Scheitern des europäischen Verfassungsvertrages einschließlich eines Grundrechtekatalogs
(vgl. 21. TB Nr. 3.1) im Jahre 2005 wurde das Vorhaben
während der deutschen Ratspräsidentschaft 2007 in reduzierter Gestalt als „Reformvertrag von Lissabon“ verab-
Breiten Raum in den Diskussionen der Gruppe nahm die
Erfassung und Übermittlung von Passagierdaten ein. Im
Jahre 2007 wurde das dritte Abkommen zwischen der EU
und den USA geschlossen (s. u. Nr. 13.5.2). Im
Sommer 2008 wurde zudem ein PNR-Abkommen mit
13
Europa und Internationales
13.1
Europäische Rechtsentwicklung
BfDI 22. Tätigkeitsbericht 2007-2008