Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode
11.2
– 123 –
Angehörige erhalten ein eigenes
Antragsrecht bei der Beihilfe
Änderungen im Beihilferecht des Bundes führen endlich
zu mehr Datenschutz für Familienangehörige der Berechtigten.
Angehörige eines Bundesbeamten mussten bislang generell ihre Anträge auf Beihilfe im Krankheitsfalle von diesem stellen lassen. Dieses Verfahren führt in bestimmten
Konstellationen, z. B. bei getrennt lebenden Familienangehörigen, zu Konflikten.
Bereits in mehreren Tätigkeitsberichten (vgl. zuletzt
18. TB Nr. 18.5.2) hatte ich die damalige Rechtslage kritisiert, nach der allein beihilfeberechtigten Beamten
selbst ein Antragsrecht zusteht.
Wie die dort aufgeführten Beispiele deutlich machen,
kann dem Recht auf informationelle Selbstbestimmung
der Familienangehörigen nur durch ein eigenständiges
Antragsrecht angemessen entsprochen werden. Bei den
meisten im Beihilfeverfahren erhobenen Daten handelt es
sich um Gesundheitsdaten, die nach Artikel 8 der EG-Datenschutzrichtlinie und § 3 Absatz 9 BDSG einen besonderen Schutz genießen. Dieser Schutz muss auch im Verfahren der Beihilfe gewährleistet bleiben. Es leuchtet
nicht ein, warum eine Trennung von Beihilfeanspruch,
der lediglich dem beihilfeberechtigten Beamten zusteht,
und Antragsrecht nicht möglich sein soll. Ein eigenes Antragsrecht volljähriger Familienangehöriger würde die
Rechtsposition des Anspruchsberechtigten nicht tangieren. Es ist im Hinblick auf das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung auch in diesem Bereich geboten.
Bei der Neufassung der Bundesbeihilfeverordnung ist das
BMI meiner Auffassung ein Stück entgegengekommen.
Um unbillige Härten zu vermeiden, können Beihilfestellen künftig zulassen, dass berücksichtigungsfähige Angehörige oder deren gesetzliche Vertreterinnen oder Vertreter ohne Zustimmung des Anspruchsinhabers die Beihilfe
selbst beantragen. Damit ist für diese Fälle ausgeschlossen, dass die besonders geschützten Gesundheitsdaten an
den Anspruchsinhaber weitergegeben werden müssen,
auch wenn Familienangehörige ein berechtigtes Interesse
an der Geheimhaltung haben. Die entsprechenden Regelungen werden mit der Neufassung der Bundesbeihilfeverordnung Anfang 2009 in Kraft treten.
Ich werde die Entwicklung weiter beobachten und die
Fälle prüfen, in denen Familienangehörige eigene Antragsberechtigungen verlangt haben. Sollte sich herausstellen, dass die neue Regelung nicht greift, werde ich
mich für eine weitergehende Änderung einsetzen.
11.3
Bewerbungsunterlagen sind nach zwei
Monaten zurückzugeben oder zu
vernichten
Firmen und Behörden dürfen Bewerbungsunterlagen
nicht länger als unbedingt nötig behalten. Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) legt hierfür eine
Maximalfrist von zwei Monaten fest.
In Bewerbungsunterlagen geben Bewerber umfassend
Auskunft über ihre persönliche Situation. Ich habe daher
Drucksache 16/12600
bislang die Auffassung vertreten, dass Bewerbungsunterlagen nach Ablehnung der Bewerbung nicht mehr erforderlich und damit unverzüglich zu löschen bzw. an den
Bewerber zurückzugeben sind. Mit dem Inkrafttreten des
AGG hat sich die Rechtslage geändert. Das AGG verbietet die Diskriminierung wegen der Rasse, der ethnischen
Herkunft, des Geschlechts, der Religion, der Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der
sexuellen Identität. Dieser Schutz vor Diskriminierung
erstreckt sich auf das gesamte Arbeitsleben vom Anbahnungsverhältnis bis zur Beendigung und umfasst damit auch das Bewerbungsverfahren. Um sich gegen den
Vorwurf, gegen das Benachteiligungsverbot verstoßen zu
haben, wehren zu können, sehen es (potenzielle) Arbeitgeber als erforderlich an, die Bewerbungsunterlagen und/
oder eine Dokumentation über das Bewerbungsverfahren
für einen gewissen Zeitraum aufzubewahren. Dabei stellt
sich die Frage, wie lange die Aufbewahrungsfrist höchsten sein darf. Nach dem AGG müssen Ansprüche auf Entschädigung oder Schadenersatz innerhalb einer Zweimonatsfrist geltend gemacht werden (§ 15 Absatz 4 AGG).
Der Gesetzgeber hat die kurze zweimonatige Verjährungsfrist von Ansprüchen nach dem AGG mit der Begründung aufgenommen, dass „dem Arbeitgeber nicht
zugemutet werden soll, Dokumentationen über Einstellungsverfahren bis zum Ablauf der allgemeinen Verjährungsfrist von drei Jahren aufbewahren zu müssen.“ Es ist
also davon auszugehen, dass eine lange Verjährungsfrist
nicht gewollt ist. Deshalb dürfen Bewerbungsunterlagen
bei einer ablehnenden Bewerbung in Anlehnung an das
AGG für längstens zwei Monate ab Zugang der Ablehnung aufbewahrt werden. Anschließend sind sie dem Bewerber zurückzugeben oder zu vernichten.
11.4
Nicht alle Aufgaben eignen sich für
Telearbeit
Die Ausübung beruflicher Tätigkeit am heimischen Arbeitsplatz soll die Vereinbarkeit von Familie und Beruf
fördern und persönlichen Notlagen und dienstlichen Notwendigkeiten gleicher Maßen Rechnung tragen. Die Verlagerung dienstlicher Aufgaben in den häuslichen Bereich birgt aber auch Risiken.
Bereits in meinem 18. TB hatte ich dargestellt, dass eine
Bearbeitung „besonders schutzwürdiger personenbezogener Daten“ (z. B. Gesundheitsdaten, Angaben in Beihilfeanträgen auch für Angehörige, dienstliche Beurteilungen)
im Rahmen von Telearbeit besondere Probleme aufwirft,
vor allem im Hinblick auf die Kontroll- und Einflussmöglichkeiten der Dienststelle und Missbrauchsmöglichkeiten Dritter. Diese Risiken lassen sich in der Praxis nicht
gänzlich vermeiden und sind bezogen auf besonders
schützenswerte Daten kaum vertretbar.
Jedoch gibt es auch bei besonders schutzwürdigen personenbezogenen Daten Unterschiede. So können z. B. im
Personaldatenbereich Aus- und Fortbildungsdaten oder
solche über einzelne Verwendungen durchaus geeignet
sein, im Rahmen von Telearbeit verarbeitet zu werden,
obgleich es sich auch dabei um Personaldaten und damit
um besonders schutzwürdige personenbezogene Daten
handelt. Daten über Beurteilungen oder Erkrankungen
eignen sich dagegen zur häuslichen Verarbeitung nicht.
BfDI 22. Tätigkeitsbericht 2007-2008