Drucksache 16/12600
– 112 –
Die vorgeschlagene Regelung habe ich zwar im Interesse
der Normenklarheit grundsätzlich begrüßt, aber darauf
hingewiesen, dass sie aufgrund der unmittelbaren Geltung des § 19 BDSG in der AO nur deklaratorische Bedeutung habe. Keinesfalls dürfe zudem daraus der
Schluss gezogen werden, andere Betroffenenrechte, insbesondere §§ 19a bis 21 sowie §§ 3a, 4b und 6 BDSG
wären ausgeschlossen, da diese nicht für entsprechend
anwendbar erklärt wurden.
Vor diesem Hintergrund hielt ich es jedoch – schon wegen der Eilbedürftigkeit des Gesetzgebungsverfahrens –
für nachvollziehbar, dass das BMF „zunächst“ ausschließlich die Regelung des Auskunftsrechts vorhatte.
Im Entwurf des Jahressteuergesetzes 2009 hätte damit zumindest in der Begründung sehr klar verdeutlicht werden
müssen, dass der Auskunftsanspruch nur der Einstieg in
eine bereichsspezifische Regelung aller datenschutzrechtlichen Betroffenenrechte ist.
Das BMF hat jedoch im Juni 2008 die Einführung eines
Auskunftsrechts in der AO aus dem Gesetzentwurf gänzlich herausgenommen. Zwar sei man sich mit den obersten Finanzbehörden des Bundes und der Länder einig, bereichsspezifische Datenschutzregelungen in der AO zu
schaffen, es bestehe aber noch Abstimmungsbedarf.
Die Mehrheit der Länder habe sich daher dafür ausgesprochen, das Auskunftsrecht zunächst im Wege einer
bundeseinheitlichen Verwaltungsanweisung zu regeln.
Danach soll den Beteiligten auf Antrag Auskunft über
die zu ihrer Person gespeicherten Daten erteilt werden,
jedoch nur wenn sie ein berechtigtes Interesse darlegen.
Dies sehe ich kritisch, zumal sowohl der Auskunftsanspruch des Betroffenen aus § 19 BDSG, dessen uneingeschränkte Geltung auch für die Finanzverwaltung vom
BVerfG festgestellt worden ist, als auch der Anspruch auf
Zugang zu deutlichen Informationen nach § 1 Absatz 1 IFG grundsätzlich „voraussetzungslos“ besteht.
Die Verwaltung darf also weder eine Begründung für die
Geltendmachung des Anspruchs verlangen, noch weitere
Bedingungen aufstellen, die über den gesetzlichen Rahmen hinausgingen. Es ist deswegen rechtswidrig, wenn in
einer internen untergesetzlichen Regelung der Finanzverwaltung die Erfüllung der Ansprüche von einem „berechtigten Interesse“ abhängig gemacht würde, was die Gesetze selbst, auf die sich die Betroffenen berufen können,
nicht vorsehen. Eine entsprechende Verkürzung der gesetzlichen Betroffenenrechte ist inakzeptabel und würde
einer gerichtlichen bzw. verfassungsgerichtlichen Überprüfung mit Sicherheit nicht standhalten. Im Übrigen
habe ich unter Hinweis auf die Entschließung des Deutschen Bundestages vom 17. März 2009 (Bundestagsdrucksache 16/12271 – s. Kasten zu Nr. 9.5) erneut
aufgefordert, einen § 19 BDSG entsprechenden Auskunftsanspruch unter Einbeziehung der weiteren Betroffenenrechte (s. o.) in die AO aufzunehmen. Eine Antwort
des BMF hierauf steht noch aus.
BfDI 22. Tätigkeitsbericht 2007-2008
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode
K a s t e n zu Nr. 9.5
Aus der Entschließung des Deutschen Bundestages
zum 21. Tätigkeitsbericht vom 17. März 2009, Bundestagsdrucksache 16/12271
…
5. Der Deutsche Bundestag hat zuletzt in seiner Entschließung zum 20. Tätigkeitsbericht des Bundesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit
die Bundesregierung an ihre Zusage erinnert, den betroffenen auch gegenüber der Steuerverwaltung einen
Anspruch auf Auskunft zu den über sie gespeicherten
Daten einzuräumen. Gleichzeitig hatte er die Bundesregierung aufgefordert, ihre Prüfungen über die
personellen, organisatorischen und haushalterischen
Auswirkungen eines solchen Auskunftsanspruchs zeitnah abzuschließen.
Dieser Aufforderung ist die Bundesregierung noch immer nicht nachgekommen. Der Deutsche Bundestag
fordert die Bundesregierung deshalb erneut auf, den
Auskunftsanspruch des Betroffenen auch in der Steuerverwaltung sicherzustellen.
…
10
Gesundheit und Soziales
10.1
Das Gendiagnostikgesetz: Der Anfang
ist gemacht
Die Arbeiten an einem Gendiagnostikgesetz kommen endlich voran.
Genanalysen erlauben inzwischen lange vor dem Ausbruch einer Krankheit Vorhersagen über deren Eintrittswahrscheinlichkeit, selbst wenn dem Betroffenen seine
Anfälligkeit für diese Krankheit nicht bekannt ist. Auch
lassen Genanalysen Rückschlüsse auf die medizinische
Konstellation von Blutsverwandten zu, ohne dass diese
an dem Verfahren beteiligt sind. Deshalb habe ich in meinen letzten Tätigkeitsberichten (vgl. 20. TB Nr. 2.6;
21. TB Nr. 13.2) bereits mehrfach auf die Notwendigkeit
einer gesetzlichen Regelung von genetischen Untersuchungen hingewiesen.
Die Bundesregierung hat am 27. August 2008 endlich
den Entwurf eines Gendiagnostikgesetzes (GenDG) vorgelegt, der zahlreiche datenschutzrechtliche Forderungen
erfüllt (Bundestagsdrucksache 16/10532). Allerdings
wird der Anwendungsbereich auf genetische Untersuchungen zu medizinischen Zwecken, zur Klärung der Abstammung sowie im Versicherungsbereich und im
Arbeitsleben beschränkt. Das Gesetz enthält keine
Rechtsvorschriften für genetische Untersuchungen und
Analysen sowie den Umgang mit genetischen Proben und
Daten zu Forschungszwecken. Dies wird damit begründet, dass es bei der genetischen Forschung um die allge-