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hinsichtlich der Einführung dieser Merkmale in den Reisepass, die noch dadurch verstärkt werden, dass praktisch
jeder Erwachsene seinen Personalausweis – anders als
den Reisepass – ständig mit sich führt. Im Hinblick darauf, dass für die Aufnahme der Fingerabdrücke in den
Personalausweis keine europarechtlichen Vorgaben bestehen, rege ich an, auf die Aufnahme dieses Merkmals in
den elektronischen Personalausweis zu verzichten.
Neu in dem Entwurf ist sowohl im Passgesetz als auch im
Personalausweisgesetz eine Regelung, die es den Polizeiund Ordnungsbehörden erlauben soll, aus den bei den
Kommunen geführten Pass- und Personalausweisregistern automatisiert Lichtbilder im Rahmen der Verfolgung
von Verkehrsordnungswidrigkeiten zu übermitteln. Zwar
bestehen keine durchgreifenden datenschutzrechtlichen
Bedenken dagegen, unter Einhaltung datensicherheitsrechtlicher Vorgaben, im Einzelfall Lichtbilddaten automatisiert an die Polizei- und Ordnungsbehörden zu übermitteln. Allerdings wurde in der Begründung nicht
nachvollziehbar vorgetragen, warum es hierfür eines automatisierten Abrufverfahrens bedarf. Nach der ursprünglichen Begründung dieser Regelung bleibt die Übermittlung von Lichtbildern aus dem Pass- bzw. dem
Personalausweisregister nur ultima ratio, d. h. sie darf nur
erfolgen, wenn „die Daten bei dem Betroffenen nicht
oder nur mit unverhältnismäßig hohem Aufwand erhoben
werden können oder nach der Art der Aufgabe, zu der die
Daten erforderlich sind, von einer solchen Datenerhebung
abgesehen werden muss“. Insoweit scheint es sich hierbei
nicht um ein Massenphänomen zu handeln, das einen Online-Zugriff der Ordnungswidrigkeiten- und Polizeibehörden auf das Pass- bzw. Personalausweisregister rechtfertigen würde. Hinzu kommt, dass zwar keine
bundesweite Datei mit biometrischen Merkmalen durch
das Änderungsgesetz errichtet wird. Gefahren für das informationelle Selbstbestimmungsrecht können aber auch
von vernetzten Datenbanken ausgehen, die in funktionaler Hinsicht zentralen Dateien entsprechen. Gerade der
geplante Online-Abruf von Lichtbildern aus dem Personalausweis- bzw. dem Passregister würde eine Vernetzung der beteiligten Stellen erfordert, worauf selbst die
neue Begründung im Passgesetz hinweist. Ich habe daher
angeregt, auf die geplanten Regelungen zu verzichten.
4.5.4

Symposium „Biometrie und Datenschutz – Der vermessene Mensch“

Unter diesem Titel stand ein Symposium, in dem die Nutzung biometrischer Merkmale nicht nur aus rechtlicher
und technischer Sicht, sondern auch im Hinblick auf gesellschaftliche Aspekte beleuchtet wurde.
Um die öffentliche Diskussion zu einer immer umfassenderen Nutzung von biometrischen Merkmalen zu fördern,
hatte ich für den 27. Juni 2006 zu einem Symposium in
der Berliner Staatsbibliothek eingeladen. Es handelte sich
hierbei um das zweite Symposium zu wichtigen datenschutzpolitischen Themen in meiner Amtszeit und ist in
Fortsetzung des Symposiums „Staatliche Eingriffsbefugnisse auf dem Prüfstand“ am 8. November 2004 zu sehen
(vgl. 20. TB Nr. 7.1.3). Die Universitätsprofessoren Peter

Strasser (Graz), Christoph Busch (Darmstadt) und
Alexander Roßnagel (Kassel) führten in die gesellschaftlichen, technischen und rechtlichen Aspekte der Benutzung biometrischer Merkmale ein. Anschließend fand
eine Podiumsdiskussion mit Rechts- und Innenpolitikern
der Fraktionen des Deutschen Bundestages statt: Für die
CDU/CSU-Fraktion Herr Dr. Hans Peter Uhl, für die
FDP-Fraktion Frau Gisela Piltz, für die Fraktion
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Frau Silke Stokar von
Neuforn und für die Fraktion DIE LINKE Frau Petra Pau.
Die Veranstaltung fand mit rund 150 Gästen aus Politik,
Wissenschaft, Verwaltung und privater Wirtschaft statt.
Alle Beteiligten wiesen – nicht nur wegen der aktuell eingeführten biometrischen Merkmale in Personaldokumenten (siehe hierzu Nr. 4.5.3) – auf die weitreichende Bedeutung der Biometrie auf das gesellschaftliche Leben
hin und waren sich über die Notwendigkeit einig, dass
Technologie-Entwickler, Systembetreiber, Datenschützer
und Verbrauchervertreter im Dialog bleiben und sicherstellen, dass zukünftige Technologien datenschutzkonform ausgestaltet werden.
Über das Symposium wurde ein Tagungsband erstellt, der
über meine Behörde bezogen, aber auch auf meiner Homepage abgerufen werden kann.
4.6

Das JobCard-Verfahren
(ELENA-Verfahren)

Aus dem JobCard-Verfahren ist aus sprachlichen Gründen das ELENA-Verfahren geworden. Die mit dem Verfahren verbundenen datenschutzrechtlichen Fragen haben sich dadurch nicht verändert.
Mit dem JobCard-Verfahren (neuerdings und im folgenden ELENA genannt, ELENA steht für Elektronischer
Einkommensnachweis und soll der elektronischen Bereitstellung von Einkommensnachweisen in 16 sozialrechtlichen Verfahren sowie in Prozesskostenhilfeverfahren und beim Versorgungsausgleich dienen), über das ich
in meinen beiden letzten Tätigkeitsberichten (19. TB
Nr. 23.2.2; 20. TB Nr. 15.2) berichtet habe, soll eine der
größten Datensammlungen mit personenbezogenen Daten
in Deutschland entstehen und ist auch deshalb von besonderer datenschutzrechtlicher Brisanz. Das BMWi hat inzwischen einen Entwurf eines Gesetzes zur Einführung
des Elektronischen Einkommensnachweises vorgelegt,
dem insgesamt drei JobCard-Projekte zugrunde liegen
und an dem ich von Anfang an beteiligt war. Im Laufe des
Projektes JobCard II wurden auch die Landesbeauftragten für den Datenschutz in die Diskussion einbezogen.
Das Projekt JobCard besteht aus folgenden drei Einzelprojekten:
JobCard I

untersuchte die Praktikabilität des Abrufs
von Daten aus der Arbeitsbescheinigung
nach § 312 SGB II aus einer Datenbank mit
Hilfe eines Signaturkartenverfahrens; das
Projekt wurde 2004 abgeschlossen.

JobCard II

überträgt die Ergebnisse des Projektes
JobCard I auf Einkommensbescheinigungen
aus dem gesamten Sozialrecht sowie zwei

R

ev

BfDI 21. Tätigkeitsbericht 2005-2006

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