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ohne die neuen Funktionalitäten im SIS II. Sollte sich der
Betrieb des SIS I+ bei den Beitrittsländern bewähren,
könnte im Zeitraum Dezember 2007 bis März 2008 der
Wegfall der Kontrollen an den Binnengrenzen zwischen
alten und neuen EU-Staaten erfolgen. Parallel dazu wird
die Entwicklung des SIS II vorangetrieben.

Kasten b zu Nr. 3.2.4.2) in den Vertragsstaaten erheblich
voneinander abweicht. So wurde das Ausschreibungsverfahren in einigen Vertragsstaaten überhaupt nicht genutzt,
während andere Staaten über 10 000 Ausschreibungen
veranlasst hatten.

Bis dahin bedarf es noch einiger datenschutzrechtlicher
„Flankierung“, bevor die neuen Funktionalitäten (u. a. die
Verknüpfung der Ausschreibungen), erweiterte Datenkataloge (u. a. biometrische Merkmale, wie Lichtbilder und
Fingerabdrucke) und erweiterte Zugriffsrechte (Europol,
Eurojust) in Betrieb gehen. Ich werde – zusammen mit
meinen Kollegen in den anderen Mitgliedstaaten – darauf
hinwirken, dass mit dem neuen SIS II die Balance zwischen polizeilichen Fahndungserfordernissen und den
Bürgerrechten gewahrt bleibt.

K a s t e n b zu Nr. 3.2.4.2

K a s t e n a zu Nr. 3.2.4.2
Gemeinsame Kontrollinstanz
Für die datenschutzrechtliche Kontrolle des SIS, insbesondere im Hinblick auf den Zentralcomputer in Straßburg, ist gemäß Artikel 115 SDÜ eine gemeinsame
Kontrollinstanz (GK) zuständig, die sich aus je zwei
Vertretern der nationalen Kontrollinstanzen zusammensetzt. Nach Inbetriebnahme des SIS am 26. März 1995
hat sich die GK am 17. Mai 1995 konstituiert. Die deutsche Delegation in dem Gremium besteht aus einem
Vertreter meiner Dienststelle und dem Hessischen Landesbeauftragten für den Datenschutz für den Bereich der
Länder.
Neben der Überwachung der technischen Unterstützungseinheit in Straßburg koordiniert die GK auch Kontrollen auf nationaler Ebene im Zusammenhang mit dem
SIS. Sie ist ferner zuständig für Fragen der Anwendung
und Auslegung im Zusammenhang mit dem SIS sowie
für die Erarbeitung von Lösungsvorschlägen zu gemeinsamen Problemstellungen.
Die GK verfügt seit dem Jahr 2000 über ein eigenes Sekretariat, das beim Rat der EU angebunden ist. Das Sekretariat ist auch für die Betreuung der gemeinsamen
Kontrollinstanz von Europol (s. u. Nr. 3.2.3.2) und der
gemeinsamen Aufsichtsbehörde nach Artikel 18 des
ZIS-Übereinkommens (s. u. Nr. 3.2.5) zuständig.
Diese Kontrolle wurde durchgeführt, weil die Anzahl der
Ausschreibungen nach Artikel 99 Abs. 2 SDÜ (siehe

a) konkrete Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass der
Betroffene in erheblichem Umfang außergewöhnlich schwere Straftaten plant oder begeht, oder
b) die Gesamtbeurteilung des Betroffenen, insbesondere aufgrund der bisher von ihm begangenen Straftaten, erwarten lässt, dass er auch künftig außergewöhnlich schwere Straftaten begehen wird.
Für die Bundesrepublik Deutschland wurden 1 104 Ausschreibungen vorgenommen. Da diese meistens von den
einzelnen Bundesländern veranlasst waren, habe ich auch
meine Länderkolleginnen und -kollegen in die Prüfung
einbezogen. Bei den Kontrollbesuchen in meinem
Zuständigkeitsbereich (BKA, Bundespolizei), wo nur
15 Ausschreibungen vorlagen, habe ich keine Mängel bei
der Ausschreibungspraxis feststellen können. Die Entscheidungen über Ausschreibungen im Bundesbereich
wurden also sehr verantwortungsbewusst herbeigeführt.
Mit einer Übersicht aller mitgeteilten Prüfungsergebnisse
der Länder habe ich die LfD über die wesentlichen Ergebnisse der Kontrollen informiert, ebenso die GK im
Frühsommer 2006 über die zu diesem Zeitpunkt vorliegenden Kontrollergebnisse. Die GK hat einen Bericht
über die in den Vertragsstaaten durchgeführten Kontrollen zu Artikel 99 erstellt und hierzu Empfehlungen ausgesprochen, die von der GK Schengen am 18. Oktober 2006
gebilligt wurden.
Im Wesentlichen sind dies:
– Festlegung der Verfahrensweise durch die zuständigen
Behörden, um eine Vereinheitlichung der Gründe für
eine Ausschreibung in den einzelnen Schengen-Staaten zu erreichen.
– Die nationalen Behörden, die für die Ausschreibungen
nach Artikel 99 SDÜ verantwortlich sind, sollen die
Ausschreibungen regelmäßig überprüfen.
– Die nationalen Datenschutzbehörden und die GK sollten mehr in die Entwicklung eines gemeinsamen Kontrollmodells investieren, das für die Überprüfung der
Ausschreibungen im SIS verwendet werden soll.
– Die für die Ausschreibungen zuständigen Behörden
sollen formale und schriftliche Verfahren entwickeln,
BfDI 21. Tätigkeitsbericht 2005-2006

e

Die Gemeinsame Kontrollinstanz (GK) nach Artikel 115
des Schengener Durchführungsübereinkommens (SDÜ)
(siehe Kasten a zu Nr. 3.2.4.2) hat in einer gemeinsamen
Aktion in allen Schengen-Vertragsstaaten das Verfahren
der Ausschreibungen zur verdeckten Registrierung kontrolliert.

(2) Eine Ausschreibung dieser Art ist zulässig zur
Strafverfolgung und zur Abwehr von Gefahren für
die öffentliche Sicherheit, wenn

R

3.2.4.2 Kontrolle der Ausschreibungen nach
Artikel 99 Abs. 2 des Schengener
Durchführungsübereinkommens

Artikel 99 Abs. 2 Schengener Durchführungsübereinkommen (SDÜ)

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