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schreitende Datenaustausch würde durch einen Rahmenbeschluss zum Datenschutz erleichtert. Hindernisse für
die Verwirklichung des Informationsaustausches ergeben
sich vielmehr aus dem Fehlen harmonisierter Rechtsvorschriften in den EU-Mitgliedstaaten, insbesondere auf
dem Gebiet des Strafrechts und des Strafverfahrensrechts.
Zudem ist ein angemessener Ausgleich zu den bestehenden und künftigen Formen des Informationsaustausches
zwischen den Strafverfolgungsbehörden in der Europäischen Union zu verankern, um das derzeit teilweise unausgewogene Verhältnis zwischen der Gewährleistung
von Sicherheit für die EU-Bürgerinnen und -Bürger und
der Wahrung ihrer Freiheitsrechte in einem „Raum der
Freiheit, der Sicherheit und des Rechts“ wieder in das
richtige Maß zu bringen. Die Frage nach einem angemessenen Verhältnis zwischen diesen beiden Komponenten
muss auch auf europäischer Ebene befriedigend gelöst
werden.
Der Rahmenbeschluss sollte daher die gesamte Informationsverarbeitung der Polizei- und Strafverfolgungsbehörden umfassen. Ziel muss ein weitgehend einheitlicher Datenschutzstandard für die polizeiliche und justizielle
Informationsverarbeitung in der gesamten EU sein. Insbesondere die tragenden Grundsätze der Zweckbindung,
der Datenqualität und der Erforderlichkeit sind dabei zu
wahren. Auch die Rechte des Betroffenen müssen auf
möglichst einheitlicher Grundlage gewährleistet sein. So
muss das Recht auf Auskunft die Regel bilden und darf
nicht durch zu viele Ausnahmetatbestände ausgehöhlt
werden. Neben einer unabhängigen Datenschutzkontrolle in jedem Mitgliedstaat muss auch eine unabhängige
Beratung des Rates durch die Vertreter der nationalen Datenschutzkontrollstellen sichergestellt werden.
Ich sehe keine Alternative zur Schaffung eines hohen und
harmonisierten Datenschutzstandards in der 3. Säule der
EU. Dies ist auch eine logische Konsequenz des Haager
Programms. Aus Sicht des Persönlichkeitsschutzes enthält dieses Programm den Auftrag, die bei der polizeilichen und justiziellen Zusammenarbeit in Europa noch
bestehende datenschutzrechtliche Regelungslücke zu
schließen. Hierauf hat auch die Europäische Datenschutzkonferenz hingewiesen, zuletzt mit ihrer Londoner Erklärung vom 2. November 2006 (s. Kasten zu Nr. 3.2.1).
Ich sehe hier auch eine Herausforderung für das Europäische Parlament sowie die nationalen Volksvertretungen,
auf die Regierungen der EU-Mitgliedstaaten entsprechend Einfluss zu nehmen. Es darf nicht dazu kommen,
dass immer neue Datenverarbeitungsbefugnisse für die
Sicherheitsbehörden mit noch tieferen Einschnitten in die
Grundrechte beschlossen werden, ohne dass die Grundrechte der in der EU lebenden Bürgerinnen und Bürger
mindestens in gleicher Weise gestärkt und geschützt werden. Insbesondere das Grundrecht auf Datenschutz nach
Artikel 8 der Charta der Grundrechte in der EU ist zu beachten. Ich hoffe daher, dass die Beratungen des Rahmenbeschlussvorschlages unter der deutschen Ratspräsidentschaft im ersten Halbjahr 2007 zu einem erfolgreichen
Abschluss gebracht werden.

K a s t e n zu Nr. 3.2.1
Erklärung verabschiedet von den Europäischen Datenschutzbehörden in London am 2. November 2006
Der Ausbau des grenzüberschreitenden Informationsaustausches und die vorbehaltlich des Grundsatzes der
Verfügbarkeit erfolgende Weitergabe von in nationalen
Dateien gespeicherten Daten im Rahmen der Zusammenarbeit zwischen den Polizei- und Justizbehörden auf
EU-Ebene stehen im Mittelpunkt der Diskussionen in
Europa. In diesem Zusammenhang haben die Europäischen Datenschutzbehörden bereits wiederholt hervorgehoben, dass angesichts der Tatsache, dass die Union
verpflichtet ist, die Menschenrechte und Grundfreiheiten zu achten, Initiativen zur Verbesserung der Kriminalitätsbekämpfung in der EU, wie z. B. der Grundsatz der
Verfügbarkeit, nur auf der Grundlage eines angemessenen Systems von Datenschutzmaßnahmen eingeführt
werden sollten, die ein hohes und vergleichbares Datenschutzniveau gewährleisten, das den Standards der Ersten Säule entspricht.
Die Europäischen Datenschutzbehörden fordern die
Mitgliedstaaten auf, die bürgerlichen Freiheiten der in
der EU lebenden Bürger zu respektieren und zu stärken
und ein angemessenes System von Datenschutzmaßnahmen aufzubauen, das ein hohes und vergleichbares Datenschutzniveau für die gesamte Datenverarbeitung im
Bereich der Kriminalitätsbekämpfung gewährleistet.
Es gibt keine Alternative zum Aufbau eines hohen und
harmonisierten Datenschutzstandards im Rahmen der
Dritten Säule der EU. Dies ist eine logische Konsequenz
aus dem Haager Programm, dem zu folge die Wahrung
der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts unteilbarer
Bestandteil der Aufgabe der EU insgesamt ist. Einschlägige Datenschutzbestimmungen im Bereich der Kriminalitätsbekämpfung sollten so bald als möglich verabschiedet und umgesetzt werden, so dass ein
angemessenes und harmonisiertes System von Datenschutzmaßnahmen geschaffen wird, die sich nicht nur
auf den Datenaustausch zwischen den Mitgliedstaaten,
sondern auf die gesamte Verarbeitung personenbezogener Daten im Rahmen der Kriminalitätsbekämpfung beziehen. Ein hohes Schutzniveau sollte auch für die Weitergabe von Daten an Drittstaaten und internationale
Stellen gelten, die vorbehaltlich der auf der Grundlage
gemeinsamer Europäischer Standards zu treffenden Feststellung eines angemessenen Datenschutzniveaus erfolgt.
Jeder andere, weniger umfassende Ansatz wäre nicht
praktikabel und ungeeignet, das für eine wirksame Kooperation im Bereich der Kriminalitätsbekämpfung erforderliche Vertrauen zu schaffen.
3.2.2

Vertrag von Prüm

Der Vertrag von Prüm über die grenzüberschreitende polizeiliche Zusammenarbeit ist am 27. Mai 2005 von sieben EU-Mitgliedstaaten unterzeichnet worden.

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BfDI 21. Tätigkeitsbericht 2005-2006

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