Zwecks der Kennzeichenkontrolle beitragen können (unten Rn. 83 ff.). Eine Ermächtigung zur Kennzeichenkontrolle als allgemeine Maßnahme der Straffahndung liegt
in den einschlägigen Vorschriften folglich nicht.
cc) Kompetenzwidrig ist auch nicht, dass § 22a Abs. 4 Satz 4 Nr. 1 und 2 PolG BW
eine Verwendung von zufällig angefallenen Informationen im Wege der Zweckänderung unabhängig von den Zwecken des § 26 Abs. 1 Nr. 1 bis 3, 6 PolG BW für die
Zwecke öffnet, die den Ausschreibungen zur Straffahndung unterliegen oder allgemein der Strafverfolgung dienen. Denn hierin liegt - nach dem Bild der Doppeltür (vgl.
BVerfGE 130, 151 <184>; 141, 220 <333 f. Rn. 305>) - lediglich die dem Land obliegende Öffnung der ersten Tür für die weitere Datennutzung; die abschließende Entscheidung über die Ermächtigung zu einer solchen Nutzung bleibt als Öffnung der
zweiten Tür dem Bund vorbehalten (vgl. BVerfG, Beschluss des Ersten Senats vom
selben Tag - 1 BvR 142/15 -, Rn. 80).
68
b) Der Gesetzgebungskompetenz der Länder stehen auch keine anderen Kompetenztitel des Bundes entgegen. Insbesondere handelt es sich bei den angegriffenen
Vorschriften nicht um Regelungen des Straßenverkehrs im Sinne des Art. 74 Abs. 1
Nr. 22 GG (vgl. BVerfG, Beschluss des Ersten Senats vom selben Tag - 1 BvR 142/
15 -, Rn. 60). Kompetenzrechtlich unbedenklich ist gleichfalls, dass die Vorschriften
auch eine Ermächtigung für Kennzeichenkontrollen zur Bekämpfung der grenzüberschreitenden Kriminalität schaffen (§ 22a Abs. 1 Satz 1, § 26 Abs. 1 Nr. 6 PolG BW
und § 14a Abs. 1 Satz 1, § 18 Abs. 2 Nr. 6 HSOG). Eine Regelung des Grenzschutzes liegt hierin nicht (vgl. BVerfG, Beschluss des Ersten Senats vom selben Tag
- 1 BvR 142/15 -, Rn. 58).
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III.
Die angegriffenen Vorschriften genügen in materieller Hinsicht nicht in jeder Hinsicht den verfassungsrechtlichen Anforderungen des Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit
Art. 1 Abs. 1 GG.
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1. Nicht in allen Tatbestandsvarianten hinreichend begrenzt sind die Voraussetzungen für die Kennzeichenerfassung und damit die - für die Verhältnismäßigkeit ausschlaggebenden - Zwecke der Kennzeichenkontrolle, die sich aus dem Verweis auf
die Regelung zur Identitätsfeststellung ergeben.
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a) Mit den Verhältnismäßigkeitsanforderungen nicht vereinbar sind die angegriffenen Vorschriften, soweit sie Kennzeichenkontrollen - in Hessen - zur Abwehr einer
Gefahr, zur Erfüllung der den Gefahrenabwehr- und Polizeibehörden durch andere
Rechtsvorschriften zugewiesenen weiteren Aufgaben oder zum Schutz privater
Rechte eröffnen (§ 14a Abs. 1, Abs. 2, § 18 Abs. 1 HSOG), oder - in Baden-Württemberg - erlauben, um im einzelnen Falle eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder
Ordnung abzuwehren oder eine Störung der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung zu
beseitigen (§ 22a Abs. 1, Abs. 2, § 26 Abs. 1 Nr. 1 PolG BW).
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