nicht. Der Begriff der Tatsachen, welche die Annahme künftiger Begehung schwerer
Straftaten rechtfertigten, sei so allgemein gehalten und unbestimmt, dass er die Anwendung der Norm nicht wirksam einzugrenzen vermöge. Auch die Einschränkung,
nach der "die Vorsorge für die Verfolgung oder die Verhütung dieser Straftaten auf
andere Weise nicht möglich" erscheinen dürfe, lasse der Polizei einen äußerst weiten Beurteilungsbereich. Schon wegen des Risikos, dass andere Maßnahmen von
den Betroffenen bemerkt werden könnten, werde der Polizei die heimliche Telefonüberwachung regelmäßig als einzig mögliches Mittel der Vorbeugung erscheinen.
Schließlich rechtfertige auch die Begrenzung der befürchteten künftigen Straftaten
auf solche "von erheblicher Bedeutung" nicht den Grundrechtseingriff. Welche Straftaten unter diesen Begriff fielen, sei in § 2 Nr. 10 Nds.SOG zwar bestimmt. Diese
Norm enthalte aber unter Buchstabe b eine unzulässige Allgemeinklausel, nach der
auch ein nach dem geschützten Rechtsgut und der Strafandrohung vergleichbares
Vergehen eine Straftat von erheblicher Bedeutung darstellen könne. Im Übrigen fielen auch nicht besonders schwerwiegende Taten unter die Legaldefinition.
Auch § 33a Abs. 1 Nr. 3 Nds.SOG bewirke eine Verletzung seines Grundrechts aus
Art. 10 Abs. 1 GG. Die Voraussetzung, dass die Überwachung einer Kontakt- oder
Begleitperson "zur Vorsorge für die Verfolgung oder zur Verhütung einer Straftat
nach Nummer 2 unerlässlich" sein müsse, berücksichtige die Bedeutung des Grundrechts nicht gebührend. Die Voraussetzung sei schon dann erfüllt, wenn die Polizei
der Auffassung sei, andere Möglichkeiten als die Überwachung des Personenumfelds des künftigen Straftäters stünden nicht zur Verfügung. Dies könne häufig der
Fall sein, weil der Eingriff bereits ohne jeden konkreten Verdacht möglich sei.

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Darüber hinaus verletzten die angegriffenen Vorschriften sein Grundrecht auf freie
Meinungsäußerung (Art. 5 Abs. 1 GG) und beeinträchtigten ihn in der freien Entfaltung seiner Persönlichkeit (Art. 2 Abs. 1 GG). Er sei durch diese Normen ständig der
Gefahr ausgesetzt, dass seine Telekommunikation heimlich von der Exekutive überwacht werde. Dieses beständige Wissen verhindere eine unbefangene Meinungsäußerung auch in privaten Telefongesprächen und betreffe damit den Kern seiner Privatsphäre.

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Ergänzend führt der Beschwerdeführer aus, das Gesetz verstoße gegen Art. 19
Abs. 4 GG, weil die Überwachung ihm nicht mitgeteilt werde und es in der Folge unmöglich sei, während oder nach der Überwachung deren gerichtliche Kontrolle herbeizuführen. Der Richtervorbehalt könne dieses rechtsstaatliche Defizit nicht ausgleichen. Schließlich verstießen die Normen gegen das Zitiergebot des Art. 19 Abs. 1
Satz 2 GG und die in Art. 74 Abs. 1 Nr. 1 GG geregelte Gesetzgebungszuständigkeit
auf dem Gebiet der Strafrechtspflege.

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III.
Zur Verfassungsbeschwerde haben Stellung genommen: das Bundesministerium
des Innern namens der Bundesregierung, die Niedersächsische Staatskanzlei, der
Bundesbeauftragte für den Datenschutz, der Landesbeauftragte für den Datenschutz
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