forderungen dürfen an den Grad der Wahrscheinlichkeit gestellt werden, mit der auf
eine drohende oder erfolgte Verletzung geschlossen werden kann, und desto weniger fundierend dürfen gegebenenfalls die Tatsachen sein, die auf die Gefährdung
oder Verletzung des Rechtsguts schließen lassen (vgl. BVerfGE 100, 313 <392>;
siehe auch BVerfGE 110, 33 <55, 60>). Allerdings muss stets gewährleistet bleiben,
dass Annahmen und Schlussfolgerungen einen konkret umrissenen Ausgangspunkt
im Tatsächlichen haben. Bei einem geringen Gewicht des gefährdeten Rechtsguts
steigen die Anforderungen an die Prognosesicherheit sowohl hinsichtlich des Grads
der Gefährdung als auch hinsichtlich ihrer Intensität.
Im Bereich der Vorfeldermittlung wird der Grad der Wahrscheinlichkeit der Rechtsgutverletzung aufgrund der fehlenden Nähe der bekannten Tatsachen zu einer konkreten Straftat regelmäßig geringer sein als bei Maßnahmen zur Gefahrenabwehr
oder zur Verfolgung konkreter Straftaten. Knüpft das Gesetz nicht einmal an Planungs- oder sonstige Vorbereitungshandlungen an - wie in der früheren Regelung
des § 39 Abs. 2 AWG
oder jetzt in § 23a Abs. 2 und 3 ZFdG -, sondern begnügt es sich mit nicht näher eingegrenzten Tatsachen, die die Annahme einer künftigen Straftat rechtfertigen, steigen die Anforderungen an das Gewicht des Schutzguts und die Gefährlichkeit der erwarteten Verletzungshandlung weiter. Der schwere Eingriff in das
Telekommunikationsgeheimnis kann bei einer derart weiten und offenen Umschreibung der Voraussetzungen der Vorsorge für die Verfolgung und der Verhütung künftiger Straftaten nur dann als angemessen bewertet werden, wenn der zu schützende
Gemeinwohlbelang allgemein sowie im konkreten Fall überragend wichtig ist.

150

(2) Den Anforderungen an den Rang des geschützten Rechtsguts und an die tatsächlichen Anhaltspunkte seiner Gefährdung ist der Gesetzgeber nicht gerecht geworden.

151

(a) Das vom Gesetzgeber gewählte Tatbestandsmerkmal der "Straftaten von erheblicher Bedeutung" trägt den Anforderungen an das besondere Gewicht des zu verfolgenden Rechtsguts nicht Rechnung. Den in § 2 Nr. 10 Nds.SOG aufgeführten Straftaten ist schon kein auf die Besonderheiten der Telekommunikationsüberwachung im
Vorfeld zugeschnittenes gesetzgeberisches Konzept zu entnehmen, das sich auf den
Schutz besonders hochrangiger Rechtsgüter bezieht und beschränkt. Dieser Mangel
setzt sich fort, soweit § 2 Nr. 10 Nds.SOG in Buchstabe b nicht näher aufgeführte
Vergehen einbezieht, die nach dem geschützten Rechtsgut und der Strafandrohung
den enumerativ aufgezählten Vergehen vergleichbar sind.

152

Der Grund für die nicht an den besonderen Anforderungen einer Telekommunikationsüberwachung orientierte Auswahl der Straftaten und für das Fehlen eines darauf
bezogenen Konzepts erschließt sich bei Betrachtung der Entstehungsgeschichte der
Vorschriften zur präventiven Telekommunikationsüberwachung. Die Bezugnahme
auf die allgemeine Definition der "Straftaten von erheblicher Bedeutung" war in dem
ursprünglichen Gesetzentwurf (LTDrucks 15/240, S. 14) nicht enthalten, sondern er-

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