diesen Zweck kommt erst in Betracht, wenn tatsächlich eine Straftat begangen wurde
und daraus strafprozessuale Konsequenzen gezogen werden. Die der Verfolgungsvorsorge zugeordneten Daten und Informationen sind insofern dazu bestimmt, in
ungewisser Zukunft in ein Ermittlungs- und Hauptverfahren einzufließen. Es geht
– jenseits eines konkreten Anfangsverdachts (vgl. LTDrucks 15/240, S. 16) - um die
Beweisbeschaffung zur Verwendung in künftigen Strafverfahren, nicht um eine präventive Datenerhebung zur Verhütung von Straftaten. Eine solche Verfolgungsvorsorge gehört zum gerichtlichen Verfahren im Sinne des Art. 74 Abs. 1 Nr. 1 GG.
Sowohl im gerichtlichen Hauptverfahren als auch im vorgelagerten Ermittlungsverfahren geht es um die Aufklärung eines konkreten Straftatverdachts gegen einen
konkreten Beschuldigten. Dies bedeutet indes nicht, dass erst nach Vorliegen eines
Anfangsverdachts die Zuordnung zum gerichtlichen Verfahren erfolgen kann (so aber
Gärditz, Strafprozess und Prävention, 2003, S. 328, 331, 359, 429). Art. 74 Abs. 1 Nr.
1 GG enthält keine Einschränkungen dahingehend, dass vorsorgende Maßnahmen,
die sich auf die Durchführung künftiger Strafverfahren beziehen, von der Zuweisung
zur konkurrierenden Gesetzgebungskompetenz nicht erfasst sein sollen (vgl.
BVerfG, 3. Kammer des Zweiten Senats, BVerfGE 103, 21 <30>). Die Ungewissheit,
ob die zur Strafverfolgung vorsorglich gespeicherten Daten für diesen Zweck später
benötigt werden, kann sich bei der Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Maßnahme
auswirken, steht aber der Zuordnung der Regelungen zur Gesetzgebungskompetenz
für das gerichtliche Verfahren nicht entgegen.
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(3) Der Bundesgesetzgeber hat von seiner konkurrierenden Gesetzgebungskompetenz im Sinne von Art. 72 Abs. 1 GG in abschließender Weise Gebrauch gemacht.
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(a) Inwieweit bundesgesetzliche Regelungen erschöpfend sind, kann nicht allgemein, sondern nur anhand der einschlägigen Bestimmungen und des jeweiligen
Sachbereichs festgestellt werden (vgl. BVerfGE 109, 190 <229>). Es ist in erster Linie auf das Bundesgesetz selbst, sodann auf den hinter dem Gesetz stehenden Regelungszweck, ferner auf die Gesetzgebungsgeschichte und die Gesetzesmaterialien abzustellen (vgl. BVerfGE 98, 265 <300 f.>). Der Bund macht von seiner
Kompetenz nicht nur dann Gebrauch, wenn er eine Regelung getroffen hat. Vielmehr
kann auch das absichtsvolle Unterlassen eine Sperrwirkung für die Länder erzeugen
(vgl. BVerfGE 32, 319 <327 f.>; 98, 265 <300>). Zu einem erkennbar gewordenen
Willen des Bundesgesetzgebers, zusätzliche Regelungen auszuschließen, darf sich
ein Landesgesetzgeber nicht in Widerspruch setzen, selbst wenn er das Bundesgesetz für unzureichend hält (vgl. BVerfGE 32, 319 <327>; 36, 193 <211 f.>; 36, 314
<320>; 85, 134 <147>; 98, 265 <300>; 109, 190 <230>).
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Der Eintritt einer Sperrwirkung zu Lasten der Länder setzt voraus, dass der Gebrauch der Kompetenz durch den Bund bei Gesamtwürdigung des Normenkomplexes hinreichend erkennbar ist. Hat der Bund einen Sachbereich in diesem Sinne abschließend geregelt, ist die Gesetzgebung den Ländern unabhängig davon versperrt,
ob die landesrechtlichen Regelungen den bundesrechtlichen Bestimmungen wider-
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