zu Grunde zu legenden Tatsachen gestellt. Die vom Gesetz geforderten Tatsachen
müssten unter Berücksichtigung kriminalistischer Erfahrung bewertet und oft mit Zusatzinformationen verknüpft werden, damit die Annahme möglich erscheine, eine
Person werde künftig Straftaten von erheblicher Bedeutung begehen. Es handele
sich letztlich nur um Anhaltspunkte für die Notwendigkeit einer Verdachtsgewinnung
oder Verdachtskonkretisierung.
Für den Betroffenen sei die Maßnahme nicht vorhersehbar. Er könne insbesondere
nicht erkennen, ob die Behörde sein Verhalten als verdächtig oder neutral einstufe.
Die weitere Voraussetzung, dass die Vorsorge für die Verfolgung oder die Verhütung
bestimmter Straftaten auf andere Weise nicht möglich erscheine, enthalte keine wirksame zusätzliche Schranke. Der Begriff der Vorsorge für die Verfolgung sei so weit
und umfassend, dass er alle Datenerhebungen in Bezug auf die ins Auge gefassten,
in irgendeiner Weise verdächtigen Personen umfasse. In noch stärkerem Maße würden die Bestimmtheitsbedenken für den in § 33a Abs. 1 Nr. 3 Nds.SOG genannten
Personenkreis der Kontakt- oder Begleitpersonen gelten.
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Die angegriffenen Regelungen seien unverhältnismäßig. Die Erforderlichkeit der
präventiven Telekommunikationsüberwachung sei - abgesehen von der nicht angegriffenen Ermächtigung zur Gefahrenabwehr in § 33a Abs. 1 Nr. 1 Nds.SOG - nicht
nachgewiesen. Auch sei abzusehen, dass die gesetzgeberischen Ziele, vor allem
das der Bekämpfung der Organisierten Kriminalität und des Terrorismus, nicht erreicht würden. Im Übrigen fehlten Normen zum Schutz des unantastbaren Kernbereichs der Persönlichkeit, insbesondere Überwachungsverbote in Bezug auf Gespräche zwischen engsten Familienangehörigen und sonstigen engen Vertrauten. Der
Gesetzgeber habe ferner seine Pflicht verletzt, Verwertungsverbote und Löschungsgebote hinsichtlich solcher Daten zu normieren, die unter Beeinträchtigung dieses
geschützten Kernbereichs erhoben worden seien. Verfassungsrechtliche Bedenken
bestünden auch hinsichtlich der in § 33a Abs. 3 Satz 2 und 3 Nds.SOG normierten
maximalen Zeitspannen der Geltungsdauer der Überwachungsmaßnahmen.
Schließlich sei die Regelung des § 30 Abs. 4 Nds.SOG mit dem Gebot effektiven
Rechtsschutzes gemäß Art. 19 Abs. 4 GG nicht vereinbar.
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IV.
In der mündlichen Verhandlung haben sich geäußert: der Beschwerdeführer, die
Bundesregierung, die Niedersächsische Landesregierung, der Bundesbeauftragte
für den Datenschutz, der Landesbeauftragte für den Datenschutz Niedersachsen, die
Bundesrechtsanwaltskammer sowie der Leitende Kriminaldirektor Bruckert als sachverständige Auskunftsperson.
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B.
Die Verfassungsbeschwerde ist zulässig. Der Beschwerdeführer ist durch die angegriffenen Vorschriften unmittelbar (I.) sowie selbst und gegenwärtig (II.) in seinen
Grundrechten betroffen (vgl. BVerfGE 100, 313 <354>; 109, 279 <305 ff.>).
12/35
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