Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Drucksache 17/9100

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Zu den begehrten Unterlagen gehörten auch die für die
Festlegung der Regelbedarfsstufen vom Statistischen
Bundesamt erhobenen Daten einschließlich umfangreicher Berechnungen, Gutachten und Stellungnahmen von
Wissenschaftlern. Unter Berufung auf den anderenfalls
deutlich höheren Verwaltungsaufwand hatte das BMAS
dem Antragsteller die Einsichtnahme in diese umfangreichen Unterlagen verweigert. Stattdessen war ihm lediglich die Regelsatzverordnung mit weiteren Unterlagen zur
Verfügung gestellt worden.

Dem Bescheid der DRV Bund an den Petenten vermochte
ich nicht zu entnehmen, inwieweit Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse betroffen waren. Hinsichtlich der von
der DRV Bund angesprochenen Sozialgeheimnisse, personenbezogenen Daten oder rechtlich geschützten Informationen wären spezielle Ausnahmegründe zu prüfen; sie
stellen jedoch keine Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse
i. S. d. § 6 Satz 2 IFG dar.

Ich hatte das Ministerium auf die Rechtslage aufmerksam
gemacht. Danach entscheidet der Antragsteller nach § 1
Absatz 2 Satz 2 IFG grundsätzlich selbst über die Art und
Weise des Informationszuganges. Er kann zwischen der
Einsicht in die Unterlagen und der Übersendung von Kopien wählen. Das Ministerium hätte von dieser gesetzlichen Regel ausnahmsweise nur dann abweichen dürfen,
wenn bei Gewährung des Informationszuganges in der
gewünschten Form eine schwerwiegende Beeinträchtigung der Verwaltung gedroht hätte.

In ihrer erneuten Stellungnahme hielt die Rentenversicherung an ihrer ablehnenden Auffassung fest. Die Ablehnung des Informationszuganges wurde nunmehr auf § 3
Nummer 4 IFG gestützt. Nach Auffassung der DRV Bund
unterfällt der Jahresbericht der Innenrevision einer durch
Rechtsvorschrift geregelten Vertraulichkeits- oder Geheimhaltungspflicht, nämlich der Satzung der DRV Bund.

Die Klage gegen die Verweigerung des Informationszuganges blieb erfolglos, da das Verwaltungsgericht Berlin
der Auffassung war, das IFG sei auf die rechtsetzende Tätigkeit von Verwaltungsbehörden bei der Vorbereitung
von Rechtsverordnungen nicht anwendbar. Diese Auffassung ist aufgrund der aktuellen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts überholt (vgl. Nr. 3.2.2).
5.8.2

Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse bei
der Deutschen Rentenversicherung
Bund?

Nach Auffassung der Deutschen Rentenversicherung
(DRV) Bund ist der Bericht der Innenrevision nicht für
die Öffentlichkeit bestimmt. Mich überzeugt dies nicht.
Eine Bürgereingabe gegen die Anwendung des IFG bei
der DRV Bund veranlasste mich zur Prüfung der Frage,
ob die Berichte der dortigen Innenrevision als Betriebsund Geschäftsgeheimnisse vom Informationszugangsanspruch ausgenommen sind.
Der Petent beantragte bei der DRV Bund Zugang zum
Bericht der Innenrevision. Das lehnte die Behörde nach
§ 6 IFG (Schutz von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen) ab. Als rechtsfähige Selbstverwaltungskörperschaft
des öffentlichen Rechts sei sie gehalten, ihre Angelegenheiten unabhängig von staatlichen Eingriffen selbst zu regeln. Die von der Behörde eingerichtete unabhängige
Prüfstelle sei das Revisionsamt und damit die Stelle, die
die angefragten Unterlagen erstellt. Die Berichte des Revisionsamtes würden als „geheim/vertraulich“ behandelt
und seien als solche gekennzeichnet. Die Dokumente
enthielten dem Sozialgeheimnis unterliegende, vertrauliche und/oder rechtlich geschützte Informationen, personenbezogene Daten sowie Informationen, die durch
§ 6 IFG vom Informationszugang ausgenommen seien.
Gemäß § 6 Satz 2 IFG schließt der Schutz von Betriebsbzw. Geschäftsgeheimnissen den Informationszugang
aus, sofern der betroffene Dritte nicht in die Eröffnung
des Informationszuganges einwilligt.

Die DRV Bund wurde daher um ergänzende Erläuterung
ihrer ablehnenden Haltung gebeten.

Gemäß § 3 Nummer 4 IFG besteht ein Informationszugangsanspruch nicht, wenn die Information einer durch
Rechtsvorschrift oder durch die Allgemeine Verwaltungsvorschrift zum materiellen und organisatorischen Schutz
von Verschlusssachen geregelten Geheimhaltungs- oder
Vertraulichkeitspflicht oder einem Berufs- oder besonderen Amtsgeheimnis unterliegt. Die in der Satzung vorgesehenen Regelungen zur nicht-öffentlichen Durchführung
von Sitzungen des Vorstandes und der Vertreterversammlungen seien als Geheimhaltungs- bzw. Vertraulichkeitspflicht im Sinne des § 3 Nummer 4 Alt. 1 Var. 1 IFG zu
verstehen.
K a s t e n z u N r. 5 . 8 . 2
§ 3 Nummer 4 IFG
Der Anspruch auf Informationszugang besteht nicht,
wenn die Information einer durch Rechtsvorschrift oder
durch die Allgemeine Verwaltungsvorschrift zum materiellen und organisatorischen Schutz von Verschlusssachen geregelten Geheimhaltungs- oder Vertraulichkeitspflicht oder einem Berufs- oder besonderen
Amtsgeheimnis unterliegt.
Mich überzeugte dies nicht. Mit der Regelung des § 3
Nummer 4 Alt. 1 Var. 1 IFG beabsichtigte der Gesetzgeber, die durch besondere Verschwiegenheitspflichten geschützten Informationen der Behörden und öffentlichen
Stellen ausdrücklich vom Informationszugang auszunehmen. Zu berücksichtigen ist dabei, dass die allgemeine
Pflicht zur Amtsverschwiegenheit gemäß § 67 Bundesbeamtengesetz für eine Informationsverweigerung nach
dem IFG nicht länger ausreicht. Vielmehr wurde durch
Einführung des IFG eben jene allgemeine Verschwiegenheitspflicht aufgebrochen. Insofern müsste eine gesetzliche Geheimhaltungsvorschrift die angefragte Information
einer Geheimhaltungs- oder Vertraulichkeitspflicht unterwerfen, d. h. die Geheimhaltung der Information müsste
auf einer gesetzlichen Bestimmung beruhen.
Dies vermochte ich vorliegend jedoch nicht zu erkennen.
Die DRV Bund bezog sich auf die Satzung und die Ver-

3. Tätigkeitsbericht zur Informationsfreiheit

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