Drucksache 17/9100
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Entscheidungsfindung der Bundesregierung sieht es bereits durch den Ausnahmetatbestand des § 3 Nummer 3
Buchstabe b IFG geschützt. Einen Rückgriff auf einen
verfassungsrechtlich begründeten, im IFG selbst indes
nicht explizit formulierten Ausnahmetatbestand zum
Schutz des Kernbereiches exekutiver Eigenverantwortung hat das BVerwG jedenfalls in dem am 3. November 2011 entschiedenen Fall deshalb nicht für erforderlich
gehalten. Zwar hat es – abstrakt und ohne Erläuterung anhand von Beispielen – darauf hingewiesen, auch bei abgeschlossenen Verfahren seien Fallgestaltungen möglich,
„die dem Einblick Außenstehender weiterhin verschlossen bleiben müssen“, da ein Informationsanspruch „durch
seine einengenden Vorwirkungen die Regierung in der ihr
zugewiesenen selbständigen Funktion beeinträchtigen“
könnte. Hierfür sah das BVerwG in dem am 3. November 2011 entschiedenen Fall aber keine Anhaltspunkte.
Gleiches gilt für den streitigen Informationszugang zu
den Unterlagen zur Opal-Gaspipeline.
Die Pipeline wurde im November 2011 in Betrieb genommen. Selbst wenn bei der Konzeption und der Abstimmung mit den beteiligten Staaten und Unternehmen
temporär der Ausnahmetatbestand des § 3 Nummer 3
Buchstabe b IFG vorgelegen haben sollte, sind schutzwürdige Beratungen im Sinne dieser Ausnahmeregelung
jedenfalls jetzt abgeschlossen und m. E. auch keine weiterhin bestehenden Schutzinteressen erkennbar, die nach
der Rechtsprechung des BVerwG den Informationszugang auch für die Zukunft ausschließen könnten.
Auch wenn das BMWi nicht verpflichtet ist, die inzwischen rechtskräftigen ablehnenden Bescheide zu den Anträgen auf Informationszugang zu revidieren, werde ich
auf das Ministerium einwirken, die nach der Rechtsprechung des BVerwG klargestellte Rechtslage künftig zu
beachten und seine restriktive Auskunftspraxis insofern
zu ändern.
5.7.3
Monopolkommission der
Bundesregierung und IFG
Die Monopolkommission der Bundesregierung ist nach
dem IFG verpflichtet, Auskunft zu geben.
Im Zuge einer schwerpunktmäßig auf eine andere Stelle
bezogenen Eingabe hatte ich mich auch mit der Frage
auseinanderzusetzen, inwieweit die Monopolkommission der Bundesregierung in den Anwendungsbereich des
IFG fällt.
Die Monopolkommission ist ein unabhängiges Beratungsgremium, das der Bundesregierung auf den Gebieten der Wettbewerbspolitik und der Regulierung beratend
zur Seite steht. Nach § 45 Absatz 1 des Gesetzes gegen
Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) besteht die Monopolkommission aus fünf Mitgliedern, „die über besondere
volkswirtschaftliche, betriebswirtschaftliche, sozialpolitische, technologische oder wirtschaftsrechtliche Kenntnisse und Erfahrungen verfügen müssen“. Die Mitglieder
werden nach Absatz 2 auf „Vorschlag der Bundesregierung durch den Bundespräsidenten für die Dauer von vier
Jahren berufen.“
3. Tätigkeitsbericht zur Informationsfreiheit
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
Alle zwei Jahre erstellt die Monopolkommission ihr
Herbstgutachten zur (absehbaren) wirtschaftlichen Entwicklung und zur Konzentration der Unternehmen in der
Bundesrepublik Deutschland nach § 44 GWB. Sie stellt
dabei eigene Bewertungen an und nimmt Stellung zu
wichtigen wettbewerbspolitischen Fragen. Sie kann gemäß § 44 Absatz 1 Satz 4 GWB nach eigenem Ermessen
auch Sondergutachten erarbeiten und der Bundesregierung vorlegen.
Wenn die sog. „Ministererlaubnis“ für einen Unternehmenszusammenschluss ansteht, also der Bundesminister
für Wirtschaft und Technologie von einem Verbot des Zusammenschlusses durch das Bundeskartellamt abweichen
will, muss er nach § 42 Absatz 4 GWB eine Stellungnahme der Kommission einholen.
Darüber hinaus erstellt die Monopolkommission aufgrund gesetzlicher Vorgaben im 2-Jahres-Turnus Gutachten über die absehbare Entwicklung des Wettbewerbs in
den Bereichen Telekommunikation, Energiewirtschaft
und Eisenbahn.
Die Aufgabenstellung der Monopolkommission wird
durch Rechtsnormen des öffentlichen Rechts geprägt, ist
jedoch nicht-verfassungsrechtlicher Natur. Der verwaltungsrechtliche „Rahmen“, die dauerhafte Einrichtung
und die organisatorische Verselbständigung der Kommission sind Wesensmerkmale einer Bundesbehörde im
Sinne des § 1 Absatz 1 Satz 1 IFG. Diesen Charakter einer Behörde unterstreicht auch die Ausstattung der Monopolkommission. Sie unterhält eine eigene Geschäftsstelle, die von einem „Generalsekretär“ geleitet wird und
verfügt über mehrere fest angestellte wissenschaftliche
Mitarbeiter.
Die Monopolkommission unterliegt daher der Informationspflicht nach dem IFG und kann den Informationszugang nicht „von vornherein“ ausschließen.
5.8
Bundesministerium für Arbeit und
Soziales
5.8.1
Wie wurde die Höhe des Arbeitslosengeldes II ermittelt?
In einem rechtskräftigen Urteil verneinte das Verwaltungsgericht (VG) Berlin den Anspruch auf Informationszugang nach dem IFG bezüglich der Unterlagen für die
Berechnung des Regelsatzes des Arbeitslosengelds II
beim Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS).
Dieses Urteil ist inzwischen durch die Rechtsprechung
des Bundesverwaltungsgerichts überholt.
In meinem 2. Tätigkeitsbericht zur Informationsfreiheit
(Nr. 4.11.1) habe ich darüber berichtet, dass mich das
BMAS zu einem IFG-Antrag um Beratung gebeten hatte,
der auf die Offenlegung der Berechnung des Regelsatzes
für das Arbeitslosengeld II abzielte.
Der Antrag richtete sich auf Informationen, die beim
BMAS entstanden waren, um die auf der Grundlage von
§ 40 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch – Sozialhilfe –
erlassene Regelsatzverordnung vom 3. Juni 2004 vorzubereiten.