Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode

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Hausarrest ein brauchbares Instrument ist, das in geeigneten Fällen und Fallgruppen an die Stelle der stationären
Unterbringung in einer Justizvollzugsanstalt treten kann.
Voraussetzung für eine solche Unterbringung ist, dass
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der Gefangene nicht mehr als voraussichtlich sechs
Monate einer Freiheitsstrafe oder Restfreiheitsstrafe
zu verbüßen hat,
der Gefangene den besonderen Anforderungen des
elektronisch überwachten Hausarrestes genügt und
nicht zu befürchten ist, dass der Gefangene sich dem
Vollzug des Hausarrestes entziehen oder den Hausarrest zu Straftaten missbrauchen wird.

Die Unterbringung im elektronisch überwachten Hausarrest erfordert ferner die schriftliche Einwilligung des Gefangenen sowie sämtlicher im Haushalt lebenden erwachsenen Personen.
Die Überwachung selbst setzt als unabdingbare Voraussetzung einen funktionierenden Telefonanschluß des Gefangenen voraus. Es stehen zwei verschiedene technische
Systeme zur Verfügung, das sog. Aktivsystem und das
sog. Passivsystem, wobei der Gesetzentwurf nicht vorschreibt, welches System eingesetzt werden soll. Das Aktivsystem besteht aus einem Sender, der am Körper des
Gefangenen (z. B. Fußgelenk) getragen wird, einem am
Telefon installierten Empfänger und einem hiermit verbundenen Computer in einer Überwachungszentrale. Der
Sender übermittelt chiffrierte Signale an den Empfänger,
die über den Telefonanschluss an den Computer weitergeleitet werden. Entfernt sich der Gefangene aus dem
Umfeld des Empfängers (der Bewegungsradius beträgt
ca. 50 m) oder entfernt er den Sender, so wird das Übertragungssignal unterbrochen und ein Alarm ausgelöst.
Der Computer lässt sich so programmieren, dass nur bestimmte Zeiten kontrolliert werden. Das Passivsystem besteht aus einem Codeleser, der fest mit dem Gefangenen
verbunden ist, einem an das Telefon angeschlossenen Bestätiger und einem hiermit verbundenen Computer. Der
Computer wählt nach einem bestimmten Programm den
Telefonanschluss an und der Gefangene bestätigt seine
Anwesenheit, in dem er den Codeleser in die Bestätigungsbox einführt. Das Passivsystem ist im Vergleich
zum Aktivsystem unkomplizierter, zuverlässiger und kostengünstiger, lässt aber keine permanente Kontrolle zu.
Der elektronisch überwachte Hausarrest stellt einen tiefgreifenden Eingriff in das Recht des Betroffenen auf informationelle Selbstbestimmung dar. Eine solche Maßnahme fordert eine bereichsspezifische und normenklare
Regelung, insbesondere wenn die Maßnahme über den
zeitlich befristeten Modellversuch hinausgehen soll. Es
sprechen jedoch aus datenschutzrechtlicher Sicht keine
grundsätzlichen Bedenken gegen die probeweise Einführung des elektronisch überwachten Hausarrestes, vielmehr ist die konkrete Ausgestaltung des Verfahrens entscheidend. Ich teile auch nicht die Auffassung, der
elektronisch überwachte Hausarrest widerspreche dem
Menschenbild des Art. 1 GG, weil der Mensch zum Objekt des technischen Überwachungsapparates degradiert

Drucksache 14/5555

werde. Zwar ist sicherlich zutreffend, dass bei den Gefangenen eine durchgehende Überwachung gewährleistet
werden muss, schon allein um eine Akzeptanz dieser
Maßnahme in der Öffentlichkeit zu erreichen; der Gefangene muss wissen, dass er permanent kontrolliert und dass
bei Verstößen eine sofortige Reaktion erfolgen wird. Der
elektronisch überwachte Hausarrest soll aber eine gesonderte Unterbringungsform neben dem geschlossenen und
dem offenen Vollzug sein. Aus diesem Grund ist die Situation des Gefangenen, der sich im elektronisch überwachten Hausarrest befindet, mit der Situation des Gefangenen in einer Justizvollzugsanstalt zu vergleichen,
der ebenfalls permanent überwacht wird. Auch dieser hat
keine Freiräume, in denen er sich der Kontrolle der Anstalt entziehen kann. Auch er muss jederzeit damit rechnen, dass seine momentane Beschäftigung kontrolliert
wird. Es ist deshalb hervorzuheben, dass der elektronisch
überwachte Hausarrest keine Alternative zur Freiheit,
sondern zum Vollzug der Freiheitsstrafe in einer Haftanstalt darstellt.
Problematischer erscheint die Frage der Datenerhebung:
Durch den elektronisch überwachten Hausarrest werden
Daten über den Gefangenen aus dessen Wohnung und aus
seinem sonstigen Umfeld erhoben. Hier dürfen nicht mehr
Daten erhoben und verarbeitet werden als unbedingt erforderlich. Eine gesetzliche Grundlage für die Erhebung
oder gar Speicherung dieser Daten ist ebenso notwendig
wie Regelungen für die Löschung der Daten nach Ablauf
einer bestimmten Frist.
Eine entscheidende Frage ist ferner, von welchen Personen eine Einwilligung einzuholen ist. Der Gesetzentwurf
schreibt die Einwilligung „sämtlicher im Haushalt lebenden erwachsenen Personen“ vor. Dies erscheint ebenso
wie die Altersgrenze sachgerecht, da durch die Kontrollmaßnahmen auch die Rechtspositionen dieses Personenkreises beeinträchtigt werden können. Allerdings sollte
vor dem Hintergrund, dass durch den elektronisch überwachten Hausarrest das Beschäftigungsverhältnis des Gefangenen bewahrt bleiben soll, auch überlegt werden, die
Einwilligung des Arbeitgebers einzuholen. Dies gilt um
so mehr, als auch Kontrollmaßnahmen am Arbeitsplatz
durchzuführen sind. Jedoch sollte die Zustimmung des
Arbeitgebers nur mit Einwilligung des Gefangenen eingeholt werden.
Aus datenschutzrechtlicher Sicht bestehen also keine
durchgreifenden Bedenken gegen den Gesetzentwurf des
Bundesrates. In den parlamentarischen Beratungen des
Deutschen Bundestages werde ich mich dafür einsetzen,
eine die Persönlichkeitsrechte aller Betroffenen wahrende
Regelung zu erreichen.

6.9

Internationale Rechtshilfe
in Strafsachen

In meinem 17. TB (Nr. 6.10) habe ich ausführlich über den
„Entwurf eines Übereinkommens über die Rechtshilfe in
Strafsachen zwischen den Mitgliedstaaten der Europäischen Union“ berichtet, der dem Ziel der Verbesserung
der justitiellen Zusammenarbeit in Strafsachen dient. Das

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