Drucksache 14/5555
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der Nutzung dieses Mediums ausmacht, kann man diesen
Missbrauch nicht hinnehmen.
Weil aber in der Regel die Nutzung für den Nutzer entgeltfrei ist, werden Nutzungsdaten zur Abrechnung nicht
benötigt. Sie sind deshalb zu löschen und sind dann für die
Strafverfolgung nicht mehr verfügbar. Das ist unschädlich, wenn es zur Strafverfolgung genügt, den Anbieter zu
kennen, der für die Straftat verantwortlich ist und dessen
Angebot zumindest eine gewisse Zeit lang gerade dafür
im Netz erreichbar sein muss. Für den Fall, dass man,
etwa zu Beweiszwecken, auch Daten der Nutzer eines solchen Angebotes benötigt, ist zu klären, wie man diese Daten zuverlässig und gerichtsverwertbar erlangen kann.
Das vorsorgliche Speichern aller personenbezogenen Daten aus allen Nutzungen des Internet wäre jedoch offensichtlich unverhältnismäßig. Es würde einen unzumutbaren Überwachungsdruck für jeden Nutzer erzeugen und
damit nicht nur die Informationsfreiheit, sondern auch die
Entwicklung dieses Mediums beeinträchtigen.
Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode
Juli 2000 einen Entwurf für eine EG-Richtlinie über die
Verarbeitung personenbezogener Daten und den Schutz
der Privatsphäre in der elektronischen Kommunikation
vorgelegt. Diese soll die bestehende Richtlinie vom Dezember 1997 ersetzen. Aus meiner Sicht sollte die neue
Richtlinie zum Anlass genommen werden, auch im nationalen Recht den Datenschutz in der Telekommunikation
und bei den Telediensten in einem einheitlichen Gesetz zu
regeln. Dies würde der zusammenwachsenden Technik in
beiden Bereichen entsprechen, den Anbietern von Komplettlösungen Rechtssicherheit und -klarheit verschaffen
sowie den Nutzern dieser Dienste ein einheitliches und
damit für sie durchschaubares Rechtssystem anbieten
(s. Nr. 10.1.1).
Das zwangsweise Speichern aller Daten aus der Nutzung
des Internet sollten die Demokraten denen überlassen, die
Gründe haben, die Informationsfreiheit zu fürchten.
Überhaupt scheint sich die Halbwertzeit von Datenschutzvorschriften im Bereich der Informations- und
Kommunikationsmedien weiter zu reduzieren. Vor diesem Hintergrund appelliere ich an den Gesetz- und Verordnungsgeber, nicht nur reaktiv auf die Entwicklungen
der Telekommunikationstechnik und Gegebenheiten des
Telekommunikationsmarktes zu antworten, sondern
diese im Vorfeld aufzugreifen und mitzugestalten.
1.10
1.11
Datenschutz in der Telekommunikation stärken
Fortentwicklung und Ausbreitung moderner Informationstechnologien erfolgen in schnellen, großen Schritten. Von den Bürgern werden die neuen Möglichkeiten
in der Telekommunikation massenhaft als Fortschritt
genutzt.
Demgegenüber erhalten die herkömmlichen Befugnisse
der Strafverfolgungsbehörden eine neue Dimension.
Nach § 12 FAG können Strafverfolgungsbehörden in
strafgerichtlichen Verfahren von Telekommunikationsunternehmen Auskunft darüber verlangen, wer wann mit
wem wie lange kommuniziert hat (sog. Verbindungsdaten). Mit Blick auf den Umfang der heute anfallenden Daten können mittels der Verbindungsdaten nahezu Verhaltensprofile mit hoher Aussagekraft erstellt werden. Eine
Überwachung dieser Vorgänge greift daher tief in das Telekommunikationsgeheimnis der Betroffenen ein. Seit
längerem steht eine Erneuerung dieser Vorschrift an. In
diesem Zusammenhang appelliere ich an den Gesetzgeber, die Auskunftsanordnung von einem Katalog von
Straftaten abhängig zu machen, bei denen die Verbindungsdaten mitgeteilt werden dürfen. Unabdingbar ist
auch, eine Schutzklausel für Telefonate von Personen zu
schaffen, die zur Wahrung von Berufsgeheimnissen verpflichtet sind, wie Priester, Ärzte, Rechtsanwälte oder
Journalisten. Der vom Gesetzgeber durch die bestehenden
Zeugnisverweigerungsrechte anerkannte Schutz des Vertrauensverhältnisses zwischen bestimmten Berufsangehörigen und Dritten, die deren Hilfe und Sachkunde in
Anspruch nehmen, muss auch im modernen Telekommunikationszeitalter Bestand haben (s. Nr. 6.4.1).
Wegen der rasanten Entwicklung der modernen Kommunikationstechniken hat die Europäische Kommission im
Appell zu mehr eigenverantwortlichem Datenschutz
Immer wieder wenden sich Bürger mit Beschwerden an
mich, Unternehmen seien im Besitz ihrer Adressdaten,
die sie niemals dorthin weitergegeben hätten. Insbesondere was die freiwillige Weitergabe ureigener Daten an
private Dritte betrifft, muss jeder Einzelne Verantwortung für den Schutz seiner Daten aktiv übernehmen. Hier
appelliere ich an die Bürger zu mehr eigenverantwortlichem Datenschutz. Wer die Weitergabe seiner Daten
nicht möchte, muss daher darauf achten, dass entsprechende Klauseln in Firmenunterlagen gestrichen werden.
Dazu gehört auch, sich mit Kleingedrucktem auseinander
zu setzen und bei Unklarheiten das Unternehmen zu fragen. Mehr Eigenvorsorge heißt auch, etwas mehr darauf
zu achten, wem man welche Informationen und Auskünfte gibt. Für Informationen über den Datenschutz wie
auch für die Durchsetzung ihrer Datenschutzrechte stehen den Bürgern die Datenschutzbeauftragten von Bund
und Ländern wie auch die Aufsichtsbehörden der Länder
zur Seite.
An die Nutzer der Informationstechnik appelliere ich insbesondere möglichst Angebote datenschutzfreundlicher,
d. h. sicherer Technik zu nutzen und damit zum eigenen
Datenschutz beizutragen. Im Bereich des technischen Datenschutzes wird vieles nicht durch Gesetze, sondern
durch andere Normen und Standards geregelt werden
müssen. Hierbei setze ich vor allem auch darauf, dass der
Gesetzgeber im neuen Bundesdatenschutzgesetz die Rahmenbedingungen für das sog. Datenschutzaudit schaffen
wird. Damit würde dem Konsumenten, der vielfach die
technischen Fragen der Datensicherheit gar nicht abschätzen kann, ein Gütesiegel für datenschutzfreundliche
Produkte an die Hand gegeben (s. Nr. 8.1.2).