Drucksache 14/5555
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Flight Crew Licensing Medical) verpflichte deshalb folgerichtig die Mitgliedstaaten, dieses in nationales Recht
umzusetzen. Meine Prüfung ergab, dass der o. a. Anhang
des ICAO-Abkommens lediglich die Speicherung der
„angeforderten“ Einzelbefunde vorsieht. Eine Verpflichtung zur Speicherung sämtlicher personenbezogener Einzelbefunde (zentrale medizinische Dokumentation)
konnte ich darin nicht erkennen. Um sowohl der Rechtslage als auch den berechtigten Interessen der Beteiligten
Rechnung zu tragen, habe ich mit Vertretern des
BMVBW, des Fliegerärztlichen Ausschusses beim LBA,
der Fliegerärztlichen Untersuchungsstellen und der
Fachverbände folgende Grundlagen für das weitere Vorgehen erarbeitet:
1. Einzelbefunde dürfen im Rahmen der Zweckbestimmung des § 65 Abs. 2 des Luftverkehrsgesetzes
(LuftVG) nur dann gespeichert werden, wenn sie für
Erlaubnisse und Berechtigungen (Anordnung von
Auflagen und Beschränkungen) relevant sind und
als Grundlage für Verwaltungsentscheidungen dienen.
2. Eine vollständige Dokumentation sämtlicher Einzelbefunde im Rahmen der Erstellung fliegerärztlicher
Tauglichkeitszeugnisse ist weder für die Erteilung von
Erlaubnissen und Berechtigungen erforderlich, noch
darf sie zu anderen als den im Gesetz genannten Zwecken genutzt werden (z. B. zur Kontrolle der Fliegerärzte).
3. Für die Arbeit der Fliegerärztlichen Untersuchungsstellen zur Beurteilung von Krankheitsverläufen an
Hand einer Beispielsammlung genügt die Speicherung
anonymisierter Einzelbefunde.
4. Sofern auf Wunsch des Betroffenen der Fliegerärztliche Ausschuss eine Entscheidung über die Aufrechterhaltung einer Lizenz (evtl. unter bestimmten Auflagen)
aus gesundheitlicher Sicht treffen soll, kann dafür mit
Zustimmung des Betroffenen die Akte von der jeweiligen Fliegerärztlichen Untersuchungsstelle angefordert
werden. Für diesen Zweck ist eine zentrale Speicherung sämtlicher Einzelbefunde aller Fliegerärztlichen
Untersuchungsstellen nicht erforderlich.
5. Die sogenannte Fliegerdatenbank wird nicht beim
LBA errichtet. Ob – wie vermutet – eine anonymisierte Speicherung von Einzelbefunden bei einem
privaten Träger (Fliegerärztliches Zentrum oder Deutscher Fliegerarztverband) ohne Änderung der Rechtslage möglich ist, wird derzeit im BMVBW untersucht.
6. Internationales Recht steht dieser datenschutzgerechten und nach deutschem Recht gebotenen Vorgehensweise nicht entgegen.
28.5.3 Rechtsetzung aufgrund internationaler
Verpflichtungen
Wie vorstehend ausgeführt (s. o. Nr. 28.5.2), wird bei
Rechtsetzungsvorhaben auf dem Gebiet der Luftfahrt oft
auf Verpflichtungen aus dem Abkommen vom 7. Dezem-
Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode
ber 1944 über die Internationale Zivilluftfahrt (ICAO–
Abkommen) verwiesen. Die konkreten Vorgaben für nationale Regelungen und Maßnahmen ergeben sich jedoch
nicht aus diesem Abkommen in der Fassung des Ratifizierungsgesetzes vom 7. April 1956 selbst, sondern aus
den von Luftfahrtexperten der einzelnen Staaten im Auftrag ihrer Regierungen erarbeiteten Anhängen hierzu, die
drei Monate nach Vorlage bei den Vertragsstaaten oder
nach Ablauf eines vom Rat festgelegten längeren Zeitraumes wirksam werden. Wie stark die nationale Rechtsetzung durch derartig erarbeitete internationale Vorgaben
gebunden sein kann, zeigt die Begründung des damaligen
BMV zum Erlass der Dritten Verordnung zur Änderung
der Verordnung über Luftfahrtpersonal, in der es heißt:
„Im Rahmen der Arbeitsgemeinschaft europäischer Luftfahrtbehörden (Joint Aviation Authorities, JAA), zu deren
Beitritt die Bundesrepublik Deutschland nach Artikel 5
der Verordnung (EWG) Nr. 3922/91 des Rates vom
16. Dezember 1991 zur Harmonisierung der technischen
Vorschriften und der Verwaltungsverfahren in der Zivilluftfahrt (Abl. EG Nr. L 373 S 4) verpflichtet ist, wurden
die Joint Aviation Requirements JAR–66 und JAR 147 erstellt und im Rat der JAA verabschiedet. Auf Grund ihrer
Mitgliedschaft in der JAA sind die Mitgliedstaaten verpflichtet, JAR in ihr nationales Recht zu überführen.“
Das belegt, welche große Verantwortung die Vertreter in
internationalen Gremien hinsichtlich der Regelungstiefe
von Abkommen/Verträgen/Richtlinien unter Beachtung
deutscher Rechtsnomen tragen. Dass hierbei aber auch ein
großer Verhandlungsspielraum vorhanden ist, zeigen vielfach internationale Abkommen und Europäische Richtlinien, die Formulierungen wie „soweit er (der Staat) es für
durchführbar hält“, „in Übereinstimmung mit Richtlinien
und Verfahren, die aufgrund dieses Abkommens empfohlen werden“, „geeignete einheitliche Verfahren“, enthalten. Die Vertreter in internationalen Gremien/Organisationen sind somit in der Lage, eine zu enge Bindung des
Gesetz- und Verordnungsgebers zu vermeiden und den
nationalen Prinzipien Geltung zu verschaffen. Soweit jedoch grundrechtsrelevante Einschränkungen vorgesehen
werden, kann ein evtl. entstehender Konflikt zwischen internationaler Bindung und nationalen gesetzlichen
Schranken nur durch den Parlamentsvorbehalt aufgelöst
werden.
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Post
29.1
Das Wirtschaftsministerium greift meine
Kritik auf!
Seit der Liberalisierung des Postmarktes haben mich viele
Anfragen erreicht, die die nähere Ausgestaltung einiger
wichtiger Vorschriften des neuen Postgesetzes (PostG)
betreffen. Häufig ging es dabei um Probleme, die mit der
dringend benötigten Novellierung der Postdienstunternehmen–Datenschutzverordnung (PDSV) längst hätten
behoben sein können (s. 17. TB Nr. 29.1).