Drucksache 14/5555
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beitskraft und mehr Durchsetzungsmacht. Deshalb haben
die in der Gesellschaft für Versicherungswissenschaft und
-gestaltung e. V. (GVG) zusammen arbeitenden Institutionen das Aktionsforum Telematik im Gesundheitswesen
(ATG) gegründet, das zu seiner ersten Plenumsveranstaltung im August 1999 die Interessenten an diesem Thema
eingeladen hatte. In der GVG arbeiten die gesetzlichen
Sozialversicherungen, private Kranken- und Lebensversicherungen, Ärzte, Apotheker, Krankenhäuser, Arzneimittelhersteller und andere Leistungserbringer sowie Sozialpartner und Wissenschaftler zusammen. Es ist zu hoffen,
dass unter dem Dach dieser starken Gemeinschaft überzeugende und breit einsetzbare Verfahren zur Verbesserung der Kommunikation im Gesundheitswesen erarbeitet werden. Die Sachstandsberichte auf der zweiten
Plenumsveranstaltung im Dezember 2000 waren ermutigend. Sie ließen aber auch die Grenzen der Leistungsfähigkeit überwiegend ehrenamtlich tätiger Arbeitsgruppen
erkennen.
Eine erfolgreiche Fortsetzung dieser Aktivitäten ist auch
im Interesse des Datenschutzes der Patienten zu wünschen, der in klaren und festen Strukturen besser zu gewährleisten ist, als durch das Entstehen von miteinander
nicht kompatiblen Einzellösungen.
25.1.3 Das elektronische Rezept
Während in den Arztpraxen die Rezepte zunehmend mit
Unterstützung durch automatisierte Datenverarbeitung
ausgestellt werden und auch die Abrechnung in den Apotheken einschließlich der Bestandsführung weitgehend
automatisiert wurde, steht das Rezept selbst noch immer
recht konventionell auf Papier. Es wird außer zum Transport der Information vom Arzt zum Apotheker auch als
Dokument der ärztlichen Verordnung und damit neben der
automatisierten Abrechnung als Beleg dafür benötigt.
Weil heute sowohl der Datentransport als auch die Belegfunktion ohne den lästigen Medienbruch „vollelektronisch“ realisiert werden können, liegt es nahe, hier wie
schon beim Krankenschein, das Papier durch eine andere
Form abzulösen. Wenn der Arzt die Daten seiner Verordnung elektronisch unterschreiben kann (s. dazu Nr. 9.1.2),
müssen diese nur noch in der Apotheke vom Patienten
präsentiert werden und alle weiteren Verwaltungsarbeiten
erfolgen automatisch. Für den Transport der elektronischen Form der Daten zu der Apotheke, die der Patient
oder sein Beauftragter aufsucht, werden zwei verschiedene Verfahren diskutiert:
n
25.1.2 Der elektronische Arztbrief
Ein – leidiges – Thema der Zusammenarbeit verschiedener Einrichtungen bei der Behandlung eines Patienten ist
die Weitergabe relevanter Angaben an den weiter behandelnden Arzt. Zulässig ist die Übermittlung von Patientendaten nach den Berufsordnungen für Ärzte, wenn der
Patient damit einverstanden ist und die Angaben für
seine weitere Behandlung beim Empfänger erforderlich
sind. Das Einverständnis kann angenommen werden,
wenn der Patient von der bevorstehenden Übermittlung
weiß und nicht widersprochen hat. Obwohl diese sinnvolle Regelung einfach umzusetzen ist und die Informationen im Prinzip spätestens mit dem Patienten eintreffen müssten, kommt der Arztbrief mitunter zu spät oder
enthält nicht alle benötigten Angaben in verwertbarer
Form. Deshalb liegt es nahe, nach einem Verfahren zu
suchen, das den Arztbrief mit automatisierter Unterstützung aus der – automatisiert geführten – ärztlichen Dokumentation leicht, z. B. parallel mit der Überweisung
oder mit der Entlassung aus dem Krankenhaus, erstellen
lässt, und das beim Empfänger die übermittelten Angaben in die dort ebenfalls automatisiert geführte Dokumentation integriert.
Außer einer gewissen technischen Standardisierung und
einer Strukturierung der Kerninformationen müssen hier
Schnittstellen zu den Dokumentationen und eine Art der
Datenübermittlung festgelegt werden, die sicher gegen
unbefugte Kenntnisnahme ist. Weil sich derartige Festlegungen nicht aus den jetzt stellenweise begonnenen Einzellösungen von selbst entwickeln, hat das ATG (s. o. Nr.
25.1.1) dies zu einem seiner Arbeitsschwerpunkte gemacht. Die Datenschutzbeauftragten des Bundes und der
Länder beteiligen sich an dieser Entwicklung.
Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode
n
Das Rezept wird in den Speicher einer Chipkarte geschrieben. Weil es durch die Signatur des Arztes bereits
gegen Verfälschungen geschützt ist, könnte dafür eine
schlichte Speicherchipkarte ausreichen, z. B. die Krankenversichertenkarte (KVK). Die dazu notwendige
Änderung des § 291 SGB V, der den Inhalt der KVK
bestimmt, wäre möglich. Vorteilhafter wäre jedoch etwas mehr Sicherheit gegen das unbefugte Auslesen der
Daten und dagegen, dass die Daten eines Rezepts kopiert und nach der Präsentation in der Apotheke, in der
sie beim Ausgeben des Medikamentes gelöscht werden, erneut auf die Karte geschrieben werden, um das
Medikament noch einmal zu erhalten. Diese Sicherheit
könnte eine Chipkarte mit Prozessor bieten (s. Nr. 9),
die mittelfristig auch als KVK sinnvoll wäre. Auch
eine Gesundheitsdatenkarte käme als Rezeptträger in
Frage (s. o. Nr. 9.1.1.). Als leseberechtigt für die Rezeptdaten könnte sich der Apotheker mit einer HPC
ausweisen.
Die Rezeptdaten werden auf einen Server geschrieben,
von dem sie aus jeder Apotheke abrufbar sind, sobald
die KVK oder ein anderes Mittel zum Finden des Rezepts dieses Patienten in der Apotheke vorgelegt wird.
Dieses Verfahren stellt hohe Anforderungen an die Verfügbarkeit und an die Sicherheit des Servers und der
Telekommunikationsverbindungen. Weil auf dem Server Gesundheitsdaten von Patienten liegen, sollten sie
dort rechtlich so geschützt sein wie beim Arzt oder im
Gewahrsam einer Krankenanstalt (s. o. Nr. 9.1.1).
Beide Verfahren lassen sich so ausgestalten, dass der behandelnde Arzt erfahren kann, ob und ggf. wann der Patient sein Rezept eingelöst hat. Einerseits kann diese Information für die weitere Behandlung von Interesse sein,
andererseits kann ein Patient auch ein berechtigtes Interesse daran haben, dass sein Arzt das nicht erfährt. Darüber muss noch diskutiert und dann sachgerecht entschie-