Drucksache 14/5555

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Schlüssel zur Erfüllung der Aufgaben nach dieser Vorschrift erforderlich sind und nicht unverhältnismäßig
– insbesondere durch zu tiefgehende Spezifizierung – in
die Privatsphäre des jeweils Betroffenen eingreifen.
Außerdem habe ich darauf aufmerksam gemacht, dass
die Erweiterung nur für die Abrechnung der Leistungen
der Krankenhäuser nach § 301 SGB V vorgenommen
werden kann, nicht dagegen für die Abrechnungen ärztlicher Leistungen nach § 295 SGB V. Das BMG und das
DIMDI sind meinen Vorschlägen gefolgt. Die Erweiterung des ICD-10 ist durch § 301 Abs. 2 SGB V i. V. m.
§ 17 b Krankenhausfinanzierungsgesetz gedeckt; gegen
die jetzt ergänzte Fassung des ICD-10 habe ich keine Bedenken mehr.

dann zulässig ist, wenn der Betroffene im Einzelfall
eingewilligt hat.
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21.3

Anforderung von Krankenhausentlassungsberichten durch Krankenkassen

Wegen vieler Eingaben zur Anforderung von Krankenhausberichten durch gesetzliche Krankenkassen stelle ich
nachfolgend meine Auffassung hierzu dar:
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Die Krankenkassen dürfen Daten nur erheben, wenn
sie hierfür eine Befugnis haben. Diese Erhebungsbefugnis hat allerdings ihre Grenzen in für die gesetzliche Krankenversicherung abschließend im SGB
geregelten Übermittlungsbefugnissen der Leistungserbringer.
Eine Verpflichtung der Krankenhäuser zur Übermittlung von Krankenhausentlassungsberichten, Arztbriefen, Befundberichten, ärztlichen Gutachten, Röntgenaufnahmen usw. besteht nicht. Der Datenkatalog der
Vorschrift des § 301 SGB V ist nicht nur eine Regelung
für die Fälle der maschinenlesbaren Übermittlung
von Leistungsdaten, sondern grundsätzlich eine abschließende Regelung zulässiger Datenübermittlungen
zu Abrechnungszwecken zwischen Krankenhaus und
Krankenkasse.
§ 301 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB V sieht lediglich vor,
dass auf Verlangen der Krankenkassen die medizinische Begründung für die Überschreitung der Dauer der
Krankenhausbehandlung zu übermitteln ist. Diese Vorschrift eröffnet nicht die Befugnis zur Erhebung von
Krankenhausentlassungsberichten, Arztbriefen, Befundberichten, ärztlichen Gutachten, Röntgenaufnahmen usw., sondern vielmehr zur Übermittlung von Antworten auf bestimmte Fragen im erforderlichen
Umfang.
Auch aus § 73 Abs. 2 Nr. 9 SGB V lässt sich keine Verpflichtung von Ärzten zur Übermittlung der vorgenannten Unterlagen an die Krankenkassen herleiten.
Auf Grund der spezialgesetzlichen Regelungen im
SGB V sehe ich für die Anwendung des § 100 SGB X
– soweit es die Übermittlung von Krankenhausentlassungsberichten angeht – keinen Raum; dies gilt auch
für die zweite Alternative in § 100 Abs. 1 Satz 1
SGB X, nach der eine Übermittlung durch den Arzt

Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode

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Die Einholung einer Einwilligungserklärung des Versicherten zur Übermittlung der vorgenannten Unterlagen
an die Krankenkasse wäre eine Umgehung der gesetzlichen Regelung zur Prüfung der medizinischen Sachverhalte durch den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK). Aus diesem Grunde halte ich die
Forderungen der Krankenkassen an Krankenhäuser
und Ärzte, bei Vorliegen einer Einwilligungserklärung
des Versicherten die vorgenannten Unterlagen an die
Krankenkassen zu übermitteln, für rechtlich nicht gedeckt und damit unzulässig.
Der Gesetzgeber hat die Prüfung medizinischer Sachverhalte ausdrücklich dem MDK übertragen. In § 275
SGB V ist eindeutig geregelt, dass die Krankenkassen
beim MDK in folgenden Fällen unter den in dieser Vorschrift genannten Voraussetzungen eine gutachtliche
Stellungnahme einholen müssen:
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bei der Erbringung von Leistungen, insbesondere
zur Prüfung von Voraussetzung, Art und Umfang
der Leistung,

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zur Einleitung von Rehabilitationsleistungen,

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in bestimmten Fällen bei Arbeitsunfähigkeit.

Zum Verfahren hinsichtlich der Einschaltung des
MDK bemerke ich:
Nach § 276 Abs. 1 Satz 1 SGB V sind die Krankenkassen verpflichtet, dem Medizinischen Dienst die für die
Beratung und Begutachtung erforderlichen Unterlagen
vorzulegen und Auskünfte zu erteilen.
Nach § 276 Abs. 1 Satz 2 SGB V dürfen Unterlagen,
die der Versicherte freiwillig der Krankenkasse übermittelt hat, dem MDK nur mit Einwilligung des Versicherten weitergegeben werden.
§ 276 Abs. 2 Satz 1 SGB V regelt die Befugnis des
MDK, Sozialdaten zu erheben, soweit dies für die Prüfungen, Beratungen und gutachtlichen Stellungnahmen nach § 275 SGB V erforderlich ist. Die Leistungserbringer sind nach § 276 Abs. 2 Satz 1
2. Halbsatz SGB V verpflichtet, Sozialdaten – gemeint
sind personenbezogene Daten, Unterlagen einschließlich Befundunterlagen, auch von anderen Leistungserbringern – dem MDK zu übermitteln. Die Versendung
sollte unmittelbar an den MDK erfolgen. Falls die Anforderung nicht durch den MDK, sondern durch die
Krankenkasse zur Weiterleitung an den MDK erfolgt,
ist die Versendung auch an die Krankenkasse hinnehmbar, wenn die medizinischen Unterlagen in einem
gesonderten, verschlossenen Umschlag übersandt werden, der mit der Anschrift des MDK sowie einem Vermerk „ärztliche Unterlagen – nur vom MDK zu öffnen“ versehen ist. Damit wird sichergestellt, dass eine
unzulässige Einsichtnahme in die Krankenhausentlassungsberichte durch die Krankenkasse dabei nicht
erfolgt.

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