Drucksache 16/6880
3.

–8–

Beschränkungen des Fernmeldegeheimnisses bei Gefahr für Leib und
Leben einer Person im Ausland
nach § 8 G10

Nach § 8 G10 dürfen Beschränkungen nach § 1 Abs. 1
G10 für internationale Telekommunikationsbeziehungen
im Sinne von § 5 Abs. 1 Satz 1 G10 angeordnet werden,
wenn dies erforderlich ist, um eine im Einzelfall bestehende Gefahr für Leib und Leben einer Person im Ausland rechtzeitig zu erkennen oder ihr zu begegnen, und
wenn dadurch Belange der Bundesrepublik Deutschland
unmittelbar in besonderer Weise berührt sind.
Die Vorschrift soll es u. a. ermöglichen, dass die Bundesregierung sich schützend für entführte deutsche Staatsbürger im Ausland einsetzen kann, um ein rasches Ende
einer Geiselnahme zu erreichen. Diese Bestimmung ermöglicht dem BND in besonderen Krisensituationen die
strategische Fernmeldekontrolle auch außerhalb ihres eigentlichen durch § 5 Abs. 1 G10 umrissenen Bereichs.
Im Berichtszeitraum ist eine Beschränkungsmaßnahme
nach § 8 G10 angeordnet worden.
V.

Gesetzgeberischer Änderungsbedarf

Die Bundesregierung hat am 2. Februar 2006 den Entwurf eines Ersten Gesetzes zur Änderung des Artikel 10Gesetzes vorgelegt (Bundestagsdrucksache 16/509). Der
Gesetzentwurf war bereits in der letzten Legislaturperiode eingebracht, in dieser aber nicht mehr beraten
worden. Der Gesetzentwurf ist in der ersten Lesung am
6. April 2006 federführend an den Innenausschuss des
Deutschen Bundestages überwiesen worden.
In ihrem Erfahrungsbericht zum G10-Gesetz vom 12. November 2003 (Bundestagsdrucksache 15/2042) hatte die
Bundesregierung eine insgesamt positive Bilanz zu dem
im Juni 2001 novellierten G10 gezogen, gleichzeitig aber
auch Prüfbedarf für weiterführende Änderungen im Detail deutlich gemacht. Änderungsbedarf wurde insbesondere mit Blick auf die Datenerhebung und -verarbeitung
des Bundesnachrichtendienstes im Bereich der strategischen Telekommunikationsüberwachung gesehen.
Mit dem vorgelegten Gesetzentwurf soll das G10 um Befugnisnormen zugunsten des BND ergänzt werden. So
soll der BND verbesserte Möglichkeiten zur Aufklärung
der Proliferation und des internationalen Waffenhandels
durch Zulassung einer Befugnis zur Individualüberwachung von Telekommunikationsanschlüssen an Bord
deutscher Hochseeschiffe außerhalb deutscher Hoheitsge-

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

wässer erhalten. Ferner soll die Befugnis zur strategischen Telekommunikationsüberwachung im Gefahrenbereich des internationalen Rauschgifthandels redaktionell
präzisiert werden und durch die Einführung eines neuen
Gefahrenbereiches „illegale Schleusung“ erweitert werden. Mit der Änderung sollen ferner die Datenverarbeitung durch den BND und der Datenschutz optimiert werden. Für die Befugnis des BND zur Übermittlung der
durch die strategische Telekommunikationsüberwachung
gewonnenen Daten soll im Interesse von Rechtsklarheit
und Datenschutz eine neue, eigenständige Regelung geschaffen werden.
Weiterhin soll die Individualüberwachung der Telekommunikation für alle Nachrichtendienste durch die ausdrückliche Zulassung der auf Gerätenummern bezogenen
Überwachungen optimiert werden.
Schließlich sollen durch eine Detailänderung des § 8 G10
die Lokalisierungs- und damit auch Rettungsmöglichkeiten für gefährdete Personen (wie z. B. entführte Deutsche
im Ausland) verbessert werden. Hierbei soll die Möglichkeit einer gezielten Erfassung von Telekommunikationsanschlüssen im Ausland ohne die Einschränkung des § 5
Abs. 2 Satz 3 G10 gegeben werden.
Die geplanten Änderungen des G10 hatte die G10-Kommission seinerzeit zum Anlass genommen, eine Überarbeitung der bestehenden Regelungen zur Bestimmung
von Telekommunikationsbeziehungen nach den §§ 5
Abs. 1 und 8 G10 anzuregen, um das Verfahren insbesondere vor dem Hintergrund der gegenwärtig bestehenden
Doppelbefassung von Parlamentarischem Kontrollgremium und G10-Kommission ohne einen Verlust an
Verfahrenssicherung zu entbürokratisieren und zu vereinfachen. Die G10-Kommission hatte entsprechende
Vorschläge an die Vorsitzenden des Parlamentarischen
Kontrollgremiums sowie des Innen- und Rechtsausschusses übersandt (vgl. im Einzelnen Bundestagsdrucksache 16/2551, S. 8 ff.) .
Der Vorsitzende der G10-Kommission hat zwischenzeitlich mit Schreiben vom 7. August 2007 die Anregungen
der Kommission gegenüber den Ausschüssen wiederholt
und auf die Dringlichkeit einer Änderung in diesem Bereich hingewiesen.

Berlin, den 25. Oktober 2007
Dr. Max Stadler, MdB
Vorsitzender

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ISSN 0722-8333

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