Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

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Drucksache 18/12850

Die Hälfte der auf der „2005er-Liste“ enthaltenen Selektoren sei nicht auf der Ablehnungsliste zu finden
gewesen, was nach Einschätzung der Abteilung Technische Aufklärung des BND auf die Neuinstallierung
der JSA-Datenbank Anfang 2008 zurückzuführen sei: Hierbei seien die bis dahin vorhandenen Datensätze
überschrieben worden und daher in der 2015 erstellten Ablehnungsliste nicht mehr aufgeführt.4533 Dass es
zwischen den Listen überhaupt Überschneidungen gebe, liege vermutlich daran, dass bestimmte Selektoren
der „2005er-Liste“ erneut durch die US-Seite zur Einsteuerung übergeben und wiederum durch den BND
abgelehnt worden seien.4534
ddd) Der sogenannte Nachfund 1
Der sogenannte Nachfund 1 bestehe aus Dateien einer aufgelösten Organisationseinheit des BND und enthalte mehrere Listen mit NSA-Selektoren, die im Jahr 2007 durch den BND abgelehnt wurden, weil sie
Telekommunikationsmerkmale (TKM) grundrechtsgeschützter Personen oder Institutionen darstellten und
als solche in der G 10-Positivliste enthalten waren.4535 Er enthalte – um Doppelungen bereinigt – 401 als
gestrichen gekennzeichnete Selektoren, ausschließlich Rufnummern.4536
eee) Summarische Auswertung von EU-Regierungsadressen vom August 2013
Aus einem E-Mail-Verkehr vom 14. August 2013 habe sich ergeben, dass ein BND-Mitarbeiter der Dienststelle Bad Aibling beauftragt worden sei, die damalige US-Steuerungsliste nach „Regierungsadressen (.gov,
diplo, bundesamt etc.) aus den EU-Ländern“ zu untersuchen.4537 Das Ergebnis sei eine Auswertung in Form
einer Liste mit mehr als 10 000 Selektoren, sortiert nach den gefundenen Domains der 28 EU-Mitgliedstaaten
und Anzahl der Treffer, gewesen.4538 Die Treffer hätten ca. zwei Drittel der EU-Länder, nicht aber deutsche
„Regierungsadressen“ betroffen.4539
cc)

Deutsche und europäische Ziele in den Listen der NSA-Selektoren

Die sachverständige Vertrauensperson Dr. Graulich hat die vorliegenden Listen daraufhin untersucht, ob sie
Beiträge zur Klärung der Frage einer Aufklärung von Zielen in Deutschland oder europäischen bzw. NATOStaaten erbringen.4540 Nach seinen Vorgaben habe die Abteilung TA des BND eine umfassende Analyse der
Selektorenlisten durchgeführt, wobei die inhaltliche Interpretation einzelner Selektoren zwar stets eine „subjektive Komponente“ enthalte, aber nach seiner Auffassung durchweg schlüssig erschienen sei.4541
Die jeweils angeführte Zahl der deutschen Grundrechtsträger im Ausland wurde „aller Wahrscheinlichkeit
nach" zu hoch angesetzt, da „im Sinne eines möglichst umfassenden G 10-Schutzes" alle Zweifelsfälle dieser

4533)
4534)
4535)
4536)
4537)
4538)
4539)
4540)
4541)

Bericht der sachverständigen Vertrauensperson Dr. Graulich vom 28. Oktober 2015, MAT A SV-11/2, S. 106.
Bericht der sachverständigen Vertrauensperson Dr. Graulich vom 28. Oktober 2015, MAT A SV-11/2, S. 106.
Bericht der sachverständigen Vertrauensperson Dr. Graulich vom 28. Oktober 2015, MAT A SV-11/2, S. 107.
Bericht der sachverständigen Vertrauensperson Dr. Graulich vom 28. Oktober 2015, MAT A SV-11/2, S. 140.
Bericht der sachverständigen Vertrauensperson Dr. Graulich vom 28. Oktober 2015, MAT A SV-11/2, S. 113.
Bericht der sachverständigen Vertrauensperson Dr. Graulich vom 28. Oktober 2015, MAT A SV-11/2, S. 113.
Bericht der sachverständigen Vertrauensperson Dr. Graulich vom 28. Oktober 2015, MAT A SV-11/2, S. 113.
Vgl. Bericht der sachverständigen Vertrauensperson Dr. Graulich vom 28. Oktober 2015, MAT A SV-11/2, S. 128.
Bericht der sachverständigen Vertrauensperson Dr. Graulich vom 28. Oktober 2015, MAT A SV-11/2, S. 129.

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