Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
– 1649 –
Drucksache 18/12850
Am 19. Juni 2013 hat US-Präsident Obama bei seinem Besuch in Berlin betont, dass von deutschem Boden
keine Drohnen zu Kampfeinsätzen starten bzw. nicht geführt und gesteuert würden.8875 Dies entsprach den
Auskünften, die von US-Militärs und der US-Regierung den Medien und der Öffentlichkeit auf zahlreiche
Anfragen gegeben wurden. Es war die US-Sprachregelung, die in der einen oder anderen Variante stets eingehalten und dann auch von der Bundesregierung übernommen wurde.
Diese Antworten lagen allerdings neben den Fragen und der Sache. Sie enthielten Erklärungen zu Teilen der
Fragen oder zu Fragen, die so gar nicht gestellt waren. Sie waren daher nicht nur unvollständig, sondern auch
falsch. Dies ganz abgesehen davon, dass auch Zweifel begründet sind, dass die Antworten der Wahrheit
entsprachen.
So wurde von den Abgeordneten8876 nicht nur nach Planung und Führung bzw. Befehligen oder Starten der
Drohneneinsätze von der US-Air Base in Ramstein oder von AFRICOM in Stuttgart ausgefragt, sondern
nach der Beteiligung an „Zielauswahl oder Durchführung“ bzw. ob gezielte Tötungen mittels Drohnen in
diesen US-Einrichtungen „geplant, durchgeführt, unterstützt“ werden. Die Fragen nach „beteiligen“ bzw.
„unterstützen“ wurden genauso wenig beantwortet wie jene, ob die Bundesregierung die Unterstützung ausschließen kann. Unter diese Begriffe fallen aber jegliche Arten von Involvierung, Verstrickung und Beihilfe
beim Einsatz der Kampfdrohnen – auch die Steuerung über Relaisstationen in Ramstein, zumal wenn diese
Unterstützung unverzichtbar und unersetzbar für das Erreichen des Zieles der gezielten Tötung ist, weil die
tatsächlichen Gegebenheiten (hier die Erdkrümmung) einer direkten Steuerung über Satelliten von den USA
aus entgegensteht. Erfragt wurde also ersichtlich auch, ob der Einsatz der US-Kampfdrohnen in anderen
Länder mit Hilfe oder „über“ Ramstein gesteuert und dirigiert wurden und werden, um die Ziele ausfindig
machen, genau zu orten und die Raketen zur Tötung abzufeuern.
Für Bundesregierung und US-Stellen war bei all den vielen Fragesteller_innen aus Öffentlichkeit und Parlament erkennbar, dass diese sich um die Funktion und Rolle Ramsteins sorgten – und weil diese US-Einrichtung auf deutschem Boden liegt, auch um die Verstrickung Deutschlands bei US-Drohneneinsätze insgesamt
– insbesondere ob dort möglicherweise über den Tod von Menschen außerhalb von Gerichtsverfahren
mitentschieden oder dieser anderweitig von deutschem Boden aus beeinflusst wurde. Um die Beantwortung
dieser konkreten Fragen drückte sich die Bundesregierung jedoch bewusst und gezielt herum trotz jahrelangem und detailliertem Nachhaken. Sie verletzte nachhaltig die gesetzlich garantierten Informations- und
Kontrollrechte von Bundestag und Öffentlichkeit. Deshalb wurde in der Folge eine Befassung des Untersuchungsausschusses mit dieser dringlichen Frage erforderlich. Diese ergab, dass die Annahmen und Befürchtungen berechtigt waren, dass Deutschland in den geheimen Drohnenkrieg der USA, von dem sich die Bundesregierung öffentlich lange distanzierte, zutiefst verstrickt war und vermutlich nach wie vor ist.
8875)
8876)
Rede von Präsident Obama am 19. Juni 2013 in Berlin, nachzulesen unter: http://www.spiegel.de/politik/deutschland/obamas-redein-berlin-am-19-juni-2013-im-wortlaut-englisch-a-906741.html [letzter Abruf: 13. Juni 2017].
Vgl. u. a. Antworten der Bundesregierung auf die Kleinen Anfragen der Fraktion Bündnis90/DIE GRÜNEN „Hinweise auf völkerrechtswidrige Praktiken der USA von deutschem Staatsgebiet aus und die diesbezüglichen Kenntnisse der Bundesregierung“, Bundestagsdrucksache 18/237; der Fraktion DIE LINKE. „Die Rolle des United Staates Africa Commands und der US-Militärbasis in
Ramstein für US-Drohnenangriffe“, Bundestagsdrucksache 18/2794; „Die US-Basis Ramstein als wichtiger Knoten im weltweiten
Drohnenkrieg“, Bundestagsdrucksache 18/11023 und „Zur Rolle des in Deutschland stationierten United States Africa Command
bei gezielten Tötungen durch US-Streitkräfte in Afrika“, Bundestagsdrucksache 17/14401.