Drucksache 18/12850
– 1592 –
Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
gegebüber der BfDI darauf berufen, dass eine solche Miterfassung unvermeidbar sei.8590 Eine Rechtfertigung
kann das jedoch nicht darstellen. Diese Äußerung des BND muss inbesondere vor dem Hintergrund der Möglichkeit von XKEYSCORE, bereits bei Erhebung der Daten eine Zuordnung der jeweiligen Teilnehmer_in
zu leisten, gelesen werden. Da der BND diese Meta- und Inhaltsdaten in einer Datenbank speichert, begründet
er auch die weitere Gefahr, dass diese zur Grundlage weiterer Verarbeitungsmaßnahmen werden. Das Argument, dass die Erhebung jener Daten als Begleiterscheinung lediglich Mittel zum Zweck seien, kann auch
nach Ansicht des BVerfG nichts an der grundrechtlichen Relevanz des Eingriffs ändern.8591 Mit Blick auf
das Verhältnis zwischen erfassten Ziel- und Kontaktpersonen ist erkennbar, dass es sich hier nicht mehr nur
um Einzelfälle handelt, die der BND in seiner Praxis fälschlicherweise überwacht.
Der BND verwandte beim Einsatz von XKEYSCORE auch NSA-Selektoren, d. h. Suchbegriffe, die der
ausländische Nachrichtendienst dem BND zur Gewinnung von Informationen zu paketvermittelten Verkehren übermittelte.8592 Dass der Einsatz dieser Selektoren, die er aufgrund von mangelhaften oder fehlenden
Deutungen zum Teil nicht lesen und nachvollziehen konnte8593, beim Betrieb von XKEYSCORE, sowie auch
die anschließende Ausleitung der hiermit erzielten Treffer an die NSA8594 – jeweils erneute Eingriffe in die
betroffenen Grundrechte – im konkreten Einzelfall für die Aufgabenerfüllung des BND erforderlich war, ist
ausgeschlossen. Zudem hätte der BND die so unzulässigerweise erlangten Trefferdaten auch nicht weiter
verwenden dürfen. Diese Praxis des Nachrichtendienstes stellt eine rechtwidrige Datenverarbeitung dar und
widerspricht den Vorgaben aus § 1 Abs. 2 S. 1, § 2 Abs. 1 S. 1 BNDG8595, auf die sich der BND selbst stets
bezieht.8596 Der BND hätte die Meta- und Inhaltsdaten größtenteils folglich nicht erheben dürfen und wäre
dazu verpflichtet gewesen, sie umgehend zu löschen.
b)
Umgehung von politischer und fachlicher Kontrolle
Der BND unterließ es, Informationen über den Einsatz von XKEYSCORE an das PKGr zu übermitteln. Dies
wäre jedoch zwingend nach § 4 Abs. 1 PKGrG8597 notwendig gewesen. Denn bei dem Einsatz von XKeyscore
handelt es sich um einen Vorgang von besonderer Bedeutung über den das PKGr zu informieren gewesen
wäre. Es handelte sich um eine neue Analysemöglichkeit und eine undurchsichtige Softwarestruktur aus den
Händen eines ausländischen Geheimdienstes.
8590)
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8597)
unter 1.F.III.1.b), zitiert nach netzpolitik.org, https://netzpolitik.org/2016/geheimer-pruefbericht-der-bnd-bricht-dutzendfach-gesetz-und-verfassung-allein-in-bad-aibling/, abgerufen am 18.06.2017.
BVerfGE 120, 378-433, https://www.bverfg.de/e/rs20080311_1bvr207405.html, Rn. 63 ff.
unter 1.F.I), zitiert nach netzpolitik.org, https://netzpolitik.org/2016/geheimer-pruefbericht-der-bnd-bricht-dutzendfach-gesetzund-verfassung-allein-in-bad-aibling/, abgerufen am 07.06.2017.
Vgl. hierzu Kapitel V.7. Verstöße bei der Verwendung von NSA-Selektoren.
Vgl. hierzu Kapitel V.8. Datenübermittlungen des BND an die NSA aus Bad Aibling.
In den Fassungen vom 30.12.1990 – 10.01.2007 und 11.01.2007 – 30.12.2016.
unter 1.F.IV.1), zitiert nach netzpolitik.org, https://netzpolitik.org/2016/geheimer-pruefbericht-der-bnd-bricht-dutzendfach-gesetzund-verfassung-allein-in-bad-aibling/, abgerufen am 06.06.2017.
In der Fassung vom 29. Juli 2009 (davor § 2).