Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
– 1583 –
Drucksache 18/12850
Der Zugriff auf Telekommunikationsverkehrsdaten in Deutschland bedarf nicht nur einer rechtlichen Grundlage, sondern auch einer richterlichen Genehmigung bzw. durch einer solchen durch ein konzeptionell vergleichbares Gremium.8548 Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme steht fest, dass für den Abgriff dieser
Operation keinerlei entsprechende Genehmigung eingeholt wurde oder noch eine solche ergangen ist. Insbesondere wurde auch keine Genehmigung der G 10-Kommission eingeholt.
Da Bestandteile der vom Untersuchungsausschuss beigezogenen Beweismaterialien nach entsprechender
Konsultation nicht freigegeben wurden, lässt sich nicht abschießend feststellen, mit welchem Ziel die Operation begründet wurde. Insbesondere das hierzu zwischen den beteiligten Diensten getroffene sog. Note of
Agreement konnte durch den Ausschuss nicht ausgewertet und bewertet werden. Sämtliche diesbezüglich
zum Umfang und Inhalt der Vereinbarung abgegebenen Zeugenaussagen sind im Ergebnis lückenhaft und
unvollständig, da auch die Aussagegenehmigung der Zeug_innen entsprechend konkrete Angaben nicht zuließ. Die vage umrissene Zielrichtung („Terrorismusabwehr“, „Force Protection“, „Nah- und Mittelost“) der
Operation bewegt sich im öffentlich erklärten Rechtfertigungsrahmen des Aufgabenprofils der Bundesregierung für den BND. Eigene Feststellungen der Erfassungsziele hat der Ausschuss nicht machen können. Erfolgreiche Aufklärungsergebnisse im Sinne des Aufgabenprofils bzw. der weit umrissenen Ziele erbrachte
die Operation tatsächlich nicht8549. Die unklare und offenbar ins Blaue hinein geplante und erfolgte Erfassung
von Kommunikationsdaten und –inhalten entbehrte tatsächlicher Anhaltspunkte einer konkreten Gefahr für
die zu schützenden Rechtsgüter.8550 Die geäußerten Vermutungen – vgl. W. K. unter Fußnote 6 – reichen
nicht aus.8551
Auf die eigentlichen Gründe für die Operation lassen die Angaben der Zeug_innen wie folgt schließen. Der
Zeuge W. K. hat betont, dass es sich um einen langjährigen und engen Partnerdienst des BND handelte. Zudem sei es die erste Operation gewesen, bei welcher für die Datenerfassung und Selektion auch mit Erfassungswünschen des ausländischen Dienstes gearbeitet worden sei. Dies lässt den Schluss zu, dass sowohl im
hiesigen Fall der BND auch darauf bedacht war, seinen eigenen Stellenwert sowohl gegenüber der NSA als
auch dem anderen amerikanischen Nachrichtendienst zu erhöhen. Dafür spricht, dass der BND seinerseits
nicht darauf bestanden hat, den Erfassungsansatz mit einer förmlichen Anordnung zu verwirklichen. Insbesondere vor dem Hintergrund, dass nach Angaben des verantwortlichen Unterabteilungsleiters W. K. der Zugriff auf jedenfalls vermeintlich reine Ausland-Ausland-Verkehre immer vom Einverständnis des Telekommunikationsbetreibers, hier der früheren MCI Deutschland GmbH, abhängig gewesen wäre. Weil die Telekommunikationsüberwachungsverordnung keine Anwendung fand.8552 An einem Einverständnis des deutschen Tochterunternehmens fehlte es sowohl nach den vorgelegten Unterlagen als auch nach Angaben des
Zeugen Oliver Matt als Vertreter der Verizon Deutschland GmbH. Der Zeuge Urmann hat insoweit allgemein
gehalten bestätigt, dass bei derlei Operationen immer auch Nebenziele verfolgt werden.
8548)
8549)
8550)
8551)
8552)
Papier, SV-2/2, S. 5 unter Hinweis auf BVerfGE 125, 260 (368), http://www.bverfg.de/e/rs20100302_1bvr025608.html.
W. K., Protokoll-Nr. 35 II – Auszug offen, S. 10.
BVerfGE 125, 260 (330), http://www.bverfg.de/e/rs20100302_1bvr025608.html.
Papier, SV-2/2, S. 4.
W. K., Protokoll-Nr. 35 I, S. 16.