Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
– 1523 –
Drucksache 18/12850
Zu Beginn der Operation EIKONAL im Jahr 2005 waren es mehrere hundertausend Suchbegriffe der NSA
– überwiegend Telefonnummern (und E-Mail-Adressen). Im Jahr 2015 lag die Anzahl nach Medienberichten
bei über 14 Millionen NSA-Selektoren,8213 die im Laufe der Kooperation an den BND übermittelt worden
waren.
a)
Ungenügende Prüfung der NSA-Selektoren durch den BND
Bereits das gesamte Konzept, quasi im Auftrag der NSA mit deren Suchbegriffen Telekommunikation zu
erfassen, an der der BND selbst gar nicht zwingend interessiert ist, ist rechtlich fragwürdig (dazu unten mehr).
Rechtswidrig ist diese Praxis aber dann, wenn nicht einmal eine zureichende Prüfung der Erforderlichkeit
und Zulässigkeit der Suchbegriffe vor deren Einsatz stattfindet. Im Nachinein stellte der BND schließlich bei
Prüfungen im Sommer 2013 – nach den Snowden-Enthüllungen – selbst fest, dass mehrere zehntausend NSASelektoren unzulässig gewesen waren, da sie sich vor allem gegen Regierungen und Institutionen in den EUStaaten, gegen EU-Einrichtungen, gegen Deutsche und deutsche Firmen im Ausland gerichtet haben.8214
aa)
Prüfkriterien unzulänglich
Die Zeug_innen des BND haben übereinstimmend angegeben, dass die Prüfung der NSA-Selektoren anfangs
ausschließlich anhand sog. G 10-Kriterien erfolgt sei. Damit sind vor allem die deutsche Telefonvorwahl
„0049“, die Endung „.de“ bei E-Mail-Adressen und dem BND bekannte Adressen von Deutschen oder deutschen Institutionen im Ausland (z. B. Deutsche Botschaften) gemeint. Während der gemeinsamen Operation
seien dann 2005/2006 unter den NSA-Selektoren zufällig Telefonnummern der Firmen EADS und Eurocopter bemerkt worden, die dann in eine weitere Kategorie von auszusondernden Selektoren gekommen seien
(zum Schutz von „deutschen Interessen“).
Selbst der ehemalige BND-Präsident Schindler hat die NSA-Selektoren-Prüfung bis August 2013 vor dem
Ausschuss scharf kritisiert:
„Die Überprüfung der Selektoren war von Beginn an unvollständig. Bei Beginn im
April 2005 erfolgte ausschließlich eine Überprüfung nach G-10-Kriterien. Die Prüfung
war also bereits bei ihrem Start im April unzureichend. Weisungen oder eine Dienstvorschrift zur Umsetzung des MoA von 2002 gab es nicht, nicht im BND und nicht
von anderer Stelle. Spätere Überprüfungen der Selektoren mit EU-Bezug erfolgten
eher zufällig. Eine systematische Überprüfung ist seit April 2005 nicht erfolgt, und die
erste – ich sagte es bereits – erfolgte im August 2013.
Dieses von Beginn an unzureichende Verfahren wurde verfestigt mit der Umstellung
auf elektronische Prüfung im Juni 2008, quasi maschinell verfestigt, obwohl man vorher suspekte Selektoren festgestellt hatte. Ich kann mir das nicht erklären.“8215
8213)
8214)
8215)
Süddeutsche.de vom 30. Oktober 2015, „NSA jubelte BND deutsche Spähziele unter“, http://www.sueddeutsche.de/politik/geheimdienst-affaere-nsa-jubelte-bnd-deutsche-spaehziele-unter-1.2715253, abgerufen am 18. Juni 2017.
siehe dazu in Kapitel VIII – BND-Selektoren: Abhören unter Freunden geht wunderbar.
Schindler, Protokoll-Nr. 50 I, S: 76.