Drucksache 18/12850
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– 1492 –

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

Zusammenfassung

Auch die Deutsche Telekom AG (Telekom) trifft eine Verantwortung für die Ausleitung von Telekommunikationsverkehren vom Knotenpunkt in Frankfurt an den BND im Rahmen der Operation EIKONAL. Ohne
Vorlage einer G 10-Anordnung war sie hierzu weder verpflichtet noch befugt. Eine andere Rechtsgrundlage
als das Artikel 10-Gesetz für die Überwachung von Telekommunikation im Rahmen der sogenannten strategischen Fernmeldeaufklärung durch den BND bestand während des Untersuchungszeitraums nicht. Nach
dem Telekommunikationsgesetz ist jedoch eine Weitergabe oder Verwendung von Daten, die dem Fernmeldegeheimnis unterliegen, nur auf der Grundlage einer ausdrücklichen gesetzlichen Befugnis zulässig. Diesen
Grundsatz hat das Bundesverfassungsgericht 2012 in Verfassungsrang erhoben. Danach bedarf es einer spezifischen Rechtsgrundlage für Übermittlung und Empfang der Daten, also sowohl für das TK-Unternehmen
als auch für den BND.
Die Ausleitung und Weitergabe der Telekommunikationsverkehre an den BND war daher seitens der Telekom rechtswidrig und stellte einen nicht gerechtfertigten Eingriff in die Grundrechte der Nutzer_innen dar.
Das Schreiben des Kanzleramtes an die Telekom, in dem zuvor die vermeintliche Rechtmäßigkeit der Datenausleitung an den BND bescheinigt worden war (sog. Freibrief bzw. Zweizeiler) und auf das sich der Zeuge
Köbele – Mitarbeiter der Konzernsicherheit der Telekom und Unterzeichner des Transitvertrags – berief, war
keine rechtswirksame Ermächtigungsgrundlage für die Telekom. Es entband das TK-Unternehmen auch nicht
von einer eigenständigen Prüfung der Rechtmäßigkeit einer solchen Datenausleitung.
Gleiches gilt für den eigens für die Operation EIKONAL zwischen der Telekom und dem BND im März 2004
geschlossenen Geschäftsbesorgungsvertrag „Transit“. In diesem Vertrag waren die Dienstleistungen der Telekom für den BND zur Ausleitung sogenannter Transitverkehre sowie deren Vergütung geregelt.
Die bemühte Konstruktion der Telekom in der Rolle eines Verwaltungshelfers (vergleichbar einem Abschleppunternehmen), der unter alleiniger Verantwortung der beauftragenden Behörde, hier des BND, tätig geworden sei, trägt rechtlich in keiner Weise. Die Telekom war (und ist) durch das Telekommunikationsgesetz zum
Schutz des Fernmeldegeheimnisses verpflichtet. Daran änderte weder das Schreiben aus dem Kanzleramt
(Freibrief) noch der Vertrag mit dem BND („Transit“) etwas.
Darüber hinaus stehen wegen der unzulässigen Ausleitung von Telekommunikationsverkehren und Netzwerkinformationen durch die Telekom an den BND grundsätzlich strafrechtliche Verantwortlichkeiten sowie zivilrechtliche Haftungsfragen im Raum.
4.

G 10-Anordnung als „Türöffner“

a)

Rechtliche Überlegungen in BND und Kanzleramt

Im Juli 2004, ca. einen Monat, nachdem die Telekom begonnen hatte, zunächst leitungsvermittelte Telekommunikationsverkehre an den BND auszuleiten, teilte sie dem BND mit, dass sie dies jedenfalls bei paketvermittelten Verkehren (Internet-Verkehre) nicht ohne eine G 10-Anordnung machen könne. Als Grund führte

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