Drucksache 18/12850

– 1422 –

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

„Der britische Geheimdienst hat nach einem Bericht des Nachrichtenmagazins
FOCUS der Bundesregierung mit dem Abbruch aller Kontakte zu deutschen Sicherheitsbehörden gedroht.“7753
Tatsächlich berichtete Josef Hufelschulte für den Focus Details, die am Abend zuvor gar nicht genannt worden waren, weil die Obleute aller Fraktionen das Gespräch vor seinem Ende abbrachen. Grund war die Befürchtung, dem Ausschuss würden hoch eingestufte Details berichtet, die sich dann in der Presse wiederfänden, was der Bundesregierung als Anlass dienen könnte, Akten über gemeinsame Operationen deutscher und
britischer Nachrichtendienste zurückzuhalten und zudem den Ausschuss für einen etwaigen Abbruch der
Kooperation verantwortlich zu machen.7754
4.

Verhinderung der Aussage von Edward Snowden

Dass die Obstruktionspolitik der Bundesregierung und der Ausschussmehrheit in den vorgenannten Punkten
von der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des Bundesgerichtshofes letztlich nicht beanstandet wurde, sollte (mag die Koalition dies auch als kurzfristigen Erfolg verbuchen) eigentlich auch für sie
kein Grund für triumphalen Jubel sein. Denn dass die parlamentarische Kontrolle und damit das demokratische System hierdurch – als Kollateralschaden – geschwächt wurde, liegt auf der Hand. Die Oppositionsfraktionen im Ausschuss machen insoweit folgende kurze Bemerkungen auch zu Aspekten der genannten
Rechtsprechung:
Zu Beginn der Legislaturperiode wurde im Deutschen Bundestag ein Konsens dahin erzielt, dass die Oppositionsfraktion auch aus demokratiepolitischen Gründen über ein Recht auf Einsetzung von Untersuchungsausschüssen verfügen sollten (§ 126a GO-BT). Dabei wurde auch vorgesehen, dass die Größe der jeweiligen
Untersuchungsausschüsse so bemessen werden sollte, dass die Opposition im Ausschuss über – auch gerichtlich durchsetzbare – Minderheitenrechte verfügen sollte. Das Ergebnis der o.g. Rechtsprechung ist nunmehr,
dass diese Rechte einer Minderheit keinen Schutz durch den im PUAG vorgesehenen Rechtsweg zum BGH
genießen. Denn dieser gilt entgegen des Wortlauts des PUAG laut BGH nur dann, wenn durch die Antragsteller „ein Viertel der Mitglieder der des Bundestages repräsentiert“ werden.7755 Durch den – hier gerichtlichen geführten – Kampf der Gegenseite gegen die Vernehmung des Zeugen Snowden ist also das demokratiepolitische Ziel beschädigt worden, dass auch die Regierungsfraktionen zu Beginn der Legislaturperiode
noch für richtig gehalten hatten. Ergebnis ist also ein handfester Kollateralschaden für unsere – in Grundsatzfragen häufig noch konsensuale – Demokratie.
Mit dem gerade skizzierten Ergebnis ist auch ein wesentlicher Inhalt des PUAG verloren gegangen, auf den
sich die Fraktionen des Deutschen Bundestages bei dessen Verabschiedung geeinigt hatten. Denn sogar der
Prozessvertreter der Gegenseite im zitierten Verfahren ging bis zu den Rechtsstreitigkeiten im Falle Snowden

7753)
7754)
7755)

Focus Online vom 5. Februar 2015, „Briten drohen mit Abbruch aller Kontakte zu Deutschland“, abrufbar unter
http://www.focus.de/politik/deutschland/geheimdienst-eklat-briten-drohen-mit-abbruch-aller-kontakte-zu-deutschland_id_4454261.html.
Golem.de vom 5. Februar 2015, „NSA-Ausschuss empört über Drohungen des GCHQ“, abrufbar unter https://www.golem.de/news/kooperation-mit-bnd-nsa-ausschuss-empoert-ueber-drohungen-des-gchq-1502-112173.html.
so BGH, Beschluss vom 23. Februar 2017, 3 ARs 20/16, Absatz-Nr. 19, http://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bgh&Art=en&nr=77709&pos=0&anz=1.

Select target paragraph3